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Audio: Inforadio | 24.03.2022 | Jenny Barke | Quelle: dpa/Kay Nietfeld

Zivil- und Katastrophenschutz

Zeltstadt "Labor 5.000" soll Notunterkunft in Tegel entlasten

Eine autarke Zeltstadt für bis zu 5.000 Menschen hat das DRK am ehemaligen Flughafen Tegel für Kriegsflüchtlinge aufgebaut. Am Donnerstag schaute Bundesinnenministerin Faeser vorbei - und versprach, den Zivilschutz zu stärken. Von Jenny Barke

Als Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sich am Donnerstagvormittag auf die großen weißen Zelte zubewegt, befindet sie sich in einem Pulk Dutzender Journalisten. Neben ihr Vertreter des Zivil- und Katastrophenschutzes in Deutschland: Der Präsident des Amts für Katastrophenschutz (BBK), Armin Schuster ist gekommen. Vom Deutschen Roten Kreuz sind zahlreiche hauptamtliche Mitarbeiter vertreten. Ihr Ziel: Faeser davon überzeugen, dass der Ausbau des Katastrophenschutzes in Deutschland dringend notwendig ist.

Hier, hinter dem Terminal A des ehemaligen Flughafens Tegel, wird klar: Es gibt bereits gute Konzepte, um die Bevölkerung im Falle einer Katastrophe zu schützen. Doch die sind teuer - und für den Zivilschutz ist im Bundeshaushalt ein relativ kleiner Etat vorgesehen.

Quelle: dpa/Kay Nietfeld

Mobil, autark, modular: Zeltstadt "Labor 5.000"

Das DRK zeigt Faeser das Pilotprojekt "Labor 5.000", eine Zeltstadt, in der im Notfall bis zu 5.000 Menschen leben können. Innerhalb von drei Tagen kann das System aufgebaut werden. Es ist mobil und autark, also auf Wasser-, Abwasser- und Stromversorgung von außen nicht angewiesen. Zudem bestehe die Zeltstadt aus modularen Elementen, erklärt DRK-Einsatzleiter Reinhold Erdt der Bundesinnenministerin: "So können wir bei Bedarf Büroflächen aufbauen oder eine Intensivstation mit Sauerstoffversorgung oder eine Rettungswache, wie sie im Ahrtal gebraucht wurde", so Erdt.

Obwohl die Zeltstadt noch ein Pilotprojekt ist und bisher nur zwei dieser Art existieren, war sie bereits drei Mal im Einsatz: Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal, in der Pandemie und jetzt, um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Hier in Tegel ist eine kleine Version der Zeltstadt aufgebaut mit zwei Schlafzelten und einem Gemeinschaftszelt. 1.000 ukrainische Geflüchtete können medizinisch versorgt und verpflegt werden. Damit soll die eigentliche Notunterkunft im Flughafengebäude entlastet werden. "Das ist nicht für über Wochen gedacht, sondern für kurze Zeit, für ein bis zwei Nächte, bevor die Geflüchteten nach dem Königsteiner Schlüssel in die einzelnen Bundesländer verteilt werden", erklärt DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt.

Der große Lerneffekt nach 2015

Vor dem Treffen mit Faeser warnte Hasselfeldt im rbb-Inforadio vor der schlechten Ausstattung des Zivilschutzes und forderte dessen Ausbau. "Der Bund darf nicht nur an den militärischen Schutz denken, er muss den Zivilschutz sofort und nachhaltig stärken", sagte sie. Beides sei seit dem Ende des Kalten Kriegs stark zurückgefahren worden. Nicht erst der Krieg in der Ukraine zeige, dass hier einiges geschehen müsse.

Das sieht auch Faeser so, die sich die Zeltstadt anschaut. "Dass es jetzt schon drei Mal eine Verwendung gefunden hat, zeigt die Bedeutung. Wir sehen auch, dass es wichtiger wird, weil die Krisen zunehmen", sagt Faeser.

Finanziert wird das "Labor 5.000" seit zwei Jahren vom Bund. Es wurde vom DRK nach der Flüchtlingsbewegung 2015 konzipiert. Für den Präsidenten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz, Armin Schuster, ist die Zeltstadt das Symbol als Lerneffekt nach 2015: "Damals haben Menschen tagelang in Bahnhofsunterführungen campiert. Heute würde das nicht mehr passieren, weil wir jetzt in der Lage sind, schnell eine Anlage aufzubauen, wo Menschen aus der Ukraine beispielsweise jetzt auch menschenwürdig untergebracht sind."

Kostenpunkt pro Zeltstadt: Bis zu 30 Millionen Euro

Doch eine Zeltstadt kostet laut Schuster 25 bis 30 Millionen Euro. Seiner Schätzung nach bräuchte es mindestens zehn davon, besser 20. Das sei zwar teuer - aber immer noch günstiger, als unvorbereitet auf Krisen und Katastrophen zu treffen.

Bundesinnenministerin Faeser sichert bei dem Treffen in Tegel die Stärkung des Katastrophenschutzes zu: "Mir ist es ein besonderes Anliegen derzeit, dem Bevölkerungs- und Zivilschutz noch sehr viel mehr Unterstützung zukommen zu lassen, weil wir einfach sehen, dass die Krisenlagen zugenommen haben."

Eine genaue Summe, wieviel die Bundesregierung für den Zivil- und Bevölkerungsschutz künftig ausgeben möchte, nannte Faeser nicht. Laut DRK wären mindestens zwei Milliarden Euro dafür notwendig - eine Verdreifachung des aktuellen Etats.

Sendung: Inforadio, 24.03.2022, 15:20 Uhr

Beitrag von Jenny Barke

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