Umstrittene Ausstellung - Diktatoren-Porträts bleiben im neuen Potsdamer Landtag

Mi 15.01.14 | 22:40 Uhr

Die Entscheidung ist gefallen: Die Porträts von Hitler, Goebbels und anderen Diktatoren im Brandenburger Landtag werden nicht abgehängt. Die CDU hatte sich gegen die Ausstellung gewehrt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Doch die Schau bleibt umstritten - und wird wohl für Diskussionsstoff beim Tag der offenen Tür sorgen.

Die umstrittene Kunstausstellung im Neubau des Brandenburger Landtags mit verfremdeten Porträts von Hitler, Goebbels und Stalin bleibt. Das entschied das Präsidium des Parlaments mit 9:2 Stimmen, wie Landtagsvizepräsidentin Gerrit Große am Mittwoch in Potsdam sagte. Durch die Ausstellung finde eine Auseinandersetzung mit Geschichte statt, der sich Abgeordnete und Bürger zu stellen hätten. Die CDU hatte dafür gestimmt, die 112 Werke des Künstlers Lutz Friedel abzuhängen.

Anne Frank, Schmidt, Adenauer - aber eben auch Hitler

Gut eine Woche vor Eröffnung des neuen Landtagsgebäudes am 21. Januar war der Streit über die Ausstellung mit den Porträts von Hitler und Goebbels entbrannt. Die vom Museum "Junge Kunst" in Frankfurt (Oder) konzipierte Ausstellung enthält 112 Arbeiten Lutz Friedels, die verfremdet unter anderem die Altkanzler Helmut Schmidt und Konrad Adenauer, aber auch Adolf Hitler und NS-Propagandaminister Joseph Goebbels zeigen. Auch Porträts von Anne Frank und Rosa Luxemburg befinden sich darunter.

Über Kunst lasse sich immer streiten, Bilder von Hitler oder Stalin seien aber in einem Parlament unerträglich, hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Ingo Senftleben, dem rbb am Dienstag gesagt. Nach dem Votum des Präsidiums am Mittwoch zeigte er sich enttäuscht. „Wir glauben, dass damit auch die Arbeit des Landtages und die Entscheidungen, die wir hier für das Land treffen, belastet werden", sagte Senftleben dem rbb.

"Außerordentlich problematisch"

Unterstützung hatte die CDU in Brandenburg von ihrer Parteikollegin Monika Grütters, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, bekommen. "Ich trete immer für die Freiheit der Kunst ein", sagte sie dem rbb am Mittwochmorgen. "Ich denke nur, dass ein sehr selbstkritischer Künstler wie Herr Friedel, die Verwerfungen, die diese Arbeit auslöst, hätte vorhersehen müssen und können." In einem Parlamentsgebäude und angesichts des Gedenkjahres, das 2014 sei, sehe sie dies als "außerordentlich problematisch".

Kritik an der Ausstellung übten auch der Zentralrat der Juden in Deutschland und Verbände von NS- und SED-Opfern. Landtagsvizepräsidentin Große kündigte am Mittwoch an, das Gespräch mit dem Zentralrat suchen zu wollen, um deutlich zu machen, dass mit den Portraits keine Ahnengalerie gezeigt werde. Die Ausstellung sei gut geeignet, den Wert der Demokratie zu verdeutlichen, sagte Große.

Woidke für politische Einordnung

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte sich dafür ausgesprochen, die Ausstellung politisch einzuordnen. Anderenfalls könne sich die Meinung bilden, im Parlamentsgebäude werde ein Hitler-Bild aufgehängt, hatte Woidke am Dienstagabend dem rbb gesagt. Dies sei aber weder die Absicht des Künstlers noch die der Ausstellungs-Kuratorin. "Die Bilder erklären sich, wenn man den Hintergrund des Künstlers kennt. Aber ich glaube, es ist auch notwendig, eine Erklärung für die Öffentlichkeit vorzunehmen."

Deshalb sollen in den nächsten Tagen eilig Informationszettel gedruckt und Tafeln aufgestellt werden, die bei der Einordnung der Kunstwerke helfen sollen. Schließlich ist am kommenden Wochenende Tag der offenen Tür im neuen Potsdamer Landtag, tausende Besucher werden erwartet. Auch der Urheber der Gemälde, der Berliner Künstler Lutz Friedel, wird eingeladen - nicht zuletzt, damit er Fragen zu seinen Bildern beantworten kann. Ihn unterstützen wird die Kuratorin der Ausstellung, Brigitte Rieger-Jähner vom Museum Junge Kunst in Frankfurt an der Oder.

Von der Schärfe der Debatte überrascht

Am Dienstag hatte sich Friedel bereits zu Wort gemeldet - er fühle sich völlig mißverstanden, sagte er. "Den Bildern eine Verherrlichung von Diktaturen anzudichten, das kann nur ein Missverständnis sein – oder eine böswillige Unterstellung. Vielleicht würde es manchem helfen, auch mal den Begleittext zur Ausstellung zu lesen", sagte Friedel dem rbb. Er habe zwar mit einer Debatte über die Gemälde gerechnet, sagte Friedel. "Wie scharf und unsachlich jetzt diskutiert wird, das überrascht mich dann doch." Einzelne Bilder abzuhängen, komme für ihn prinzipiell nicht in Frage.

Auch Kuratorin Rieger-Jähner zeigte sich von der Debatte überrascht. „Es wäre für mich nicht denkbar gewesen, dass man Arbeiten, die alles andere als eine Verherrlichung sind, abhängt. Friedel ist in der DDR ständig abgehangen worden – ich habe gedacht, dass die Zeit dafür vorbei ist“, sagte Rieger-Jähner dem rbb.

Mit Informationen von Torsten Sydow