rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama

Leider gibt es ein Problem beim Abspielen des Videos.

Video: rbb24 | 20.10.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Quelle: rbb/Sydow

Zwischenbericht zum rbb-Skandal

Verträge mit Ex-Intendantin Schlesinger laut interner Prüfung unwirksam

Die Dienstverträge der ehemaligen rbb-Intendantin Patricia Schlesinger sind wohl unwirksam. Zu diesem Schluss kommen Anwälte, die vom rbb mit einer internen Prüfung beauftragt wurden. Sie fanden auch eine falsch abgerechnete Privatreise.

Die zwischen dem rbb und seiner ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger geschlossenen Verträge sind womöglich unwirksam. Zu diesem Schluss kommen Anwälte der Kanzlei Lutz|Abel, die vom rbb mit einer internen Prüfung beauftragt wurden.

Für keinen der drei seit 2016 geschlossenen Arbeitsverträge habe der Verwaltungsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst, sagte Anwältin Nina Rossi am Rande einer Sondersitzung des rbb-Rundfunkrates am Donnerstag. In zwei Fällen habe es zwar Beschlussvorlagen gegeben, die dem Verwaltungsrat aber nie vorgelegt wurden.

Download

Kurzform des Zwischenberichts der Kanzlei Lutz|Abel

Ergebnisse des ersten Teilgutachtens und Handlungsempfehlungen [pdf]

Stattdessen habe der damalige Verwaltungsratsvorsitzende Wolf-Dieter Wolf das Gremium lediglich über den Abschluss der Verträge informiert. Der mittlerweile zurückgetretene Wolf steht ebenfalls im Rahmen der rbb-Affäre um Ex-Intendantin Schlesinger in der Kritik.

Die Mängel seien so gravierend, dass "keiner der Verträge mit Frau Schlesinger wirksam zustande gekommen ist", teilte Rossi weiter mit. Auswirkungen auf das an Schlesinger gezahlte Gehalt habe das zwar nicht, so die Anwältin weiter, allerdings könnte das Zustandekommen der Verträge Auswirkungen auf Schlesingers Ruhegeld haben. Zudem könne ein solcher fehlerhafter Vertrag "jederzeit fristlos gekündigt" werden. Damit wäre die Kündigung Schlesingers wohl rechtmäßig und der Sender wäre von Gehaltsfortzahlungen befreit.

Private Reise nach London über rbb abgerechnet

Zudem sehen die Anwälte von Lutz|Abel den Vorwurf bestätigt, dass Schlesinger eine Reise nach London einschließlich Verpflegungs- und Übernachtungskosten zu Unrecht als Dienstreise abgerechnet habe. "Wir sehen keinen Anhaltspunkt, dass diese Reise dienstlich veranlasst war", sagte ein Anwalt der Kanzlei.

Schlesinger habe außerdem verschwiegen, dass sie auf der Reise von ihrem Ehemann begleitet wurde. Während der Reise nahm die ehemalige Intendantin unter anderem am "Sheriff's Ball" in London teil.

rbb-Skandal

Ausnahmen von der Regel

Wenn es um Geld geht, herrschen seit Jahren strenge Regeln für die Mitarbeiter des rbb. Die ARD-Anstalt gilt als chronisch klamm. Die Auswertung von Abrechnungen durch das rbb-Rechercheteam zeigt aber: In der Ära Schlesinger galt Bescheidenheit nicht für alle. Weder beim Champagner noch bei Gummibärchen.

Wiederholte Verstöße gegen interne Regeln

Die Anwälte von Lutz|Abel haben auch Abendessen, die Schlesinger über den Sender abgerechnet hatte, untersucht. Dabei sei festgestellt worden, dass Schlesinger "wiederholt gegen interne Vorgaben des rbb verstoßen hat". Vor allem seien die Rechnungen nicht von einer weiteren Person im Vier-Augen-Prinzip geprüft worden, sagte eine Anwältin von Lutz|Abel. Stattdessen habe sich Schlesinger Erstattungsanträge für Ausgaben "allein unterzeichnet" und entgegen der Regeln nicht dargelegt, warum es sich um dienstliche Abendessen gehandelt haben soll. Endgültig überprüft sei das aber bislang nur für ein Abendessen, weitere Verdachtsfälle seien Gegenstand der staatsanwaltlichen Ermittlungen.

