Protestaktion - Aktivisten blockieren Kraftwerk Jänschwalde - alle vier Blöcke wieder in Betrieb

Mo 19.09.22 | 14:30 Uhr
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Klimaaktivisten blockieren eine Gleisverbindung für den Transport von Braunkohle zum Kraftwerk Jänschwalde (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
dpa
Video: rbb24 Spät | 19.09.2022 | D. Azzam und I. Wußmann | Bild: dpa

Immer wieder ist das Kohlekraftwerk Jänschwalde Ziel von Protestaktionen - am Montag laut Betreiber Leag mit unmittelbaren Auswirkungen: Die Hälfte des Kraftwerks war außer Betrieb. Die Polizei hat die besetzten Bereiche geräumt.

Im Kraftwerk Jänschwalde (Spree-Neiße) sind nach einer Protestaktion am Montag wieder alle vier Blöcke am Netz. Das sagte Kraftwerksleiter Andreas Thiem am frühen Nachmittag dem rbb. "Wir sind dabei, die Mindestlast wieder anzufahren."

Klima-Aktivisten waren am frühen Montagmorgen auf das Gelände des Kohlekraftwerks eingedrungen und hatten Schienen, Gleisanlagen und Förderbänder besetzt. Der Betreiber des Kraftwerks, das Energieunternehmen Leag, bezeichnete den Vorfall als "Angriff auf die Versorgungssicherheit". Zwei der vier aktiven Blöcke waren aus Sicherheitsgründen zwischenzeitlich komplett vom Netz genommen worden, ein Gigawatt stand damit nicht zur Verfügung, sagte ein Sprecher.

Die Polizei führt an der Kohlebahn bei Bärenbrück einen Aktivisten ab (Foto: rbb/Wussmann)
| Bild: rbb/Wussmann

"Wir mussten zum Teil Öl verfeuern"

Von einer "sehr haarigen Situation" sprach Blockleiterin Iris Böhm. "Kohlekraftwerke funktionieren mit Kohle und diese Zufuhr wurde gestoppt." Danach gebe es nur eine gewisse Zeit, in der das Kraftwerk "am Leben erhalten" werden kann, so Böhm. "Wir mussten zum Teil auch Öl verfeuern, was im Normalbetrieb eigentlich gar nicht vonstatten geht. Das ist eigentlich die größte Sauerei, dass wir wegen so einer Aktion Ressourcen verschwenden. Das kotzt einen an."

Die Polizei hatte am Vormittag begonnen, besetzte Bereiche zu räumen. Rund 20 Personen wurden in Gewahrsam genommen, teilte ein Polizeisprecher mit. Die Polizei habe die Aktivisten in drei verschiedenen Bereichen von den Gleisen- und Förderanlagen gelöst. "Klar ist, es handelt sich um eine Straftat", betonte der Sprecher weiter. Ermittelt werde wegen Störung öffentlicher Betriebe und Hausfriedensbruch.

Protest gegen Tagebaubetrieb

Von den Protesten war unter anderem der sogenannte Grabenbunker betroffen, sagte ein Leag-Sprecher dem rbb. Das ist der Ort, an dem die Kohle von den Zügen entladen wird. In den Tagebau sind die Demonstranten laut Polizei nicht eingedrungen. Die Polizei ist mit mehreren Einsatzzügen vor Ort - auch mit Kräften, die speziell für Aktionen ausgebildet sind, bei denen sich Menschen an Gleisen festketten, sagte ein Polizeisprecher dem rbb.

Nach Angaben der Aktivisten hätten sie sich auch an Förderbändern festgekettet. Die Rede ist von 20 bis 40 Personen. Ziel sei es, gegen den Weiterbetrieb des Tagebaus und die Folgen der Braunkohle-Verstromung zu protestieren, hieß es in einer Mitteilung der Aktionsgruppe "Unfreiwillige Feuerwehr", die bisher noch nicht in Erscheinung getreten ist.

"Der trockene Sommer 2022 verdeutlicht wieder einmal: Die Klimakrise, in der wir uns zur Zeit befinden, ist bedrohlich und fordert ein massives Umdenken und einen radikalen Wandel in vielen Lebensbereichen", wird eine Aktions-Teilnehmerin in einer Mail zitiert, die von der Aktionsgruppe "Ende Gelände" verbreitet wurde. Jänschwalde sei symptomatisch für eine "verschleppte Energiewende und kapitalistische Verwertungslogik", wird darin eine andere Teilnehmerin zitiert. "Der russische Angriffskrieg darf nicht als Ausrede genutzt werden um weiterhin an zerstörerischem fossilen Gas und Kohle festzuhalten", heißt es weiter.

Innenminister fordert empfindliche Strafen

Kritik an der Aktion kam am Montag vom Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU). Er verurteile den "Sabotageakt in Jänschwalde" und sei besorgt, weil Attacken zunehmen würden. "Unter dem Deckmantel des Protests gegen die Klimapolitik haben sogenannte Aktivisten versucht, Ölleitungen der Raffinerie in Schwedt zu manipulieren und den Straßenverkehr mit Klebeaktion zu blockieren", heißt es in einer Mitteilung des Innenministeriums.

Stübgen forderte "empfindliche Strafen" für die Täter. "Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Das gilt auch beim Klima", wird der Innenminister in der Mitteilung zitiert. "Wer Ölleitungen sabotiert, provoziert Umweltkatastrophen, wer sich auf Autobahnen klebt, riskiert schwere Verkehrsunfälle und wer Kraftwerke lahmlegt, spielt mit der Strom- und Wärmeversorgung von Krankenhäusern, Schulen und tausenden Haushalten." Wer für seine Weltanschauung absichtlich andere in Gefahr bringe, sei kein Aktivist, sondern ein Verbrecher, so Stübgen weiter.

Zwei Reserveblöcke sollen wieder hochgefahren werden

Zurzeit sind in dem Kraftwerk nördlich von Cottbus normalerweise vier von sechs Kraftwerksblöcke aktiv. Im Zuge der Energiekrise ist geplant, zwei Blöcke wieder hochzufahren, die im Moment in einer Sicherheitsbereitschaft sind. Sie sollen zum 1. Oktober wieder ans Netz gehen, um mehr Energiesicherheit zu haben. Weil sie aber die aktuellen Umweltvorgaben nicht mehr erfüllen, hatte der Energiekonzern Leag dafür eine Ausnahmegenehmigung beantragt.

Bis 16. September konnten Einsprüche gegen die Sondergenehmigung eingereicht werden. Nun prüft das Landesamt für Umwelt die Einwendungen und wird danach eine Entscheidung treffen. Diese stellt dann eine rechtliche Grundlage für das Hochfahren der Blöcke dar, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums dem rbb.

Sendung: rbb24 Spät, 19.09.2022, 21:45 Uhr

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47 Kommentare

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  1. 47.

    Klimaaktivisten?
    Hier eine beschönigend verharmlosende Zuordnung.
    Ein Angriff auf die Versorgungssicherheit in derzeitiger Krise, da hört die Geduld des Staates mit vermeindlichen "Allesbesserwissern" auf.

  2. 46.

    Stimmt.
    Jetzt sind wir vom Wetter abhängig.
    Ist irgendwie viel besser, hm?
    Jetzt müsste die Energie, die man so umwandeln kann, nur noch für eine Industrienation reichen.

  3. 45.

    Wie man gerade jeden Tag sehen kann , sind die ,die am meisten Versagen,ausgerechnet die Grünen .
    Siehe Habeck+Baerbock ... mehr Versagen geht nicht .

  4. 44.

    Sie müssen ja ein sehr dickes Konto haben wenn Ihnen die steigenden Preise nichts ausmachen.
    Aber wenn Stromversorger den Supermärkten die Verträge Kündigen (Edeka im Bundesgebiet) was dann? Die Läden können dicht machen. Schon mal an Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen gedacht? Wenn die Ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können was dann? Wenn es keinen Diesel für LKWS gibt ? Nach Ihrer Meinung alles nicht so schlimm. Ist ja nur eine vorübergehende Krise.

