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Quelle: imago images/Stefan Zeitz

Während des Neun-Euro-Tickets in Berlin

Kontrolleure ertappen deutlich weniger Fahrgäste ohne Ticket

Das günstige Neun-Euro-Ticket hat im Sommer die Zahl der Passagiere ohne Fahrschein drastisch nach unten schnellen lassen. Das geht aus Zahlen der S-Bahn und BVG hervor, die dem rbb vorliegen.

Mit dem Neun-Euro-Ticket ist im Sommer die Zahl der Menschen, die ohne Fahrschein in Bussen und Bahnen erwischt wurden, deutlich gesunken. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage des Berliner Linken-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor, die dem rbb vorliegt.

Demnach wurden im Juni, Juli und August insgesamt 8.856 Menschen ohne Fahrschein in S-Bahnen erwischt, 19.140 in Bussen, Trams und U-Bahnen der BVG. Im gleichen Zeitraum 2021 waren es fast 70.000 Menschen ohne Fahrschein bei der S-Bahn und rund 74.000 bei der BVG. Damit bestätigte sich letztlich eine Tendenz, die sich schon während des ersten Monats des Neun-Euro-Tickets angedeutet hatte.

Nach Angaben von S-Bahn und BVG wurden von Juni bis einschließlich August 2,5 Millionen Fahrkarten-Kontrollen durchgeführt. Wie oft im gleichen Zeitraum des Vorjahres kontrolliert wurde, dazu konnten S-Bahn und BVG auf rbb-Nachfrage keine konkreten Angaben machen. Für das gesamte Jahr 2021 nannte die S-Bahn Berlin 9,3 Millionen Kontrollen, die BVG knapp 6,9 Millionen.

Nachfolge für Neun-Euro-Ticket

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Schlüsselburg erneuert Forderung nach Straf-Reform

Damit sei das Neun-Euro-Ticket nicht nur eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger gewesen, sagte Schlüsselburg dem rbb. "Es war auch ein rechtspolitischer Erfolg, weil die Quote der Menschen ohne Fahrschein auf ein absolutes Rekordtief gefallen ist." Die Justiz und auch die Steuerzahler würden entlastet, da nun weniger Menschen eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müssten, weil sie das Bußgeld nicht bezahlen wollen oder können. Schlüsselburg forderte erneut, dass das Fahren ohne Fahrschein nicht länger als Straftat behandelt wird.

Das Neun-Euro-Ticket haben S-Bahn und BVG zwischen 21. Mai und 31. August insgesamt 4,5 Millionen Mal verkauft. Inklusive der Firmentickets bekam die BVG laut eigenen Angaben seit Juni rund 10.000 neue Abo-Kunden dazu, bei der S-Bahn wurden rund 7.500 neue Abonnementverträge verkauft.

Reform der Ersatzfreiheitsstrafe

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Allein in Berlin sind über 360 Menschen in Haft wegen einer Geldstrafe, die sie nicht bezahlt haben. Doch die Ersatzfreiheitsstrafe soll bundesweit reformiert werden. Wie das geschehen soll, dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Von Carla Spangenberg

Ampel-Koalition will Hafttage halbieren

Die Linken fordern schon länger, dass Fahren ohne Ticket entkriminalisiert wird. Aus ihrer Sicht ist die Ersatzfreiheitsstrafe bei nicht bezahlten ÖPNV-Tickets nicht angemessen, trifft vor allem sozial benachteiligte Menschen und ist außerdem zu teuer. Laut Justizverwaltung kostete ein Häftling das Land Berlin im Jahr 2021 durchschnittlich 216 Euro am Tag. Die Länder Berlin und Bremen waren zuletzt allerdings auf Bundesebene mit dem Vorstoß gescheitert, das Fahren ohne Ticket zu entkriminalisieren.

Pläne des Bundesjustizministers Marco Buschmann (FDP) sehen bislang lediglich vor, die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafen zu halbieren [tagesschau.de]. Ein Hafttag soll künftig zwei Tagessätze abgelten statt wie bisher nur einen, wie aus dem im Juli vorgelegten Referentenentwurf des Justizministeriums hervorgeht. Statt kurzer Haftstrafen "bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe" will die Bundesregierung stärker auf gemeinnützige Arbeit als Strafe setzen. Über den Entwurf müssen das Kabinett, der Bundestag und der Bundesrat abstimmen. Wann dies der Fall sein wird, ist noch unklar.

Sendung: rbb24 Abendschau, 22. September 2022, 19:30 Uhr

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