Zwar seien die rbb-internen Regeln für Schlesinger "nicht bindend" gewesen, so die Anwälte. Allerdings habe sie gegenüber dem rbb sogenannte Treuepflichten. Indem sie private Abendessen über den rbb abgerechnet hat, habe sie "ihre eigenen Interessen über die des rbb gestellt", so die Juristen.

Unabhängige Prüfung

Zwischenbericht bestätigt Vorwürfe gegen frühere rbb-Spitze weitgehend

Champagner, teure Essen und Reisen auf Kosten der Gebührenzahler lauten die Vorwürfe. Auf einer Sondersitzung des rbb-Rundfunkrats stellte die Kanzlei Lutz Abel am Donnerstag einen Zwischenbericht zu den Vorwürfen vor. Vom rbb-Rechercheteam

Keinen Verstoß stellten die Anwälte von Lutz|Abel bei der Verwendung des Dienstwagens fest. Den hatte auch Schlesingers Ehemann genutzt, so die Anwälte. Allerdings sei das Schlesinger laut ihrem Anstellungsvertrag gestattet gewesen. Anders als in Medien berichtet, habe Schlesinger die Kosten für einen Umzug nicht über den rbb abgerechnet.

"Intendantenverfassung hat ausgedient"

Der Vorsitzende des rbb-Rundfunkrates Ralf Roggenbuck bezeichnete die Handlungsempfehlungen im Zwischenbericht der Anwälte als "eindeutig". Das gelte insbesondere für die sogenannte Intendantenverfassung. "Sie hat ausgedient und sollte schnellstmöglich einer Regelung weichen, bei der auch das Gebaren einer Intendantin spezifisch festgelegten Kontrollmechanismen unterliegt."

Vernau: Führungsentscheidungen transparent darstellen

rbb-Intendantin Katrin Vernau bekräftigte, die mutmaßlichen Missstände in der bisherigen Führung des Senders abzustellen. So wie bislang werde es sicher nicht mehr laufen, sagte Vernau im rbb am Donnerstagabend. Erste Maßnahmen hierzu seien bereits eingeleitet, so sei etwa die Revisionsordnung - also das interne Kontrollsystem - angepasst worden. Die von der Anwaltskanzlei erarbeiteten Handlungsempfehlungen sollten schnellstmöglich umgesetzt werden.

Wichtig sei auch, Führungsentscheidungen transparent darzustellen, sagte Vernau. Zudem müsse es eine Transparenz bei den Finanzen geben. Derzeit arbeite man an einem sogenannten Kassensturz. Es gehe um die finanziellen Rahmenbedingungen und wofür man das Geld ausgeben wolle. Vernau sieht die regionale Berichterstattung als zentral an. "Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass bei allen ARD-Anstalten gerade die Regionalität die Essenz dessen ist, was wir tun müssen", so Vernau. "Die Legitimation wird vor Ort gewonnen."

Nach der Sondersitzung des rbb-Rundfunkrats kündigte Vernau bereits an, dass die dafür Sorge tragen werde, "dass unsere Unternehmenskultur künftig durch Transparenz, Redlichkeit und Ordnungsmäßigkeit geprägt ist".

Neue Zahlen im rbb-Skandal

Erste Kostenschätzungen für rbb-Medienhaus lagen bei weit über 200 Millionen Euro

In ersten Prognosen für die Gesamtkosten des geplanten rbb-Medienhauses ist von weit über 200 Millionen Euro ausgegangen worden. Von derartigen Summen war bisher nie die Rede.

Auch Beraterverträge auf dem Prüfstand

Die Kanzlei Lutz|Abel war im Juli von der Compliance-Beauftragten und dem Verwaltungsrat des Senders beauftragt worden, die zahlreichen über die Medien bekannt gewordenen Vorwürfe zu prüfen. Vorgehalten werden der fristlos gekündigten Intendantin außerdem die Abrechnung privater Abendessen auf Senderkosten sowie Beraterverträge im Zusammenhang mit dem geplanten Bau eines neuen "digitalen Medienhauses", dessen Planungen mittlerweile gestoppt wurden.

Der Verwaltungsrat des rbb rechnet damit, dass die Kanzlei Lutz/Abel bis Ende des Jahres ihren Abschlussbericht vorlegen wird. Darin soll dann auch der Themenkomplex "Digitales Medienhaus" beleuchtet werden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 20.10.2022, 19:30 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen