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Audio: Inforadio | 11.12.2020 | Amelie Ernst | Quelle: imago images/Eberhard Thonfeld

Beratungen über harten Lockdown

Brandenburg will öffentliches Leben weitgehend einschränken

Brandenburg plant eine drastische Verschärfung der Corona-Regeln. Darauf hat sich Ministerpräsident Woidke mit den Verwaltungsspitzen des Landes verständigt. Laut neuer Verordnung soll es eine Ausgangssperre geben, Läden geschlossen und Schüler zuhause bleiben.

Die Brandenburger müssen sich wegen der steigenden Zahl der Corona-Infektionen auf verschärfte Regeln bis hin zu einem strengen Lockdown einstellen. Die Landesregierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) plant Ausgangsbeschränkungen, die Schließung von Läden außer solchen mit wichtigen Dingen für den täglichen Bedarf und von Schulen für den Präsenzunterricht ab der siebten Klasse. Darauf verständigte sich am Freitag das Kabinett nach Absprache mit den Landräten und Bürgermeistern der kreisfreien Städte.

Erst bis zum Dienstag soll nach Angaben der Staatskanzlei der Beschluss kommen, weil darin noch Ergebnisse der für Sonntag geplanten Ministerpräsidentenkonferenz einfließen sollen. Die Verordnung soll vom 16. Dezember bis 15. Januar gelten.

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Diese neuen Regeln sollen gelten:

Ausgangsbeschränkung: Im Entwurf der neuen Verordnung, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, ist ab kommendem Mittwoch (16.12.) eine Ausgangsbeschränkung mit Ausnahmen tagsüber zum Arbeiten, Einkaufen, zum Besuch von Schulen und Kitas, für Ärzte und Behörden und für Sport höchstens mit Angehörigen des eigenen Haushalts vorgesehen. Nachts soll sie von 22 Uhr bis 6 Uhr gelten, außer an Heiligabend und an Silvester. Hinzukommen soll ein Alkoholverbot in der Öffentlichkeit.

Läden: Die Schließung von Geschäften ist nach dem Entwurf nicht geplant für Supermärkte, Drogerien, Apotheken, den Buch- und Zeitschriftenhandel, Tankstellen, Banken, Reinigungen, wissenschaftliche Bibliotheken sowie Abhol- und Lieferdienste. Auch Verkaufsstellen für Weihnachtsbäume und Böller sollen offen bleiben. Bisher war der Einzelhandel noch komplett geöffnet. Gaststätten bleiben vorerst zu bis auf Abhol- und Lieferservice.

Schulen: Vom 16. Dezember an soll für Schüler ab der siebten Klasse der Präsenzunterricht vorerst enden, ausgenommen sind Abschlussklassen und Förderschulen. Bis wann das gilt, ist noch offen. Bisher findet der Unterricht grundsätzlich in der Schule statt. Bei mehr als 200 neuen Infektionen je 100.000 Einwohner in einer Woche können Kreise und kreisfreie Städte aber strengere Regeln wie wechselnden Unterricht anordnen.

Demonstrationen: Versammlungen im Freien sollen nur noch bis zu 500 Menschen möglich sein, wenn Abstand gehalten wird und Masken getragen werden. Ab einer Zahl neuer Infektionen je 100.000 Einwohner in einer Woche von über 200 sinkt die Obergrenze nach dem Entwurf auf 150 Teilnehmer. Ab einem Inzidenzwert von 300 sollen Versammlungen untersagt werden, Ausnahmen im Einzelfall aber möglich sein.

Quelle: rbb|24

Woidke spricht von "dramatischer Situation"

Mehrere Länder hatten zuvor ebenso bereits strengere Maßnahmen angekündigt, darunter Berlin. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte die Schließung vieler Geschäfte in der Hauptstadt und längere Schulferien angekündigt und wollte das mit Brandenburg abstimmen.

Woidke sprach am Freitag von einer "sehr dramatischen Situation": "Ziel ist es ja, Kontakte zu beschränken, und das ist offensichtlich mit dem leichten Lockdown nicht gelungen", sagte er im BB Radio. "Deswegen wird es ein Lockdown sein müssen, wenn wir uns dazu entscheiden (...), der sehr weitgehend sein wird." Das nutze aber nichts, wenn nicht alle Bürger mitmachen.

Der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke (Linke), sagte im Anschluss an die Schaltrunde am Freitag, bei der sich Woidke auch über die Lage im Land informierte, man sei übereingekommen, nach den Beratungen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am Sonntag eine zweite Videoschalte mit den Verwaltungsspitzen der Kreise und kreisfreien Städte durchzuführen.

Wilke sagte, die bisherigen Maßnahmen reichten angesichts der massiv gestiegenen Todes- und Fallzahlen nicht aus: "Wir können nicht unter den Regelungen bleiben, die wir im Frühjahr hatten", sagte der Linken-Politiker dem rbb. Er betonte, er hätte gerne bereits noch schärfere Maßnahmen ergriffen: "Wir haben ja früher alles dicht gemacht bei zehn Personen pro Tag, die gestorben sind - und haben jetzt knapp 600 pro Tag, die sterben und haben einen Lockdown light, der nicht ausreicht", so Wilke.

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Mehrere Kreise und Städte haben Regeln bereits verschärft

Mehrere Kreise und kreisfreie Städte haben bereits schärfere Regeln erlassen oder angekündigt.

So greift in der Brandenburger Landeshauptstadt Potsdam ab Samstag in stark frequentierten Bereichen der Innenstadt, Teilen von Babelsberg und Potsdam-West ein Alkohol-Konsumverbot in der Öffentlichkeit. Auch die Maskenpflicht wurde verschärft. Auf und rund um die Wochenmärkte gilt ab Samstag außerdem ein Speisen-Verzehrverbot. Für Schülerinnen und Schüler wird ab der siebten Klasse der Präsenzunterricht ausgesetzt, ab kommenden Montag findet Distanzunterricht statt.

In Cottbus gilt ab Samstag ebenfalls ein Verbot für Alkoholkonsum, also auch für Glühweinstände. Von Montag an sollen ab einem Wert von 200 Ansteckungen je 100.000 Einwohner in einer Woche die Schüler ab der siebten Klasse nur noch zuhause lernen. Der Inzidenz-Wert lag zuletzt bei rund 251. Bei einem Wert von über 300 soll eine Ausgangsbeschränkung zwischen 22 Uhr und 6 Uhr gelten. Das Carl-Thiem-Klinikum rief die Bevölkerung um Hilfe. Gesucht werde ausgebildetes Pflegepersonal, die Situation dort sei sehr ernst.

Auch im angrenzenden Kreis Spree-Neiße findet von Montag an weiterführenden Schulen Distanzunterricht statt. Beschränkungen gelten auch in den Kreisen Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und in Frankfurt (Oder).

Die Zahl neuer Corona-Ansteckungen in Brandenburg erreichte am Freitag mit 972 innerhalb von 24 Stunden einen weiteren Höchstwert, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Derzeit würden 718 Patienten wegen einer Covid-19-Erkrankung in Krankenhäusern behandelt, davon 149 auf der Intensivstation. Im Hotspot von Brandenburg, dem Landkreis Oberspreewald-Lausitz an der Grenze zum besonders betroffenen Sachsen, lag der Wert neuer Ansteckungen je 100.000 Einwohner in einer Woche bei 465.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 11.12.2020, 19:30 Uhr

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