Umfang noch unklar - SPD und Linke packen Kreisgebietsreform an

Di 07.10.14 | 20:41 Uhr
Video: Brandenburg Aktuell | 07.10.2014 | Andreas Hewel

Auf der Landkarte Bandenburgs soll aufgeräumt werden: Kreisfreie Städte mit den angrenzenden Kreisen verschmelzen und die Zahl der Landkreise halbieren, das sind Vorschläge einer Enquete-Kommission des Landtags. Allerdings tun sich Brandenburgs SPD und Linke erwartungsgemäß schwer. Die Hände in den Schoß zu legen, würde aber aus ihrer Sicht die Zukunft des Landes aufs Spiel setzen.

Ob aus Oberhavel, Uckermark und Barnim im nächsten Jahrzehnt ein Landkreis wird, oder auch Havelland, Prignitz und Ostprignitz-Ruppin zusammengelegt werden, darauf wollen sich die alten und neuen Regierungspartner SPD und Linke in ihren Koalitionsverhandlungen am Dienstag bisher nicht festlegen. "Wir sind noch in intensiven Debatten", sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Diese sollten notfalls bis in die Nacht andauern.

Genaue Zahl muss noch ausverhandelt werden

Der SPD-Landeschef drückt aber aufs Tempo: Immer weniger Einwohner und Kostengründe zwingen zum Handeln, so Woidke. Es gehe vor allem um die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die weiterhin gute Verwaltungsdienstleistungen brauchen. "Nichts zu tun, würde bedeuten, dass wir Qualität im Land verlieren."

Die genaue Zahl der zukünftigen Landkreise wollen SPD und Linke noch ausverhandeln, aber es könnte zur Halbierung der aktuellen Zahl von 14 Kreisen kommen, wie es schon von der Enquete-Kommission des Landtags auf Grund des Bevölkerungsrückgangs empfohlen wurde. Demnach sollen 14 Landkreise auf sieben bis zehn sowie die hauptamtlich verwalteten Gemeinden von 200 auf 120 reduziert werden. Und daran werde man sich halten, sagte Christian Görke, Landeschef der Linken.

Das müsse aber keine langen Wege zu den Verwaltungen bedeuten, wenn zum Beispiel Servicepunkte eingerichtet werden, wo Brandenburger ihre Verwaltungssachen erledigen können, sagte Görke weiter.

Rebellion der Oberbürgermeister

Ob die kreisfreien Städte Cottbus, Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Potsdam in die umliegenden Kreise aufgenommen werden, ist zunächst von Rot-Rot noch nicht ausverhandelt. "Kreisfreie Städte sind die Oberzentren, und, da sind wir uns einig, die wollen wir stärken. Wir wollen ihnen Aufgaben zuordnen, aber auch entlasten", sagte Görke. Das seien nun die schwierigen Punkte, die besprochen werden müssen, führte der Linken-Politiker weiter aus.

Unmittelbar vor den Koalitionsverhandlungen hatten die Oberbürgermeister dieser Städte noch einmal mobil gemacht und vor voreiligen Entscheidungen gewarnt. Zum offenen Brief der Stadtoberhäupter bemerkte Woidke: "Wir nehmen die Meinung der Oberbürgermeister immer sehr ernst."

Allerdings wüssten auch sie, dass strukturelle Veränderungen nötig seien, um das Land zukunftsfähig zu machen. Görke erinnerte daran, dass Brandenburg laut Prognosen bis 2030 selbst im berlinnahen Raum 25 Prozent seiner Einwohner und in entfernteren Regionen 35 Prozent verlieren werde. Das könne die Politik nicht einfach ausblenden.

Zusammenlegung der Kreise allgemein akzeptiert

Laut einem Bericht der "Potsdamer Neuesten Nachrichten" ("PNN") soll die Kreisreform mit einer Funktionalreform gekoppelt werden, bei der die neuen Großkreise Aufgaben bisheriger Landesämter übernehmen. Zudem sei ein Teilentschuldungsprogramm für Cottbus, Frankfurt (Oder) oder Brandenburg an der Havel geplant.

Während die Zusammenlegung der Kreise untereinander unstrittig sei, drohe aber Aufruhr wegen der Auswirkungen auf die größeren Städte. Sie müssten nämlich viele Kompetenzen an übergeordnete Landräte und Kreistage abgeben.

Brandenburg an der Havel droht dem Land mit Klage

Die CDU-Oberbürgermeisterin von Brandenburg an der Havel, Dietlind Tiemann, sagte, die Einkreisung - also die Aufnahme der kreisfreien Städte in die umliegenden Kreise - bedeute weniger Demokratie für "unsere Einwohner". Für die Stadtverordneten drohe ein massiver Verlust an Entscheidungsrechten, wenn die Zuständigkeit für Verkehrsbetriebe, Gymnasien, Theater oder Krankenhäuser an die Landkreise übergehe.

In der Stadt Brandenburg herrsche inzwischen so etwas wie Aufbruchstimmung, die mit der Kreisreform ehrheblich gestört werde, so Tiemann weiter. Das sei schon beim Abzug der Bundeswehr so gewesen, könne jetzt aber noch schlimmer sein. "Sollte die Entscheidung so fallen, prüfen wir rechtliche Schritte, um dagegen vorzugehen", wird Tiemann zitiert.  

Einigkeit über Zahl der Polizeibeamten

Einig sind sich die beiden Koalitionäre über die künftigen Stärke der Polizei im Land. Bis zum Jahr 2020 soll die Zahl nicht unter 7.800 Beamte sinken. Woidke geht auch davon aus, dass alle jetzt bestehenden Polizeistandorte erhalten bleiben. Beide Parteien wollen damit Ängsten in der Bevölkerung insbesondere vor Diebstahlsdelikten begegnen. Ursprünglich sollte die Zahl der Polizeibeamten auf 7.000 sinken.

Schon am Mittwoch treffen sich Dietmar Woidke und Christian Görke mit ihren Delegationen wieder. Dann werden die Zuschnitte der Ministerien, inklusive Ministerinnen und Minister verhandelt.

Mit Informationen von Torsten Sydow

Bisherige Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen

  • Polizeireform

  • Braunkohle

  • Neue Lehrer

  • Schulzentren

  • Schulsozialarbeiter

  • Kitas

  • "Netzwerke für gesunde Kinder"

  • Zukunft der Krankenhäuser

  • Asylbewerber