rbb24
  1. rbb|24
  2. Wirtschaft

Leider gibt es ein Problem beim Abspielen des Videos.

Video: rbb24 Abendschau | 30.11.2022 | Boris Hermel | Quelle: dpa/Schoening

Milliardenschwere Vergabe

Neue Berliner S-Bahnen kommen deutlich später als geplant

Der Betrieb der S-Bahn-Teilnetze Nord-Süd und Stadtbahn soll neu ausgeschrieben werden. Für den Zuschlag muss der Betreiber eigene Wagen mitbringen. Die Vergabe geht in die heiße Phase - doch auf die neuen S-Bahnen muss Berlin länger warten.

Auf der Berliner Stadtbahn und den S-Bahn-Nord-Süd-Linien werden neue Züge deutlich später als bislang geplant rollen. Das teilte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Mittwoch mit.

Für die Stadtbahn verschiebt sich der Beginn gegenüber der ursprünglichen Planung demnach um knapp anderthalb Jahre auf Juni 2029. Im S-Bahn-Teilnetz Nord-Süd startet die Betriebsaufnahme sogar rund 30 Monate später, Mitte 2030.

Hauptgrund dafür sei, dass die DB Netz AG im Sommer ihren Zeitplan revidiert habe, bis zu der sie künftige Werkstatt-Standorte anbinden kann, so die Verkehrssenatorin. Es habe zwar intensive Gespräche mit der Bahn-Tochter darüber gegeben, ob es schneller möglich sei, jedoch ohne Erfolg.

Zu Problemen wird es nach Darstellung Jaraschs dadurch allerdings nicht kommen, da die laufenden Verträge mit der Deutschen Bahn zunächst verlängert werden könnten und anschließend Übergangsverträge vorgesehen seien.

Vergabeverfahren für Teilnetze geht in nächste Phase

Verkehrsunternehmen, die sich um die Zugbeschaffung und den Betrieb des S-Bahn-Verkehrs bewerben, müssen auch Werkstätten einrichten, damit die Fahrzeuge gewartet werden können. Für die Anbindung dieser Werkstätten ans S-Bahn-Netz ist die Bahn-Tochter DB Netz zuständig.

Die DB Netz AG widerspricht allerdings der Darstellung der Verkehrssenatorin. "Sämtliche Terminpläne der Infrastrukturmaßnahmen für die S-Bahn-Ausschreibung sind mit allen Partner:innen des übergreifenden Infrastrukturprojekts i2030 eng abgestimmt und seit langem bekannt", sagte der für Infrastrukturplanung und -projekte zuständige Vorstand der DB Netz AG, Jens Bergmann, dem rbb. Das umfasse auch die Anbindung der potentiellen S-Bahn-Werkstattstandorte, für die teilweise ein zweigleisiger Streckenausbau notwendig sei. Bergmann weiter: "Das Land Berlin als i2030-Projektpartnerin war demnach jederzeit voll im Bilde. Verzögerungen sind uns als DB Netz AG nicht bekannt." Die Senatsverkehrsverwaltung blieb auf Nachfrage bei ihrer Darstellung. Vorerst steht damit Aussage gegen Aussage.

Die Verkehrssenatorin gab gleichzeitig bekannt, dass das milliardenschwere Vergabeverfahren in seine heiße Phase starte. Bis Ende Juli nächsten Jahres haben die interessierte Verkehrsunternehmen nun Zeit, ihre Angebote abzugeben. Anfang 2024 soll der Zuschlag erteilt werden.

Voraussetzung ist allerdings, dass bis dahin ein Verfahren vor dem Kammergericht beendet ist. Ein Unternehmen - dem Vernehmen nach der französische Schienenhersteller Alstom - hat geklagt, weil es sich in dem Verfahren benachteiligt sieht.

Die Vergabekammer des Landes hatte entsprechende Beschwerden zuvor abgewiesen. Verkehrssenatorin Jarasch zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Zuschlagserteilung dadurch nicht verzögern werde.

Berliner Netz braucht spezielle Züge

Als sicher gilt, dass sich ein Konsortium aus den Konzernen Siemens, Stadler und der Deutschen Bahn um den in einzelne Teile zerlegten Großauftrag im Volumen von rund acht Milliarden Euro bewirbt. Unternehmen können für die beiden Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd separate Angebote abgeben und dabei sowohl für den Betrieb als auch für Beschaffung und Instandhaltung bieten. Auch ein Angebot für alle Netze und Beschaffungen ist möglich.

Kritiker fürchten, das S-Bahn-Netz könnte durch Vergaben an unterschiedliche Betreiber zerschlagen werden. Befürworter dieses Verfahrens sehen als Vorteil, dass die Deutsche Bahn als derzeitige Alleinbetreiberin in einem solchen Wettbewerbsverfahren nicht die Preise diktieren kann.

Das Verfahren für die Berliner S-Bahn ist auch deshalb komplex, weil sie historisch bedingt andere technische Voraussetzungen bietet als S-Bahn- und Regionalbahnnetze im Rest der Republik. Sie lassen sich auch nur schwer verändern.

So könnte das Netz beispielsweise nicht ohne weiteres auf Oberleitungsbetrieb umgerüstet werden. Deshalb können Züge aus anderen Verkehrsverbünden hier nicht eingesetzt werden. Die Deutsche Bahn als bisherige Betreiberin ist damit das einzige Unternehmen, das über vorhandene Züge verfügt, die hier betrieben werden können. Um dennoch Wettbewerb zu ermöglichen, gilt die Beschaffung von neuen Zügen bei der S-Bahn-Ausschreibung als Voraussetzung.

Land übernimmt neue S-Bahn-Waggons

Insgesamt geht es um mehr als 1.300 neue Waggons, die beschafft werden sollen. Anders als bei früheren Ausschreibungen gehen die Züge nach der Beschaffung in den Besitz des Landes über, das sich auf diese Weise einen eigenen Fahrzeugpool zulegt, um bei künftigen Ausschreibungen flexibler agieren zu können. Das beschaffende Unternehmen bleibt aber 30 Jahre lang für die Wartung der Züge zuständig. Die Verträge über den Betrieb der Linien sind wegen gesetzlicher Vorgaben auf 15 Jahre begrenzt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 30.11.2022, 19:30 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen