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20 Jahre Wikipedia

Das Mehr-Augen-Prinzip hat sich etabliert

Vor 20 Jahren wurde die Online-Enzyklopädie Wikipedia aus der Taufe gehoben. Für die einen ist sie modernes Mittel der Volksaufklärung, andere kritisieren Manipulation. Eins ist Wikipedia aber auf jeden Fall: nicht mehr wegzudenken. Von Stefan Oszváth

Iva aus Berlin schreibt, prüft, verbessert und ergänzt Wikipedia-Artikel. Mittlerweile ist sie schon zehn Jahre dabei. "Anfangs wollte ich einfach was zurückgeben von dem, was ich von Wikipedia habe", erzählt sie. Inzwischen bringe sie zehn bis 15 Stunden pro Woche mit diesem Hobby zu. Ivas Fokus sind Frauenthemen: "Ich habe mir vor einigen Jahren zur Aufgabe gemacht, die Artikel zu sichten, die entweder von Teilnehmerinnen der Gruppe sind, oder Artikel, die über Frauen geschrieben wurden."

Iva ist eine von 18.650 Aktiven bei der Wissensplattform im deutschsprachigen Raum. Die meisten Ehrenamtlichen sind Männer mit beachtlichem Output. Allein im deutschsprachigen Wikipedia gibt es bereits 2,5 Millionen Artikel. Wikipedia ist ein modernes Mittel der Volksaufklärung, sagt der Kommunikationswissenschaftler Rudolf Stöber. "Es gibt eine Reihe von Besonderheiten. Die Wichtigste: Jeder kann mitmachen. Die zweite: Das Lexikon ist für alle Nutzer frei zugänglich. Eine dritte ist: Im Unterschied zu vielen anderen Lexika sieht man, welche Dinge überarbeitet wurden, und von wem."

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Mehr-Augen-Prinzip hat sich etabliert

Im Wissensvergleich mit etablierten Lexika schneidet Wikipedia regelmäßig gut ab. Das liege auch am sogenannten Crowd-Reviewing, meint Stöbers Kollege Patrick Franke, ein Islamwissenschaftler. Das Mehr-Augen-Prinzip habe sich mittlerweile auch in der Wissenschaft etabliert. Die Originalquellen könnten schließlich auf Wikipedia durch die Link-Verweise überprüft werden. Franke wünscht sich aber mehr Engagement auch von Wissenschaftlern; er selbst hat auf Wikipedia eine Islam-Enzyklopädie aufgebaut.

Manchmal wird auch manipuliert

Immer wieder gibt es aber auch Kritik an Wikipedia. Der Investigativ-Journalist Marvin Oppong hat das in einer Studie für die Otto-Brenner-Stiftung 2014 dokumentiert. Es gebe zwar inzwischen in der deutschsprachigen Wikipedia sogenannte benutzerverifizierte Accounts, sagt Oppong. Da könne man sich über eine E-Mail-Adresse verifizieren lassen und dann sei für jedermann erkennbar, dass es sich beispielsweise um einen Unternehmens-Account handele. "Doch ich konnte vor einiger Zeit herausfinden, dass selbst mit diesen benutzerverifizierten Accounts Schindluder getrieben wird und damit eben auch manipuliert wird", so der Journalist.

Wegen der versteckten PR ist Wikipedia letztes Jahr vom deutschen Rat für Public Relations gerügt worden. Mittlerweile muss bezahltes Schreiben auf Wikipedia offengelegt werden, sagt der Bamberger Islamexperte Franke.

Wikipedia gehört zum Schulalltag

Für die Berliner Lehrerin Elisabeth Kraft gehört Wikipedia derweil zum Schulalltag dazu. Lehrer und Schüler würden Wikipedia gleichermaßen häufig nutzen, um sich einen Überblick über ein Thema zu verschaffen, sagt Kraft. Sie betont aber auch: "Was wir aber nicht gestatten es, wenn Wikipedia die einzige Quelle ist."

Mittlerweile gibt es das Online-Lexikon in 300 Sprachen. Die größte Nutzer- und Autorengruppe ist die Englischsprachige. Wikipedia finanziert sich über Spenden - Träger ist eine Stiftung in den USA.

Beitrag von Stefan Oszváth

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