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Audio: rbb24 Inforadio | 27.04.2022 | Maria Ossowski | Quelle: dpa/C. Soeder

Merkel-Porträts im DHM

"Ich hatte schon immer den Stuhl und das Licht vorbereitet"

Einmal im Jahr hat die Fotografin und Journalistin Herlinde Koelbl die Politikerin Angela Merkel begleitet - und das über 30 Jahre hinweg. Ihr Werk ist jetzt im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen. Von Maria Ossowski  

Das Foto, das die Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung im 2. Stock des Deutschen Historischen Museums empfängt, ist fröhlich, frech und untypisch. 1994 entstanden, fühlt sich Angela Merkel als Naturwissenschaftlerin und Umweltministerin sicher in ihrem Ressort. Es sei ein Lieblingsfoto von ihr, sagt Herlinde Koelbl: "Weil sie da so eine Lebendigkeit und Frischheit hat, vielleicht auch ein bisschen Frechheit. Man spürt, dass ihr das, was sie tut, Spaß macht, dass sie es gern macht, und dass sie eine unheimliche Energie und Kraft und Lebendigkeit hat."

Quelle: dpa/C. Soeder

"Ich hatte schon immer den Stuhl und das Licht vorbereitet"

Das ändert sich im Laufe der 30 Jahre, in denen Koelbl die Politikerin Merkel begleitet und in den ersten acht Jahren auch ausführlich interviewt hat. Merkel wird statischer, manchmal auch müder. Es stellt sich eine Vertrautheit ein zwischen ihr und der Fotografin. Smalltalk haben sie nicht mehr nötig. Merkels Zeit, vor allem als Kanzlerin, ist begrenzt.

"Ich hatte schon immer den Stuhl und das Licht vorbereitet, sodass alles schon klar war, als sie kam und sie nur noch Platz nehmen musste." Für das Kopfporträt habe sich Merkel hingesetzt. "Dadurch kann man die Spuren, die Veränderungen der Macht sehen", erklärt Koelbl. Danach habe sie die Kanzlerin stehend fotografiert: "Mein Konzept war so angelegt, dass ich unbedingt den Körper dabeihaben wollte und nicht nur das Gesicht, denn in der Körperhaltung drückt sich die Veränderung sehr stark aus."

"Sie hat nicht den geringsten Versuch gemacht, etwas zu kontrollieren"

Koelbl hat nie Vorgaben gemacht, es gab nur die Bitte, wach in die Kamera zu schauen, alles andere entschied Angela Merkel selbst. Herlinde Koelbl hat immer mit derselben Hasselblad fotografiert und grundsätzlich Schwarzweiß. Sie wollte keine Ablenkung zulassen, sich ganz auf Gesicht und Körperhaltung konzentrieren. Merkel hat der Fotografin bei der Auswahl der Bilder komplett freie Hand gelassen. Es sei ihr nicht in den Sinn gekommen, mit Fotos an ihrem Image zu feilen, sagt Koelbl. "Sie hat mich nie gebeten, die Fotos vorzulegen. Sie hat nicht den geringsten Versuch gemacht, etwas zu kontrollieren. Sie hat mir überlassen, welche Fotos ich aussuche. Das spricht für ihre große Souveränität und Uneitelkeit."

Quelle: dpa/S. Kugler

"Sie hat für einen Moment die Hände in die Hüfte gestemmt und gelacht"

Das letzte Foto entstand im August 2021 – kurz vor der Bundestagswahl, bei der Angela Merkel nicht mehr angetreten ist. Und es ist ähnlich heiter wie das Foto am Eingang.

Angela Merkel habe es nur als Teil ihres Berufes, ihres Amtes akzeptiert, fotografiert zu werden, sagt Koelbl. "Aber sie hat es nie geliebt, wie manche männliche Politiker. In diesem Wissen habe ich ihr gesagt, nun ich habe in einem Mittelformat 6x6 fotografiert. Das ist jetzt die letzte Kassette, jetzt können Sie machen, was Sie wollen. Und sie hat für einen Moment die Hände in die Hüfte gestemmt und gelacht. Deshalb ist es so wunderbar: Weil es etwas zeigt, was man sonst nicht von ihr gesehen hat."

"Es ist etwas vollendet, so würde ich es sagen"

60 Fotos zeigen die Spuren der Macht im Gesicht von Angela Merkel. Unüblich in unseren Instagram-Zeiten: es gibt kein einziges Selfie mit der Fotografin. "Ich hatte nie das Bedürfnis", erklärt Koelbl. "Ich kam nicht mal auf die Idee, mich jedes Mal mit Frau Merkel zu fotografieren, also ein Selfie zu machen. Für mich war entscheidend, dass ich Angela Merkel immer getroffen und fotografiert habe, dass wir gesprochen haben. Das waren die großen Momente. Die Begegnung war mir wichtig."

30 gemeinsame Jahre. Ja, Herlinde Koelbl vermisst den jährlichen Termin bei Angela Merkel. "Es ist etwas vollendet, so würde ich es sagen. Es ist etwas Großes und Schönes vollendet – und das ist ein gutes Gefühl."

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.04.2022, 15:35 Uhr

Beitrag von Maria Ossowski

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