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Audio: rbb24 Inforadio | 23.09.2022 | Frank Schröder | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Kunsthaus Minsk eröffnet in Potsdam

Vom "Betonklotz" zum "architektonischen Schmuckstück"

Gerade noch wurde das ehemalige DDR-Terrassenrestaurant Minsk als "Betonklotz" geschmäht. Der Widerstand vieler Potsdamerinnen und Potsdamer verhinderte den Abriss. Nach zweijähriger Sanierung wird es nun neu eröffnet - als Kunsthaus. Von Marie Kaiser

Wohl kaum eine Potsdamerin oder ein Potsdamer hat sie nicht: lebhafte Erinnerungen an das Minsk. Ein Eisessen auf der Terrasse mit Blick über die Stadt oder eine Jugendweihe, die ganz groß gefeiert wurde. Ab diesem Wochenende können all diese Erinnerungen wieder aufleben, denn nach zweijähriger Sanierung eröffnet das ehemalige DDR-Terrassenrestaurant neu als Kunsthaus.

In der politischen Debatte wurde das Minsk als "Betonklotz" geschmäht - und ohne den Widerstand vieler Potsdamerinnen und Potsdamer wäre es längst abgerissen worden. Kurz vor der Neueröffnung wird das Gebäude nun gelobt als "ein architektonisches Schmuckstück, das sich vortrefflich in die Landschaft am Brauhausberg einfügt". Mit diesen Worten stellte Hasso Plattners Tochter Stefanie Plattner das Minsk nun der Öffentlichkeit vor.

Die Bronzeskulptur "Maskenmann /Gesichtzeigen" des DDR-Künstlers Wolfgang Mattheuer | Quelle: rbb/Marie Kaiser

"Sie wäre aller Wahrscheinlichkeit plattgemacht worden"

"Vielleicht hätte es keinen anderen gegeben, der diese Ruine übernommen hätte", sagte Hasso Plattner kurz vor der Eröffnung nicht ohne Stolz und kritisierte, dass so viele Gebäude der DDR wie der Palast der Republik einfach abgerissen wurden. Und auch der historische Name "Das Minsk" wird beibehalten. Das war dem Kunstsammler und SAP-Mitbegründer Hasso Plattner wichtig, wie er sagt. Er habe das Minsk 2019 zum ersten Mal besichtigt und sei sofort begeistert von dem Gebäude gewesen, das der Brandenburger Architekt Karl-Heinz Birkholz im Stil der Ostmoderne entworfen hatte. "Ich fand die Architektur hervorragend. Sie wäre aller Wahrscheinlichkeit nach plattgemacht worden. Und das wäre nicht gut gewesen."

Auch der schlechte Zustand des DDR-Bauwerks konnte Plattner nicht abschrecken. Im Inneren sind nur das Dach und die Säulen des alten Gebäudes noch original. Alles andere musste komplett erneuert werden. Wer das Minsk betritt, fühlt sich nun auch nicht wie in einem Gebäude aus den 1970er Jahren, sondern wie in einem modernen Kunstmuseum. Im Inneren des Kunsthauses ist alles weiß, modern und verspiegelt. Nur die große Wendeltreppe und der geschwungene Bartresen im Obergeschoss mit Fliesen aus den Hedwig-Bollhagen-Werkstätten erinnern noch an das alte Minsk.

Quelle: rbb/Marie Kaiser

Kunst aus der DDR

Unweit des Museums Barberini, das der Kunstmäzen schon sehr erfolgreich betreibt, öffnet Plattner nun also sein zweites Museum in Potsdam. Im Kunsthaus Minsk soll weniger mehrheitstaugliche Kunst gezeigt werden als im Barberini. Kunst aus der DDR, die in den Museen noch immer deutlich unterrepräsentiert ist, und auch auch zeitgenössische Arbeiten.

Schon auf der Terrasse empfängt die Besucher die Bronzeskulptur "Maskenmann /Gesichtzeigen" des DDR-Künstlers Wolfgang Mattheuer. Ein Anzugträger hält sich einen Schafskopf halb vors Gesicht wie eine Maske - die Hälfte des Gesichts, die sichtbar ist, erscheint grimmig und auch ein wenig verbittert. Eine Hand ist zur Faust geballt. Ein Kunstwerk aus dem Jahr 1981, das auch heute noch doppeldeutig und kritisch nachwirkt.

In einer der beiden Eröffnungsausstellungen sind dann auch Wolfgang Mattheuers Gemälde zu sehen. Eines von ihnen hat der Ausstellung den Titel verliehen: "Der Nachbar, der will fliegen". Eine Ikarusfigur im Turnhemd gen Himmel - über einer Laubenlandschaft mit sorgfältig bepflanzten Gärten.

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"Der perfekte Ort"

Um Gärten als politische Landschaften geht es auch in der zweiten Eröffnungsausstellung. Der bekannte kanadische Fotograf und Filmemacher Stan Douglas zeigt seine Fotoserie "Potsdamer Schrebergärten", die Anfang der 1990er Jahre entstanden ist. Ein Gewächshaus neben der roter Kaserne am Bornstedter Feld, ein gelber Trabant vor einer Kleingartensiedlung an Pfingstberg. Oder eine Reihe kleiner Lauben eingerahmt von den Plattenbauten und den Schloten des Kohleheizwerks am Schlaatz.

"Für mich spiegelt sich in diesen Fotos auch der Versuch, die DDR auszulöschen", sagte Stan Douglas kurz vor der Eröffnung. "Viele dieser Schrebergärten gibt es nicht mehr. Damals sind viele westlichen Investoren nach Potsdam gekommen und haben vieles umgewandelt, wollten die Spuren der DDR ausradieren." Dass seine "Potsdamer Schrebergärten" nun ausgerechnet an einem Ort wie dem Minsk zum ersten Mal zu sehen sind, einem DDR-Gebäude, das nur knapp dem Abriss entgangen ist, das freue Stan Douglas deshalb besonders: "Es ist der perfekte Ort, um diese diese Arbeiten zu zeigen."

Das Kunsthaus Minsk eröffnet an diesem Wochenende. Die Tickets für das Eröffnungswochenende sind komplett ausgebucht. Unabhängig vom Ausstellungsbesuch kann aber das Café und das Eröffnungsfest mit Marktständen auf der Terrasse des Minsk besucht werden. Der ehemalige DJ des Minsk wird an beiden Tagen von 14 bis 18 Uhr auflegen. Die Ausstellungen von Wolfgang Mattheuer "Der Nachbar, der will fliegen" und von Stan Douglas "Potsdamer Schrebergärten" sind bis zum 15. Januar 2023 zu sehen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.09.2022, 9:55 Uhr

Beitrag von Marie Kaiser

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