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Video: rbb24 Spät | 19.09.2022 | D. Azzam und I. Wußmann | Quelle: dpa

Protestaktion

Aktivisten blockieren Kraftwerk Jänschwalde - alle vier Blöcke wieder in Betrieb

Immer wieder ist das Kohlekraftwerk Jänschwalde Ziel von Protestaktionen - am Montag laut Betreiber Leag mit unmittelbaren Auswirkungen: Die Hälfte des Kraftwerks war außer Betrieb. Die Polizei hat die besetzten Bereiche geräumt.

Im Kraftwerk Jänschwalde (Spree-Neiße) sind nach einer Protestaktion am Montag wieder alle vier Blöcke am Netz. Das sagte Kraftwerksleiter Andreas Thiem am frühen Nachmittag dem rbb. "Wir sind dabei, die Mindestlast wieder anzufahren."

Klima-Aktivisten waren am frühen Montagmorgen auf das Gelände des Kohlekraftwerks eingedrungen und hatten Schienen, Gleisanlagen und Förderbänder besetzt. Der Betreiber des Kraftwerks, das Energieunternehmen Leag, bezeichnete den Vorfall als "Angriff auf die Versorgungssicherheit". Zwei der vier aktiven Blöcke waren aus Sicherheitsgründen zwischenzeitlich komplett vom Netz genommen worden, ein Gigawatt stand damit nicht zur Verfügung, sagte ein Sprecher.

Quelle: rbb/Wussmann

"Wir mussten zum Teil Öl verfeuern"

Von einer "sehr haarigen Situation" sprach Blockleiterin Iris Böhm. "Kohlekraftwerke funktionieren mit Kohle und diese Zufuhr wurde gestoppt." Danach gebe es nur eine gewisse Zeit, in der das Kraftwerk "am Leben erhalten" werden kann, so Böhm. "Wir mussten zum Teil auch Öl verfeuern, was im Normalbetrieb eigentlich gar nicht vonstatten geht. Das ist eigentlich die größte Sauerei, dass wir wegen so einer Aktion Ressourcen verschwenden. Das kotzt einen an."

Die Polizei hatte am Vormittag begonnen, besetzte Bereiche zu räumen. Rund 20 Personen wurden in Gewahrsam genommen, teilte ein Polizeisprecher mit. Die Polizei habe die Aktivisten in drei verschiedenen Bereichen von den Gleisen- und Förderanlagen gelöst. "Klar ist, es handelt sich um eine Straftat", betonte der Sprecher weiter. Ermittelt werde wegen Störung öffentlicher Betriebe und Hausfriedensbruch.

Protest gegen Tagebaubetrieb

Von den Protesten war unter anderem der sogenannte Grabenbunker betroffen, sagte ein Leag-Sprecher dem rbb. Das ist der Ort, an dem die Kohle von den Zügen entladen wird. In den Tagebau sind die Demonstranten laut Polizei nicht eingedrungen. Die Polizei ist mit mehreren Einsatzzügen vor Ort - auch mit Kräften, die speziell für Aktionen ausgebildet sind, bei denen sich Menschen an Gleisen festketten, sagte ein Polizeisprecher dem rbb.

Nach Angaben der Aktivisten hätten sie sich auch an Förderbändern festgekettet. Die Rede ist von 20 bis 40 Personen. Ziel sei es, gegen den Weiterbetrieb des Tagebaus und die Folgen der Braunkohle-Verstromung zu protestieren, hieß es in einer Mitteilung der Aktionsgruppe "Unfreiwillige Feuerwehr", die bisher noch nicht in Erscheinung getreten ist.

"Der trockene Sommer 2022 verdeutlicht wieder einmal: Die Klimakrise, in der wir uns zur Zeit befinden, ist bedrohlich und fordert ein massives Umdenken und einen radikalen Wandel in vielen Lebensbereichen", wird eine Aktions-Teilnehmerin in einer Mail zitiert, die von der Aktionsgruppe "Ende Gelände" verbreitet wurde. Jänschwalde sei symptomatisch für eine "verschleppte Energiewende und kapitalistische Verwertungslogik", wird darin eine andere Teilnehmerin zitiert. "Der russische Angriffskrieg darf nicht als Ausrede genutzt werden um weiterhin an zerstörerischem fossilen Gas und Kohle festzuhalten", heißt es weiter.

Innenminister fordert empfindliche Strafen

Kritik an der Aktion kam am Montag vom Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU). Er verurteile den "Sabotageakt in Jänschwalde" und sei besorgt, weil Attacken zunehmen würden. "Unter dem Deckmantel des Protests gegen die Klimapolitik haben sogenannte Aktivisten versucht, Ölleitungen der Raffinerie in Schwedt zu manipulieren und den Straßenverkehr mit Klebeaktion zu blockieren", heißt es in einer Mitteilung des Innenministeriums.

Stübgen forderte "empfindliche Strafen" für die Täter. "Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Das gilt auch beim Klima", wird der Innenminister in der Mitteilung zitiert. "Wer Ölleitungen sabotiert, provoziert Umweltkatastrophen, wer sich auf Autobahnen klebt, riskiert schwere Verkehrsunfälle und wer Kraftwerke lahmlegt, spielt mit der Strom- und Wärmeversorgung von Krankenhäusern, Schulen und tausenden Haushalten." Wer für seine Weltanschauung absichtlich andere in Gefahr bringe, sei kein Aktivist, sondern ein Verbrecher, so Stübgen weiter.

Energiekrise

Woidke kündigt ab Oktober mehr Kohlestrom aus der Lausitz an

Zwei Reserveblöcke sollen wieder hochgefahren werden

Zurzeit sind in dem Kraftwerk nördlich von Cottbus normalerweise vier von sechs Kraftwerksblöcke aktiv. Im Zuge der Energiekrise ist geplant, zwei Blöcke wieder hochzufahren, die im Moment in einer Sicherheitsbereitschaft sind. Sie sollen zum 1. Oktober wieder ans Netz gehen, um mehr Energiesicherheit zu haben. Weil sie aber die aktuellen Umweltvorgaben nicht mehr erfüllen, hatte der Energiekonzern Leag dafür eine Ausnahmegenehmigung beantragt.

Bis 16. September konnten Einsprüche gegen die Sondergenehmigung eingereicht werden. Nun prüft das Landesamt für Umwelt die Einwendungen und wird danach eine Entscheidung treffen. Diese stellt dann eine rechtliche Grundlage für das Hochfahren der Blöcke dar, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums dem rbb.

Sendung: rbb24 Spät, 19.09.2022, 21:45 Uhr

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