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Quelle: belga

Anschlag am Breitscheidplatz

Berlin-Attentäter war mit mindestens 14 Identitäten unterwegs

Der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz hat sich nach Erkenntnissen der Polizei immer wieder mit neuen Namen in verschiedenen deutschen Städten registrieren lassen - mit mindestens 14 Identitäten.  Das wurde am Donnerstag in Düsseldorf bekannt.

Anis Amri, der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, ist den deutschen Behörden unter 14 verschiedenen Identitäten bekannt gewesen. Das geht aus einem Bericht des nordrhein-westfälischen Landeskriminaldirektors Dieter Schürmann vor dem Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags hervor. Amri habe sich konspirativ verhalten und sich immer wieder mit neuen Namen und Personalien in verschiedenen Städten registrieren lassen, sagte Schürmann am Donnerstag in einer Sondersitzung des Ausschusses.

Im Februar 2016 sei der Tunesier, der im Sommer 2015 in Deutschland eingetroffen war, auf Initiative des Landeskriminalamts NRW erstmals als Gefährder eingestuft worden. Ab März 2016 sei er dann in Berlin als Gefährder eingestuft worden. Amri sei allein sieben Mal Thema im Terror-Abwehrzentrum von Bund und Ländern gewesen.

Am Ende sei es allen Behörden von Bund und Ländern auch gemeinsam nicht gelungen, ausreichend konkrete Hinweise zusammenzutragen, die die Justiz als Tatverdacht für einen Anschlag hätte werten können, sagte Schürmann. Dabei hätten die Ermittler "alle rechtlichen Befugnisse bis an die Grenze ausgeschöpft, um mögliche Gefahren abzuwehren".

Hintergrund

Nach Anschlag vom Breitscheidplatz

Bundesanwaltschaft: Keine Zweifel mehr an Amris Täterschaft

     

Juristische Mittel liefen ins Leere

Die Polizei habe wiederholt versucht, Verfahren gegen Amri in die Wege zu leiten, sagte Schürmann weiter. Dies sei etwa im April 2016 der Fall gewesen, als festgestellt worden sei, dass Amri in verschiedenen Kommunen staatliche Sozialleistungen kassiert habe. Die zuständige Staatsanwaltschaft habe dies aber abgelehnt.

Auch sei Amri mit falschen Dokumenten und Betäubungsmitteln aufgegriffen worden. Zudem habe es Versuche gegeben, in Berlin ein Verfahren unter dem Verdacht von Plänen für einen Überfall einzuleiten. Amri sei dabei auch Ziel "verdeckter Maßnahmen" gewesen, seine Telekommunikation sei zudem über sechs Monate abgehört worden.

Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert und zwölf Menschen getötet. Eine Ausländerbehörde in Nordrhein-Westfalen war für den Tunesier zuständig. Amri bewegte sich aber in ganz Deutschland und war als "hochmobil" eingestuft.

In eigener Sache

rbb|24 bezeichnet künftig Anis Amri als Täter und schränkt nicht weiter ein durch Bezeichnungen wie "mutmaßlich" oder "tatverdächtig". Auch wenn Amri nicht mehr verurteilt werden kann, sehen es die Ermittlungsbehörden inzwischen als erwiesen an, dass er den Anschlag am Breitscheidplatz begangen hat. Aus dem Pressekodex, Ziffer 13: "Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat."

NRW-Minister: Keine konkreten Hinweise auf Terroranschlag

Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) verteidigte am Donnerstag das Vorgehen der Sicherheitsbehörden im Fall Amri. Trotz einer "durchgehenden, engmaschigen Beobachtung" hätten den Behörden des Bundes und der Länder keine konkreten Hinweise vorgelegen, die auf einen Terroranschlag hinwiesen, bekräftigte Jäger in der Sondersitzung des Innenausschusses des Düsseldorfer Landtags.

Die Opposition hatte die Sitzung mit der Frage beantragt, warum der als islamistischer Gefährder eingestufte Tunesier sich in Deutschland frei bewegen konnte. "Der Minister müsse erklären, warum "ein extrem radikalisierter Gefährder, der den NRW-Sicherheitsbehörden bekannt war, so lange und ohne Reaktion von NRW-Behörden ungestört in radikalen Moscheen des Ruhrgebiets auftreten" konnte, hatte CDU-Fraktionschef Armin Laschet gesagt.

Bericht: Behörden wussten von Anschlagsvorhaben

NRW war einer der Hauptaufenthaltsorte von Anis Amri. Der Tunesier wurde vier Tage nach dem Terroranschlag bei einer polizeilichen Routinekontrolle in Italien erschossen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft gibt es Hinweise, dass Amri auf seiner Flucht über Nordrhein-Westfalen gereist ist.

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" (Donnerstag) hatte Amri mehrfach Anschläge angekündigt. So habe das Landeskriminalamt Düsseldorf im Frühjahr 2016 Berichte darüber erhalten, dass der 24-Jährige andere Personen auffordere, mit ihm gemeinsam Attentate in Deutschland zu begehen. Im Internet soll Amri nach Anleitungen zum Bombenbau gesucht haben, außerdem habe er sich großkalibrige Schnellfeuergewehre beschaffen wollen. Im Juli 2016 habe ein Undercover-Agent dem Landeskriminalamt Düsseldorf berichtet, Amri habe damit geprahlt, ein Blutbad anrichten zu wollen.

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