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Video: rbb24 | 21.03.2021 | Material: Abendschau, Berliner Philharmoniker | Quelle: Berliner Philharmoniker/Stephan Rabold

Konzert der Berliner Philharmoniker vor Publikum

“Die Welt schaut heute auf Berlin“

Welch ein denkwürdiger Abend: Die Berliner Philharmoniker haben ihr erstes Live-Konzert seit langer Zeit gespielt - vor Publikum. Maria Ossowski hat ein perfekt organisiertes Pilotprojekt miterlebt, bei dem unter den 1.000 Gästen Gänsehaut garantiert war.

"Ach", ruft die Hornistin Sarah Willis im Foyer zwischen den Teststationen, "es ist so wunderbar, dass Ihr endlich alle wieder da seid". Die Berliner Philharmoniker und ihr Publikum, sie kommen zusammen, weil allein im Kammermusiksaal der Philharmonie 45 medizinische Fachkräfte, davon drei Ärzt*innen der Charité, knapp die Hälfte der 1.000 Besucher*innen in 90 Minuten testet. Die anderen 520 Klassikfans haben sich in weiteren Test-Stationen der Stadt ihre Ergebnisse geholt.

Test-Check-In am Eingang zur Philharmonie | Quelle: Berliner Philharmoniker/Stephan Rabold

Alle Testergebnisse negativ

Alles funktioniert perfekt. Jede und jeder hatte nach 20 Minuten das Testergebnis auf dem Smartphone. Es gab in der Philharmonie nicht einen einzigen positiven Covid-19-Test. Pünktlich um 19 Uhr tritt die Intendantin Andrea Zietzschmann auf die Bühne, sie bedankt sich, und sie weiß, es geht um sehr viel: "Fast die ganze Welt schaut heute auf Berlin, aus der Kultur, aus dem Sport, um zu sehen, wie die Abläufe sind."

Während nahezu überall in Europa und den USA die Theater, Konzertsäle und Opern geschlossen sind, schafft es Berlin, der besonders gebeutelten Kulturszene eine Perspektive zu ermöglichen. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat den Kulturinstitutionen die Chance gegeben, den halben Saal zu füllen. Unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen und in Zusammenarbeit mit Charité Wissenschaftler*innen: "Es sind doch diese Räume mit gut funktionierenden Hygienemaßnahmen und Lüftungskonzepten, wo soll man, wenn nicht hier, dies mal ausprobieren?", so Lederer.

"Es war ein Himmelsgeschenk"

Als Chefdirigent Kirill Petrenko den Taktstock hebt, herrscht eine fast heilige Stille. Die Glücksgefühle, Teil des ersten Konzertes seit so langer Zeit zu sein, erfüllen den Saal. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist ebenso ergriffen wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) - und wie jede Zuhörerin, wie jeder Besucher.

Nach 75 Minuten ohne Pause endet Sergej Rachmaninows Zweite Sinfonie in einem Rausch aus Klang und Jubel. "Das war absolut der Hammer, es war so genial, Kirill Petrenko ist auf seinem Podest herumgesprungen, es war toll. Ein fantastischer Tschaikowski und ein unglaublicher Rachmaninow", schwärmt eine Besucherin. "Es war ein Himmelsgeschenk. Ich hoffe nur, dass wir das wieder drei Mal in der Woche machen können", so Kunstmäzen Peter Raue.

Hoffnung auf ein Signal an die Kultur

Auch die Musikerin Madeleine Caruzzo, sie spielt bei den ersten Geigen, steht beseelt nach dem Konzert vor der Philharmonie: "Es war was ganz Besonderes, nach über einem Jahr mit halbgefülltem Saal, großartig. Das Publikum war unglaublich still, alles war gespannt, einfach schön, so sollte es sein."

Ein absolut perfekt organisierter Test-Abend in der Berliner Philharmonie, ein traumhaft schönes Konzert, endlich wieder Musik live. Möge dieses Signal aus Berlin die Kulturschaffenden und die Kulturliebenden weltweit ermutigen.

Sendung: Inforadio, 21.03.2021, 8:11 Uhr

Beitrag von Maria Ossowski

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