Mit "Oh - es riecht gut, oh - es riecht fein" startet ein Kinderlied übers Weihnachtsbacken. Auch wer nicht backt, hat in Berlin viele Gelegenheiten, lokales Zuckerzeug zu erstehen. In Reinickendorf zum Beispiel kommt die Süßigkeit aus dem Kupferkessel und hat handgetupfte Augen.
24 kleine Geschichten über die großen Errungenschaften und kleinen Niederlagen der Brandenburger und Berliner in Sachen "Essen und Trinken". Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.
Die mittelgroße Stiefel-Ladung Süßigkeiten vom Nikolausi ist schon lange alle, und von dem so sehnsüchtig am Heiligen Abend erwarteten Bunten Teller ist am Horizont noch nicht einmal das kleinste Papp-Eckchen zu erahnen. Natürlich ist eigentlich noch Fastenzeit, doch wer hält sich da schon dran und Zucker ist auch in der Fastenzeit erlaubt. Entsprechend prominent lauern in der Vorweihnachtszeit tagtäglich und ununterbrochen an allen Discounterecken Lebkuchen und Krokant und Schokolade auf unterzuckerte Berliner.
Quelle: Aseli Trade GmbH
Plätzchen nach Omas Rezept
Doch die besseren Alternativen zu den Süßigkeiten im Verkaufsregal kommen natürlich aus dem heimischen Backofen, werden zubereitet anhand der vergilbten Rezeptzettel von der Oma und tragen appetitliche Namen wie Mokkabaisers und Nusstaler, Marzipanhörnchen oder Mandelplätzchen, Schwarz-Weiß-Sterne, Honig-Nuss-Tasche, Wallnusstaler oder Toffeewürfel. Das Nudelholz und die Rührmaschine sind an den Advents- und Voradventswochenenden im Dauereinsatz und die gefüllten und mit Brotpapier ausgelegten Schuhkartons werden zu Schatztruhen mit Backjuwelen.
Zu keiner anderen Jahreszeit haben Berlins Konditoreien eine derartig süße Konkurrenz wie zur Weihnachtszeit: Jeder Hausbackofen wird zur Zuckerfabrik. Ärzte, Friseure und Physiopraxen bekommen von ihren Kunden und Patienten bunt verpackte Backpakete und für den Handwerker liegt neben dem obligatorischen Kaffee auch noch ein Fruchtiger Johannistaler. Keiner in Berlin braucht den Dresdner Christstollen (der auch noch Striezel heißt) oder gar das Schmalzgebäck von noch weiter weg. Denn der Adventskeks ist ein Berliner.
Kohlehydrate aus Reinickendorf
Wer nicht ganz so versiert ist beim Teig anrühren oder wer einfach keine Zeit oder keine Oma oder keine keksverliebten Nachbarn hat, kann natürlich politisch korrekt auch zu den Süßprodukten der lokalen oder semi-lokalen Hersteller greifen. Da ist das Storck-Werk in Reinickendorf, Bahlsen in Tempelhof oder Stollwerck in Marienfelde. Und die Leute mit den lockeren Scheinen holen sich bei Schoko-Rausch die Schmuckdose "Weihnachtsbaum".
Und dann ist da noch eine Köstlichkeit, die besonders nach Berlin schmeckt und auch in der Stadt zusammengerührt und zubereitet wird: mit Reinickendorfer Kohlehydraten gegen den Winterblues - die Aseli-Schaumbären. Die Schaumtiere sind eine Art Gegenentwurf zum legoartigen Großaufgebot des deutschen Gummitiergiganten: handgerührt, handgebacken und handbemalt und genau das Richtige für die Zeit vor den großen Kalorienbomben an den Feiertagen. Das kleine Aseli-Firmengrundstück liegt im Westberliner Norden am toten Ende einer abgeschnittenen Straße zwischen Reinickendorf und Pankow: eine Art geheime Manufaktur für weiches Zuckerzeug. Und wer das Berliner Christkind sucht, würde es genau hier versteckt vermuten.
Weiche Körperteile und mehr
Der "Schaumzucker" von Aseli hat ganz genau wie "Gummibär" drei Silben und noch ein paar andere Ähnlichkeiten, aber es handelt sich hier eben um Schaumzucker und nicht um ein Gummitier. 50.000 kleine und große und ganz verschiedene Stückchen pro Tag produziert das Familienunternehmen, das zu Beginn der 20er Jahre seine Produktion hier aufnahm und seitdem im Familienbesitz seine Zuckerteilchen vertreibt. Die Zutaten sind Zucker, Gelatine und Wasser und die Zubereitung erfolgt auf Blechen - eben wie bei Omas Plätzchen.
Die Figuren kommen als Bären, Mäuse oder Mäuschen, Cosmonauten mit C, Katzen, Delfine, Elefanten, Schweine oder Körperteile und - ja auch - als Bären daher, und auf besonderen Wunsch können von Kunden ganz eigene Formen kreiert und bestellt werden. Einen Schaum-Cosmonauten mit C aus Reinickendorf als Weihnachtsmann - mehr Berlin geht nicht.