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Quelle: imago images/Roland Owsnitzki

#musikistkeinhobby | Rapperin Nashi44

"Ich bin nicht Deine Lingling und auch nicht Deine Geisha"

Die Rapperin Nashi44 ist in Neukölln aufgewachsen, ihre Texte sind derbe, um gegen Rassismus und Sexismus anzusingen. Ihre Antwort auf die Frage "Woher kommst du" ist "aus der Pussy meiner Mutter". Ein Gesprächsprotokoll.

In der neuen rbb|24-Reihe #musikistkeinhobby treffen Hendrik Schröder und Christoph Schrag jede Woche Musiker:innen aus der Region, die gerade auf dem Sprung nach oben sind - und ihre ganz besondere Message und Geschichte erzählen.

Die viet-deutsche Rapperin Nashi44 aus Neukölln mischt mit Songs wie "Aus der Pussy" (2021) oder "magic clit" (2021) gerade die Hip Hop Szene auf. Ihr Stil ist provokativ. Ihre Texte sind derbe. Aber klug und hochpolitisch.

"Ich bin in Berlin Neukölln aufgewachsen, direkt mit Hip Hop und mit RnB, Aggro Berlin auf dem Schulhof und sowas. Ich wusste da schon ganz früh, dass ich später mal Musik machen und Texte schreiben will.

Ich hab' dann aber erst mal Jazz gemacht, weil ich dachte, ich muss einfach noch mehr über Musik wissen. Ich bin nach Leipzig gegangen, um Jazz zu studieren, weil ich einfach eine richtige musikalische Ausbildung haben wollte. Nach zwei Jahren hab ich das abgebrochen, es war zu verschult.

In dieser Zeit war ich auch so viel mit Rassismus und Sexismus konfrontiert, dass ich gemerkt habe, mit Rap kann ich mich, was die Themen angeht, einfach besser ausdrücken. Asian Berlin Pussy Power nenne ich den Style. Ich habe bewusst das Mittel der Übertreibung gewählt. In den Texten, in den Videos, weil ich das Gefühl habe, mit nur seicht dran vorbeireden, erreicht man niemanden. Ich spreche nämlich immer wieder mit Leuten, die einem das Gefühl geben: 'Ach komm, so schlimm ist das doch gar nicht mehr, wir leben doch jetzt in einer bunten Welt.'"

Die Autoren

Keine Projektionsfläche für Phantasien der anderen

"Was mir aber eben oft begegnet ist, dass die asiatisch gelesene Frau nur für Sex da ist. Und dann auch nur für Sex, der dem Mann gefällt. Du wirst halt objektifiziert und hypersexualisiert. Das begegnet mir oft im Alltag, dass ich nicht mehr als Mensch wahrgenommen werde, sondern Du bist dann eine Projektionsfläche für die Phantasien der anderen. Das passiert mir etwa, dass ich auf Tinder unterwegs bin und du kriegst da Sprüche, wo Typen gleich schreiben: Du siehst ja aus wie eine super schüchterne Asiatin. Oder wie eine total heiße Latina.

Und ich denke dann: Bin ich auch noch ein Mensch oder nur das? Deswegen greife ich das in meinen Songs auf. Bei "suck on my spring roll" singe ich: "Ob in Dessau oder Atlanta, ihr zeigt keinen Respekt vor unseren Schwestern. Ich bin nicht Deine Lingling und auch nicht Deine Geisha, ich bin nicht da für Dein white male pleasure". Wir wachsen nun mal alle in einem rassistischen und sexistischen System auf, aber ändern können wir das nur, wenn wir das alle auch verstehen und deswegen machen ich das so."

Krasse Sprache, klare Message

"Mir passiert das immer noch, dass Leute mich mitten in Berlin auf Englisch ansprechen, weil sie denken, dass ich kein Deutsch kann. Oder ich im Club ständig gefragt werde, wo ich herkomme.

Darum geht es auch auf meinem Track "aus der Pussy". Weil ich dann antworte: Ich komm' aus der Pussy meiner Mutter. Klar ist das krasse Sprache und natürlich rede ich im wahren Leben nicht ständig so.

Nashi44 ist trotzdem keine Kunstfigur, sondern einfach ein Teil von mir, mit dem ich die Themen ansprechen kann und die mich beschäftigen. Mit dem Thema Rassismus und Sexismus gegenüber asiatischen Menschen und anderen Minderheiten, hatte ich mich schon länger auseinandergesetzt. In Leipzig sind dann aber echt Extreme aufeinandergetroffen. Ich wurde da auf der Straße angemacht, sogar an der Hochschule gab es solche Situationen."

Musikalisches Zuhause für alle, denen es auch so geht

"Meine erste EP "Asia Box" ist jetzt draußen und soll auf jeden Fall ein Beitrag sein dazu, anti-asiatischen Rassismus erst mal anzuerkennen und darüber zu reden, dass es den einfach gibt. Und auch den Schmerz darüber abzubauen. Das soll schon auch ein musikalisches Zuhause sein für andere Menschen, die asiatisch gelesen werden und in Deutschland wohnen. Ich kriege das auch als Feedback ganz oft auf Konzerten, dass Leute sagen, es ist so toll, dass Du darüber sprichst."

Gesprächsprotokoll: Hendrik Schröder und Christoph Schrag.

Bislang sind diese Gespräche mit diesen Künstler:innen geplant:

Haxan

Donata

McLuvin

Sable

Selina Bostic

Wenn ihr/Sie weitere Vorschläge habt/en, gerne hier in die Kommentare posten.

Beitrag von Hendrik Schröder und Christoph Schrag

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