Ministerpräsident Woidke über die Kreisgebietsreform - Zehn Landkreise reichen
Die rot-rote Regierung Brandenburgs bleibt dabei: Zukünftig wird es weniger Landkreise geben. Ministerpräsident Dietmar Woidke spricht von höchstens zehn Landkreisen, die ausreichend wären. Damit sei die Regierung nah an den Empfehlungen der Kommission, die sich mit den unterschiedlichen Modellen zur Reform mehrere Jahre beschäftigt hat.
In Brandenburg soll es in Zukunft höchstens zehn Landkreise geben. Dies wäre ausreichend, eine genaue Zahl werde aber erst noch festgelegt, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor der letzten Koalitionsverhandlung mit der Linken in Potsdam. Gleichzeitig kündigte er eine offene Leitbilddebatte an.
Zuvor hatten sich die Delegationen beider Parteien bis spät in die Nacht mit der Kreisgebietsreform befasst und sich laut Woidke "abschließend geeinigt". Eine genaue Zahl werde aber erst noch festgelegt.
"Ich glaube, dass wir nah an den Empfehlungen der Enquetekommission sind", betonte Christian Görke, Vorsitzender der Linken, mit Blick auf die Kreisgebiets- und Verwaltungsreform.
Mit der Reform der Landkreise beschäftigte sich mehr als zwei Jahre eine Enquetekommission des Brandenburger Landtags. Ihre Aufgabe: Sie sollte die Strukturen und Aufgaben des Landes, der Landkreise und der Kommunen auf Möglichkeiten der Umstrukturierung überprüfen.
Auf kommunaler Ebene gab es im Land schon zuvor eine solche Runde: 2003 wurden bei der Gemeindegebietsreform zahlreiche Gemeinden, und damit auch Verwaltungen, zusammengelegt. Ähnliches soll nun auch mit der größeren Verwaltungseinheit geschehen: den Landkreisen.
Mecklenburg hat es vorgemacht
Brandenburg folgt dabei dem Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns: Dort wurden 2011 aus zwölf Landkreisen sechs. Von den ursprünglich sechs kreisfreien Städten behielten nur Rostock und Schwerin ihren Status – die anderen wurden kurzerhand zu Kreisstädten gemacht. Andere, wie beispielsweise Neustrelitz, verloren dagegen ihren Kreisstadt-Status.
Entstanden sind Landkreise, die – bis auf einen – größer sind als das Bundesland Saarland. Während aber im Saarland auf einem Quadratkilometer durchschnittlich 393 Menschen wohnen, sind es in der Mecklenburgischen Seenplatte nur 50.
Auch in Thüringen laufen derzeit die Vorbereitungen für eine Reform: Hier sollen ebenfalls Kreise zusammengelegt werden. Ende Januar wurden die Vorschläge vorgestellt.
Gutachten sah ursprünglich drei Varianten vor
In Brandenburg waren die ersten konkreten Vorschläge für eine Kreisgebietsreform seit Mitte Februar öffentlich. Sie entstammten einem Gutachten, das die Landesregierung im vergangenen Herbst bei der Universität Bochum in Auftrag gab - und über das die Enquete-Kommission beriet, um anschließend Empfehlungen auszusprechen.
Der Abschlussbericht der Enquete-Komission geht davon aus, dass die Einwohnerzahl Brandenburgs 2030 gegenüber dem Jahr 2010 insgesamt um 10 Prozent bzw. 253.000 Menschen schrumpfen wird. Für alle Kreise und kreisfreien Städte zeigt der Bericht einen Bevölkerungsrückgang auf - von teilweise bis zu mehr als 20 Prozent. Einzige Ausnahme ist Potsdam: Dort werden nach diesen Berechnungen im Jahr 2030 knapp 20 Prozent mehr Menschen wohnen.
Für eine Reform schlug das Gutachten drei Varianten vor, über das sich die Kommission anschließend beriet. Allen Varianten gemeinsam ist, dass die kreisfreien Städte Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus ihren "Kreisfreien-Status" verlieren; nur Potsdam soll ihn behalten. Ansonsten fassten die Modelle die jetzigen Brandenburger Landkreise unterschiedlich stark zusammen.
Gutachter: Reform ist unvermeidbar
Unabhängig davon, wie ein neuer Zuschnitt der Kreise oder eine neue Aufgabenverteilung aussehen könnte, ist eine Kreisgebietsreform in Brandenburg wohl unvermeidbar: "Diese Strukturen kann sich das Land angesichts zunehmender finanzieller Engpässe nicht leisten."
Konflikte sind vorprogrammiert
Für die Bürger wiederum könnte es bedeuten, dass sie in Zukunft weit fahren müssten, um bestimmte Angelegenheiten beim Landkreis zu regeln. Wer etwa im Speckgürtel Berlins, beispielsweise in Schönefeld ein Häuschen hat, könnte für Ämtergänge gezwungen sein, nach Cottbus zu fahren. Um das zu vermeiden, werden vermutlich auch Pflichten von den Kreisen auf die Kommunen übertragen. Welche das sein könnten – darüber muss verhandelt werden.
Auch das so genannte e-government könnte an Bedeutung gewinnen, also das Angebot öffentlicher Verwaltungen, bestimmte Behördengänge online zu erledigen. Damit würde man in Brandenburg aber nicht alle Bürger erreichen. Denn längst nicht alle haben Zugang zum Internet, besonders die Älteren blieben möglicherweise außen vor.
Und: Eine bloße Verwaltungsreform wird nicht die drängenden Probleme lösen, die der demografische Wandel mit sich bringt: Wie sollen ambulante Pflege und Krankenversorgung auf dem Land organisiert werden, wie kann ein vernünftiges Schulangebot für immer weniger Schüler aussehen?
Auf all diese Fragen wird man also kluge Antworten finden müssen, wenn die Reform Brandenburg zukunftsfest machen soll. Die Planungen dafür laufen.