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Quelle: dpa/Paul Zinken

Der Absacker

Ein zarter Hauch von Freiheit

Endlich wieder Freiheit. Danach sehnen sich wohl die meisten Menschen zur Zeit. Ein kleines bisschen davon war schon am letzten Wochenende zu spüren. Doch werden wir zu gierig, könnte das düstere Folgen für uns alle haben. Von Laura Kingston 

Ich merke ein Kribbeln im Bauch, als ich heute zur Arbeit radle. Die Kombi aus neuem Fahrrad und Sonne löst ein Gefühl in mir aus, das ich seit Wochen nicht mehr gespürt habe: Freiheit. Schon am Wochenende schien sich die Freiheit nach und nach zurückzumelden: in den Parks, an den Seen, überall, wo sich die Menschen mit anderen - manchmal mit mehr, manchmal weniger Mindestabstand - getroffen haben.

Bekommen wir jetzt die Quittung dafür?

1. Was vom Tag bleibt

#Reproduktionszahl. Dieser Hashtag trendet auf Twitter, als ich – auf der Arbeit angekommen – auf meinen Bildschirm starre. Viele hämische Tweets kommentieren die Steigerung der Ansteckungszahl, die Rede ist schon von Lockdown Nummer 2. Die Reproduktionszahl gibt an, wie viele Menschen durchschnittlich durch eine Corona-positive Person angesteckt werden. Laut Robert-Koch-Institut liegt diese Zahl am Dienstag bei 0,9.

Wissenschaftler hatten vor einem Wiederansteigen des Werts über 1 gewarnt. Das RKI schreibt dazu: "Gelingt das dauerhafte Niedrighalten der Reproduktionszahl unter 1 nicht, so setzt sich der anfängliche exponentielle Anstieg wieder fort." Am Dienstagvormittag noch sprach das RKI von einer 1.

Vielleicht sollten wir uns nicht zu sehr an das neu erblühende Gefühl von Freiheit gewöhnen. Was ein temporärer Lockdown leisten kann und was nicht, können Sie hier nochmal nachlesen.

2. Abschalten

Kino ist – eigentlich – eine ganz hervorragende Aktivität, um die Realität für einen Moment auszublenden. Allerdings verbieten sich Abende im Kino zur Zeit, gerade wegen der Realität. Wer schon mal das halb angesabberte Popcorn vom Nachbarn von seinem Schoß aufgesammelt hat, versteht gut, warum. Die Corona-Pandemie trifft gerade kleinere Programmkinos in Berlin hart. Und deshalb gibt es einen Spendenaufruf [startnext.com] mit dem Namen "Fortsetzung: Folgt" an alle, die nach Corona mehr als nur Netflix sehen und die Berliner Kinolandschaft retten wollen.  

Wer ich bin

Ein Dorfei in der Großstadt. Laura Kingston ist eine klassiche Neuberlinerin. Hergekommen, um was zu erleben. Geblieben, weil es spannender eben auch nicht mehr wird. Vier Wochen lang saß sie in Quarantäne fest in ihrer Fünfer-WG. Jetzt ist sie wieder als Reporterin in Berlin und Brandenburg unterwegs (natürlich mit Mundschutz und Sicherheitsabstand) und erzählt hier im Absacker, wer oder was ihr dabei begegnet.  

3. Und, wie geht's?

 "Endlich wieder gut", sagt Christiane E. aus Wandlitz. Fünf Wochen konnte sie ihre Enkelkinder gar nicht sehen. Die beiden Jungs (drei und fünf Jahre alt) leben in einer Wohngruppe der Kinder- und Jugendhilfe. Vom 18. März an durften die beiden wegen der Corona-Kontaktbeschränkung weder Oma noch Mutter sehen. "Das reißt einem den Boden unter den Füßen weg. Ich war zwei Tage später richtig krank", erzählt E. am Telefon.

Vergangenes Wochenende waren sie, die Mutter und die Kinder endlich wieder vereint. "Überglücklich" die Kleinen wiederzusehen, hofft Christiane E. inständig, dass Deutschland die (flache) Kurve kriegt und strenge Ausgangsbeschränkungen nicht wieder kommen. Das liegt wohl an uns allen.

Schreiben Sie uns, wie es Ihnen geht an: laura.kingston@rbb-online.de 

4. Ein weites Feld...

"Mach doch mal was anderes als Corona!" Diesen geistreichen Vorschlag habe ich in letzter Zeit von vielen Freunden und Bekannten für meine Tätigkeit als Journalistin bekommen. Tatsächlich wünsche ich es mir sehr, "einfach mal wieder" über etwas anderes zu berichten. Aber das Allermeiste und die Allermeisten sind durch Corona geprägt, auf irgendeine Art und Weise. Ob Schulsystem, Wirtschaft, Politiker - um Corona-Bezug komme ich nicht umhin. Und das wird vermutlich auch erst einmal so bleiben, ob die Kurve abflacht oder nicht. 

Passen Sie auf sich auf, bewahren Sie Geduld - und ab und zu ein Lächeln unter der Schutzmaske!  

Laura Kingston

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