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Video: rbb|24 | 30.07.2022 | Grit Lieder | Quelle: Raphael Knop/ rbb

Panke teilweise ausgetrocknet

"Dit haben wir noch nie erlebt"

Die Panke in Panketal trocknet aus. Für die Einwohner an der Berliner Stadtgrenze ist das ein ungewohntes Gefühl, das Konsequenzen hat. Trinkwasser muss nun eingespart werden. In Berlin hingegen führt die Panke mehr Wasser - zumindest noch. Von Raphael Knop

Martina Schiefer aus Panketal (Barnim) fährt fast täglich mit ihrem Fahrrad über die kleine Brücke, die über die Panke Richtung S-Bahnhof Zepernick führt. Seit mehr als 50 Jahren macht Martina Schiefer das - Tag um Tag. Was sie bei ihren Radtouren zu sehen bekommt, hatte sich in den vergangenen 50 Jahren nicht geändert. Martina Schiefer auf der Brücke, fließendes Wasser unter der Brücke.

Seit diesem Jahr ist allerdings einiges anders. Statt sprudelndem Wasser fließt unter Martina Schiefer nichts mehr. Schon seit April sei es hier so trocken, erzählt sie: "So früh im Jahr. Dit haben wir noch nie erlebt". Traurig sei sie. Früher, zu DDR-Zeiten, sei ihr Vater in der Panke geschwommen und sie selber sei im Winter auf der Panke Schlittschuh gefahren. Das allerdings ist kaum vorstellbar beim derzeitigen Anblick.

Juli-Wetter in Berlin und Brandenburg

Zu heiß und zu trocken

Im Juli war das Klima in der Region eher mediterran als mitteleuropäisch. Das bilanziert der Deutsche Wetterdienst für den Juli. Gleich mehrfach wurden Rekorde gebrochen. Eine Tendenz, die noch mal deutlich den Klimawandel vor Augen führt.

In Berlin fließt die Panke wieder

Die Panke ist eigentlich ein fließendes Gewässer, rund 30 Kilometer lang. Sie entspringt auf dem Barnim bei Bernau und ist Berlins drittlängster Fluss nach Spree und Havel. Im Nordhafen in Wedding mündet die Panke schließlich in den Spandauer Schifffahrtskanal. Insgesamt fließt die Panke neun Kilometer durch Brandenburg und zwanzig Kilometer durch Berlin. Der Bezirk Pankow trägt den Fluss sogar in seinem Namen.

Kurios: Direkt an der Berliner Stadtgrenze plätschert wieder Wasser im Flussbett. Kleine Stichlinge schwimmen hektisch umher, als seien sie auf der Flucht. Denn tatsächlich: Je weiter es Richtung Süden geht, desto mehr Wasser fließt in der Panke. "Das liegt an den unterschiedlich hohen Grundwasserschichten", erklärt Andreas Krone vom Wasser- und Bodenverband Finowfließ. Die kleine Gemeinde Panketal, in der auch Martina Schiefer lebt, liegt hingegen auf über 60 Metern Höhe und damit fast doppelt so hoch wie die Hauptstadt. "Der Grundwasserpegel in der Gemeinde ist auf einem sehr niedrigen Stand", sagt Krone.

Andreas Krone vom Wasser- und Bodenverband kniet in der leeren Panke. | Quelle: Raphael Knop/ rbb

Die Spree fließt rückwärts

Selbst wenn die Auswirkungen des niedrigen Wasserstandes noch nicht überall zu sehen seien - "besonders dramatisch" seien sie dennoch, gibt Krone zu bedenken. Der Grund: Die Trinkwasserversorgung wird wesentlich aus dem Grundwasser sowie der Spree und der Havel gedeckt. Da die Speicher jahrzehntelang durch den Kohleabbau leergepumpt wurden und auch der Spreewald an Hitzetagen bis zu sechs Kubikmetern Wasser verdunstet, entsteht ein Teufelskreis. "Genau dann haben wir den Effekt, dass die Spree rückwärts fließt", erklärt Andreas Krone. Zu bemerken sei das am Wasserwerk in Müggelsee. Genau dann, wenn mehr Trinkwasser gezogen wird als in die Spree nachfließt.

Neben der Wasserversorgung sorgen er und seine Kolleginnen und Kollegen vom Wasser- und Bodenverband sich aber auch noch um die Flora und Fauna in den heimischen Gewässern. "Wenn ein Fluss erst einmal austrocknet", argumentiert Krone, "dauert es Jahrzehnte bis sich bestimmte Pflanzen oder Kleinsttiere wie Flusskrebse wieder ansiedeln können."

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"Wir müssen die Stadtbäume erhalten, die wir haben"

Die Sommer der Zukunft werden Berlin noch mehr Hitze bringen. Dafür braucht die Stadt schattenspendende Bäume und weniger versiegelte Flächen, sagt Ökologin Sonja Knapp. Ein Gespräch über Berlins Hitze-Hotspots und Ideen für mehr Abkühlung.

Gespeist mit gefiltertem Wasser aus Klärwerken

Noch hat die Panke in Berlin also noch genügend Wasser, auch weil sie mit gefiltertem Wasser aus Klärwerken gespeist wird. Doch das trockene Flussbett rückt auch in der Hauptstadt immer näher. Kurze Regenschauer füllen die Flussbetten nämlich nicht mehr.

Als Konsequenz hat die Gemeinde Panketal bereits ein Bewässerungsverbot verhängt. Zwischen 17 und 21 Uhr dürfen weder Gärten oder Rasenflächen gegossen, noch Pools befüllt werden. Auch auf die Wasserentnahme aus privaten Grundwasserbrunnen sollte verzichtet werden, damit die Grundwasserspiegel nicht noch weiter absinken.

Ein solches Verbot gilt in Berlin noch nicht. Allerdings rät Krone auch hier, durch einen sparsameren Trinkwasserverbrauch einen Beitrag zur derzeitigen Wasserknappheit zu leisten.

Quelle: rbb

Das Klima wird mediterraner

Der Wassermangel wird die Region auch künftig beschäftigen. Das Klima in Berlin und Brandenburg wird immer mediterraner. Der Juli war heiß und trocken. Die Wetterstation in Berlin-Buch registrierte am 20. Juli mit 38,3 Grad laut Deutschem Wetterdienst sogar einen Stationsrekord. Gleichzeitig hat es in den beiden Bundesländern wenig geregnet. In Brandenburg fielen nur 35 Liter Regen pro Quadratmeter - fast 20 Liter weniger als zu DDR-Zeiten. Berlin kommt sogar nur auf 30 Liter pro Quadratmeter - fast die Hälfte weniger als zwischen 1961 und 1990.

"Ob das jetzt alles mit dem Klimawandel zu tun hat? - So ganz stehe ich nicht dahinter", sagt Martina Schiefer aus Panketal. Aber es sei schon sehr auffällig, wie trocken die Bäume seien und dass zwar die Straßen nach Regenschauern überschwemmt würden, dann aber die Flüsse weiter trocken blieben. "Auch früher war die Panke hin und wieder mal trocken", erinnert sie sich, räumt dann später aber ein: "So schlimm wie jetzt war es, soweit ich mich erinnern kann, noch nie."

Sendung: rbb 88.8, 04.08.2022, 7:50 Uhr

Beitrag von Raphael Knop

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