rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Audio: rbb24 inforadio | 05.08.2022 | Nico Hecht | Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa

Geplanter Gesetzentwurf

Brandenburger Innenminister will Polizeigesetz verschärfen

Das Brandenburger Innenministerium will einen Gesetzesentwurf vorlegen für mehr Zugriffrechte bei Online-Ermittlungen. Diese sind aber seit Jahren umstritten. Auch Regierungsmitglieder halten sie für eher gefährlich. Von Nico Hecht

Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) plant das Landes-Polizeigesetz zu verschärfen. Bis zum Herbst soll ein erster Entwurf dafür vorliegen. Stübgen will damit vor allem den Ermittlern im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie mehr Möglichkeiten verschaffen.

Das Innenministerium will ein umfangreiches Paket auf den Weg bringen, um die Ermittlungsbefugnisse der Polizei auszuweiten, wie Innenstaatssekretär Uwe Schüler (CDU) dem rbb sagte. Der Gesetzgeber müsse handeln - denn die Polizeistatistik zeige, dass sexuelle Gewalt an Kindern zunehme. In den vergangenen zehn Jahren habe die Polizei einen Anstieg der angezeigten Missbrauchsfällen um elf Prozent verzeichnet. Speziell Kinderpornografie-Fälle seien in der Zeit sogar um über 100 Prozent gestiegen.

Zugang zu sozialen Netzwerken

Um Kinder besser zu schützen, sollen auch Kontakt- und Näherungsverbote für potenzielle Täter ausgeweitet werden. Um Kinderpornografie-Tätern auf die Spur zu kommen, müssten aber vor allem die Befugnisse der Ermittler im digitalen Raum erweitert werden, sagt Schüler. "Ich will dabei nennen Quellen-Telekommunikationsüberwachung, Online-Durchsuchung, Wohnraumüberwachung und auch das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren, also die Anfangsverdachts-Datenspeicherung."

Im Klartext heißt das: Polizisten sollen auch Zugang zu Accounts oder Chats in sozialen Netzwerken im Internet erhalten können. Mit der sogenannten Quellen- Telekommunikationsüberwachung können Ermittler etwa Chats auf Messenger-Diensten wie Whatsapp oder Telegram durchsuchen, obwohl die Dienste die Nachrichten eigentlich verschlüsseln.

Widerstand in Regierungskoalition

Die Ermittlungsmethode ist umstritten, zuletzt auch bei der vorigen rot-roten Regierung in Brandenburg. 2019 war die Einführung am Widerstand der Linken gescheitert. In der jetzigen Regierung dürfte das kaum leichter werden, vor allen Dingen mit der Fraktion der Grünen. Deren innenpolitische Sprecherin Marie Schäffer sagt: "Ich sehe bisher keinen Weg, der dahinführt, jedenfalls nicht bei so umstrittenen Ermittlungsmethoden".

Schäffer sieht dabei nach eigenen Angaben eher eine große Gefahr für die gesamte Gesellschaft. Denn für solche Ermittlungsmethoden müsste der Staat für Sicherheitslücken auf allen Computern und Smartphones sorgen, über welche die Geräte im Verdachtsfall gehackt und ausgespäht werden könnten. Das sei ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre, sagte Schäffer. Aber vor allem sorge das für Sicherheitslücken auf allen Geräten von Privatpersonen, Behören und Firmen. Und es sei bereits bewiesen, dass diese Schwachstellen nicht nur dem Staat bekannt blieben.

Bei der SPD erhalten Stübgens Pläne für mehr Polizeibefugnisse nicht sofort eine Abfuhr. Die innenpolitische Sprecherin Inka Gossmann-Reetz sagt, dass gerade die letzten Pandemiejahre Handlungsbedarfe aufgezeigt hätten. Etwa beim Thema häusliche Gewalt, gegen das das Innenministerium ebenfalls einen Gesetzesentwurf erarbeitet hat. Gossmann-Reetz sagt, ihr sei es wichtig, dass dies nun keine private Angelegenheit mehr sein solle, sondern eine Frage der inneren Sicherheit.

Kritiker erkennen schon Wahlkampfgetöse

Mit der Ankündigung, das Polizeigesetz verschärfen zu wollen, hat Innenminister Stübgen die Regierungs-Koalitionspartner aber offenbar überrascht. So sagt es jedenfalls Maria Schäffer von den Grünen: "Wer ernsthaft etwas besprechen will, geht damit nicht zuerst zur Presse". Deswegen erkenne sie darin auch vielmehr schon den Start in den Wahlkampf für 2024.

Das sehen auch Teile der Opposition so. Andrea Johlige von der Linken sagt, das habe sie auch an anderer Stelle schon so erlebt. Mit der Ankündigung eines verschärften Polizeigesetzes wolle Stübgen die CDU im Wahlkampf als Law-and-Order-Partei etablieren.

Sendung: rbb24 inforadio, 05.08, 2022, 15:20 Uhr

Beitrag von Nico Hecht

Artikel im mobilen Angebot lesen