Jeder kennt den alten Spruch von der so umfassenden Gesundmachung durch täglich mindestens einen Apfel. Doch täglich einen "Jonagold" - wer will das schon. In Müncheberg pflegt eine kleine Anstalt ein großes Apfelerbe.
24 kleine Geschichten über die großen Errungenschaften und kleinen Niederlagen der Brandenburger und Berliner in Sachen "Essen und Trinken". Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.
Etwa Ende April, wenn draußen schon wieder alles schön grün wird, aber noch keine Früchte reif sind, dann ist die Zeit der schrumpeligen Äpfel aus den dunklen Regalen. In diesen ersten Frühlingsmonaten verspricht erst der Rhabarber wieder frische Vitamine, doch bis der Rhabarber irgendwann Ende April oder im Mai so weit ist, bleiben den Anhängern der lokalen Frische nur die Kistenäppel aus dem Keller.
Zwar sind die obstlosen Frühjahre längst Vergangenheit, denn es gibt günstiges Import- und Gewächshausobst. Damit aber künftig weniger auf diese Gewächshausfrüchte und das Obst aus Übersee zurückgegriffen wird, und natürlich auch, um landwirtschaftliche Erkenntnisse weiter zu entwickeln und deren Erhalt zu pflegen, gibt es in Brandenburg die Obstbauversuchsanstalt Müncheberg (Märkisch-Oderland). Die Einrichtung ist eine Art Geschmacks- und Züchtungsinterventions-Trupp und soll beim Erhalt alter Arten helfen, hauptsächlich Äpfel, aber auch Birnen, Pfirsiche und Co.
Auf 30 Hektar ist Historisches untergebracht
Bereits 90 Jahre existiert die Anstalt bei Müncheberg. Hier wird nicht einfach nur geforscht oder experimentiert, sondern auch schlicht angebaut und geerntet. Die Anstalt hat schwere Jahre der Unsicherheit hinter sich. In diesem Frühjahr nun sagte Brandenburgs Landwirtschaftsministerium endlich zu, die Obstbaum-Arche in die Gartenbau-Lehranstalt Großbeeren zu integrieren und sie damit zu retten. Die Anstalt bleibt.
Zu der heutigen Sammlung auf dem rund 30 Hektar großen Gelände gehören rund 1.000 Sorten auf 4.000 Einzelbäumen. Der Schnitt und die Ernte ist Teil der Pflege des deutschen Obstbestandes, denn Müncheberg ist auch Mitglied der "Deutschen Genbank Obst". Eine Obstschatzkammer.
"Golden Delicious", "Red Delicious" oder "Jonagold" kennt jeder, dann sind da noch "Gala", "Granny Smith", "Elstar", "Cox Orange" und natürlich "Boskop". Die gibt's bei Aldi, Penny und natürlich auch im Metropolen-Biomarkt. Müncheberg und ein paar, von Enthusiasten betriebene Obstplantagen in Brandenburg haben auch den "Ruhm der Welt" oder den "Pommerschen Krummstil", und damit Sorten, die auch in anderen bundesdeutschen Obstbau-Instituten - etwa am Bodensee - nicht zu finden sind.
Minerale aus dem Keller
Einige der in der Anstalt gesicherten Apfelsorten sind dabei so alt, dass die Wissenschaftler annehmen, dass sie der kleinen Eiszeit zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert getrotzt haben. Und genau das Wissen darüber, was sie ertüchtigte, die harten Jahrhunderte zu überleben, könnte nun auch helfen, neue Obstbäume zu züchten, die diesen oder ähnlichen Wetterextremen ausgesetzt sind.
Eisen, Kalium, Magnesium, Kalzium und natürlich Vitamine wie A, B1, B2, B6, C und E machen den Apfel zum (Fast)-Ganzjahres-Vitamin- und Mineralprotz unter den Obsten. Kohlenhydrate, sogar ein paar Fette und Proteine birgt dieser Tausendsassa auch, und er tut es selbst dann noch, wenn er in seiner ganzen Schrumpeligkeit nach Monaten der Kellerung auf den Tisch kommt.