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Gas-Notfallplan

Energieversorger EWE ruft zum Energiesparen auf – trotz gesicherter Gasversorgung

Der Energieversorger EWE, großer Gasanbieter in Brandenburg, begrüßt die Entscheidung, die Alarmstufe des Gas-Notfallplans ausgerufen zu haben. Wichtig sei nun vor allem eines: sparen. Von Juan F. Álvarez Moreno

Was bereits erwartet wurde, ist seit Donnerstag klar: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am Donnerstag die Alarmstufe des Gas-Notfallplans ausgerufen. Laut dem Energieversorger EWE gibt es aktuell aber keine Einschränkungen bei der Versorgung von Kunden mit Erdgas. Derzeit komme mehr Gas nach Deutschland als gerade verbraucht werde, sagte der EWE-Vorstandsvorsitzende, Stefan Dohler, während einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Das Unternehmen versorgt in Brandenburg, Polen und Nordwestdeutschland rund 700.000 Kunden mit Erdgas und ist einer der wichtigsten Anbieter in der Region. In Rüdersdorf im Landkreis Märkisch-Oderland bei Berlin befindet sich ein wichtiger EWE-Gasspeicher.

Interview

Gas-Notfallplan: Was bedeutet die Alarmstufe 2?

Angesichts der eingeschränkten russischen Gas-Lieferungen ist in Deutschland die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen worden. Was das bedeutet und welche Konsequenzen es für Verbraucherinnen und Verbraucher haben wird, erklärt Andreas Goldthau, Experte für die Energiewende beim Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung.

"Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist heute stärker gefährdet als noch vor einigen Wochen – es ist daher richtig, dass die Bundesregierung diesen Schritt nun geht", so Dohler weiter. Als Betreiber kritischer Infrastrukturen der Daseinsvorsorge bereite sich EWE bestmöglich auf alle derzeit denkbaren Szenarien vor und stehe im Austausch mit Krisenteams in Bund, Land und Verbänden.

Sparen sei sehr wichtig, da Russland die Lieferungen über die Nord-Stream-1-Leitung auf 40 Prozent des normalen Niveaus reduziert habe. Man könne die aktuelle Lage aber managen, wenn alle mitmachen. Angst sei nicht angebracht, jedoch müsse man die Leute wachmachen, da jeder einen Beitrag leisten müsse. "Sich den Pullover überzuziehen, wenn es kühler wird, statt die Heizung hochzudrehen: Das müssen wir vielleicht üben", sagt Dohler.

Gas-Importe aus Russland

Was der Gas-Notfallplan für Berlin und Brandenburg bedeutet

Noch fließt russisches Gas ohne Einschränkung in europäische Länder. Deutschland bereitet sich trotzdem auf Engpässe vor. Bundeswirtschaftsminister Habeck hat die erste von drei Stufen eines Notfallplans ausgerufen. Privathaushalte sind vorerst nicht betroffen.

"Wir können im Winter Leute den Gashahn nicht zudrehen"

Die EWE-Gasspeicher seien laut Unternehmensangaben zu 73 Prozent gefüllt. In Brandenburg sieht die Lage sogar noch besser aus: Der Speicher in Rüdersdorf bei Berlin (Landkreis Märkisch-Oderland) ist laut EWE-Daten [ewe-gasspeicher.de] zu 84 Prozent gefüllt. Bis zum 1. November müssen die Speicher einen Füllstand von 90 Prozent erreicht haben, wie das neue Gasspeichergesetz vorschreibt.

Obwohl die Gas-Alarmstufe ausgerufen wurde, will die Bundesnetzagentur die Preisanpassungsklausel noch nicht aktivieren, mit der Gasversorger höhere Preise an ihre Kunden weiterreichen könnten. Der Preis könne dabei wöchentlich angepasst werden und Kunden hätten einen Sonderkündigungsrecht, erklärt Dohler. Sollte es jedoch so weit sein, müsse man eng mit Politik und Behörden zusammenarbeiten, um den sozialen Schaden zu minimieren.

"Wir können im Winter Leute den Gashahn nicht zudrehen. Das wird nicht passieren", fasst Dohler zusammen. Den Kunden empfiehlt er jedoch, ihre Gas-Abschläge jetzt zu erhöhen. So sollen böse Überraschungen mit der Jahresabrechnung vermieden werden.

Emissionsziele temporär zurückgestellt

Die angespannte Lage verursache jedoch andere Nebeneffekte. Einerseits erhöhen manche Großkunden aus der Industrie gerade die Produktion, weil sie Zweijahresverträge mit fixen Preisen haben. Sie wollen damit sparen, bevor die teuren Gaspreise auch für sie gelten, wie Dohler sagt. Andererseits werden die Emissionsziele temporär zurückgestellt, um einen "wirtschaftlichen Kollaps" zu vermeiden, so Dohler. Das Unternehmen halte dennoch an den Emissionszielen bis 2030 fest.

Dass die nächste Stufe des Notfallplans Gas noch im Sommer ausgerufen wird, das erwartet der EWE-Vorstandsvorsitzende nicht. Erst im Herbst sei das denkbar, so Dohler.

Sendung: Antenne Brandenburg, 23.06.2022, 18 Uhr

Beitrag von Juan F. Álvarez Moreno

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