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Audio: Antenne Brandenburg | 12.04.2021 | Nico Hecht | Quelle: dpa/Thomas Uhlemann

Brandenburg

Naturparks kämpfen mit Problemen durch Besucher-Ansturm

Zahlreiche Berliner und Brandenburger zieht es gerade in Pandemie-Zeiten raus ins Grüne. Die Natur- und Nationalparks der Region erleben mangels Fernzielen einen regelrechten Ansturm. Doch der bringt auch Probleme mit sich.

Keine Kultur-Veranstaltungen, kaum Treffen im Freundeskreis und Reise-Beschränkungen fürs In- und Ausland schlagen vielen Menschen seit über einem Jahr Corona auf das Gemüt. Unter diesen Umständen bleiben nur noch wenige Möglichkeiten, in der Freizeit Abwechslung zu finden. Spazieren und Wandern in der eigenen Region sind einige der wenigen Alternativen. Beides hat in den vergangenen Monaten massiv zugenommen. Allerdings schlagen die Wächter der Brandenburger Naturparks jetzt Alarm: Mit den Besucherströmen steige auch die Zahl der Verstöße.

Besucher ignorieren Verhaltensregeln

Der Naturpark Barnim zwischen Oranienburg (Oberhavel) und Eberswalde (Barnim) ist als einziges Großschutzgebiet sogar mit der S-Bahn zu erreichen. Schon deswegen ist die Landschaft nördlich von Berlin eines der meistbesuchten Naturschutzgebiete und wird während der Pandemie geradezu von Ausflüglern überrannt. "Nach meinem Empfinden – ich habe ja nicht gezählt - sind es fünf- bis zehnmal mehr Besucher", sagt Naturpark-Führerin Antonia Gerke.

Gerke leitet die Reitschule "Pferde-Kultur" auf dem Gut Hobrechtsfelde bei Zepernick und betreut die Wildpferde im Naturpark. Ohne Zäune grasen hier mehr als 200 Konik-Ponnys und schottische Rinder. Manche Besucher treibt es so nah wie möglich an die Pferde heran. Das Warnschild, dass dringend 25 Meter Abstand zu den Pferden vorschreibt, ignorierten viele Touristen, sagt Gerke.

Antonia Gerke erklärt, die Tiere seien nicht da, um die Besucher zu begrüßen und gerät deshalb des Öfteren in Streitgespräche. "Die Pferde kommen auf Besucher zu, weil sie häufig von Leuten gefüttert werden, die sich nicht im Griff haben und keine Schilder lesen." Das könne zu gewalttätigen Auseinandersetzungen unter den Tieren führen. Hinzu komme, dass oft Apfel verfüttert werden, die dann in den Pferde-Mägen gehren. "Pferde sind nach zehn Äpfeln besoffen, kriegen Kopfschmerzen oder eine Kolik, und die sind ganz oft tödlich", erklärt die Reitlehrerin.

Eigentlich darf im Naturschutzgebiet niemand die vorgegebenen Wege verlassen. Im vergangenen Jahr der Pandemie seien jedoch Picknick-Decken mitten im Schutzgebiet alltäglich gewesen. Außerdem hätten Flieger mit ihren Drohnen die Rinderherde erschreckt, die dann panisch geflüchtet sei.

Hochbetrieb auch im Unteren Odertal

Auch der Nationalpark Unteres Odertal im Landkreis Uckermark erlebt derzeit einen Besucher-Ansturm. Besonders Gäste aus Berlin nutzten die Osterferien und Wochenenden für einen Ausflug. Laut Leiter Dirk Treichel seien alle Parkplätze am Randbereich des Parks stark frequentiert. Das bringe in vielen Fällen auch Müll mit sich. "Gerade da, wo Caravan-Stellplätze oder Parkplätze bei den Dörfern sind, wird die Notdurft verrichtet. Das sieht man dann teilweise auch deutlich."

Ansonsten sehe das Konzept des Odertals ganz bewusst keine Mülleimer im Park vor. Damit sollen Besucher angehalten werden, ihren Müll wieder mitzunehmen und in den Ortschaften oder zu Hause zu entsorgen. Im Gegensatz zu den vielen Camping-Gefährten besonders im südlichen Teil, seien Wild-Camper mit Zelt in diesem Jahr noch kein Problem gewesen. Laut Treichel waren dafür die Nächte bisher zu kalt. Erfreulich sei für den Parkleiter, dass - trotz einiger Verstöße - sich die meisten Besucher sich an die Schutz-Bestimmungen hielten.

Auch andere Ecken haben ihren Reiz

Um den Ansturm auf die Hotspots wie dem Unteren Odertal oder dem Naturpark Barnim zu entzerren, will Johannes Müller von der Naturwacht Brandenburg Ausflügler jetzt von den stark besuchten Gebieten weglocken - hin zu anderen reizvollen Zielen. Dazu gebt es neue Videos, Broschüren und eine Internetseite [www.rangertouren-brandenburg.de]. "Es gibt Ecken zu entdecken, da finden man durchaus genug Platz, um mit der Familie einen Ausflug zu machen." So habe beispielsweise allein der Gülper See an der Grenze zu Sachsen-Anhalt fünf Beobachtungspunkte, einen Wanderlehrpfad und Info-Tafeln.

Bei allen Problemen seien mehr Besucher für Müller aber auch ein Erfolg. Insgesamt für alle 15 Brandenburger Großschutz-Gebiete schätzt der Naturwacht-Sprecher seien es doppelt so viele Gäste, wie vor der Pandemie. Im Bundesvergleich müssten andere Regionen noch viel größere Anstürme bewältigen - etwa in der Eifel. Dort hätte die Natur laut Müller nur noch mit sogenannten "Kick-Ass-Rangern" beschützt werden können.

Sendung: Antenne Brandenburg, 12.04.2021, 14:40 Uhr

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