  5. 43.

    Hören Sie doch endlich auf diese Personen als Aktivisten zu beschönigen. Ohne Rücksicht auf Verluste andere zu schädigen ist Terror.
    Vielleicht sollten sie in der Zeit besser arbeiten, zur Schule GEHEN und etwas für die Gesellschaft und Zukunft LEISTEN.

  6. 42.

    Hier dürfte es hauptsächlich darum gehen der Regierung Beine zu machen.
    "Klima hin oder her" zeigt doch nur das Sie den Ernst der Lage auch nicht verstehen wollen.
    Wenn jetzt verständlicherweise mehr Kohle ran muss ist die Regierung auch in der Pflicht zu sagen das vor 2030 Schluss mit Kohle sein wird.

  7. 41.

    Hallo, Bernhard (10),
    Und warum befindet sich Deutschland in der größten Energiekrise seit dem 2. WK? Weil die Politik seit Jahrzehnten auf der ganzen Linie versagt hat! Statt nur zu meckern, sollten Sie sich lieber fragen, wie lange das noch so weitergehen soll, hinterfragen und sich politisch ebenfalls engagieren. Sie gehören offensichtlich auch zu denjenigen, die meinen, Strom kommt aus der Steckdose, egal woher, Hauptsache billig. Die Umwelt ist mir doch Sch...egal. Oder habe ich Sie etwa falsch verstanden?

  8. 40.

    Das ist ganz einfach weiter Kohle entladen Foderbänder weiter laufen lassen. Ich frage mich wieso man auf solche Chaoten Rücksicht nehmen muss. Wieso macht man es nicht wie in Frankreich mit harter Hand gegen solche Chaoten vorgehen aber in diesem Staat werden sie ja noch hofiert unfassbar Deutschland was ist aus Dir geworden nicht mehr mein Deutschland was ich mir in meiner Jugend erträumt habe. Jagd dieses Volk arbeiten dann tun sie was nützliches für die Gesellschaft.

  9. 39.

    Die s.g. Liberalisierung des Energiemarktes hat dazu geführt, dass Abzocker den Strommarkt und damit die Bürger und die Wirtschaft ausplündern. In Ländern mit staatlichem Energiesektor waren die Preise nur halb so hoch wie in Deutschland. Die Zocker an den Terminbörsen treiben nun die Preise in ungeahnte Höhen. Die Politiker mit Anteilen am Energiemarkt werden nichts gegen den Höhenflug tun, denn sie verdienen daran.

  10. 38.

    Bitte nicht Aktivisten nennen.Das ist bei solchen Typen eine Beleidigung Unter Aktivisten Stelle ich mir Menschen vor,die auf der Grundlage unserer Demokratie deutlich zivilisierte Proteste Sollen die doch eine Partei Gründen.

  11. 36.

    Na das löst man doch recht einfach,
    20-40 Personen, Adressen aufnehmen. Frage an jede Person: "Sie wollen keinen Strom aus Strommix der bezahlbar ist?"
    Bei entsprechender Antwort wird der Person sofort der Strom daheim abgeklemmt. So einfach geht eine schnelle Reaktion auf "friedlichen" Protest.
    So einfach geht das.
    Schönen Tag noch.
    Ja wir müssen auch an die Zukunft denken aber jetzt sollten alle mal daran denken das wir in Zukunft noch da sind um an die Zukunft zu denken.

  12. 35.

    Ich bin zwiegespalten: Einerseits finde ich die Art und Weise, WIE gegen Kohle und AKWs demonstriert wird, nicht zielführend, anderseits verstehe ich die junge Generation durchaus. Seit Jahrzehnten wird darüber in der Politik diskutiert, endlich erneuerbare Energien zur Versorgung der Bevölkerung voranzutreiben. Passiert ist seither NICHTS! Es wird nur geredet. Selbst die GRÜNEN weichen von ihrem Kurs und Idealen ab, anstatt die Demonstranten zu unterstützen und somit in der Regierung endlich Zeichen zu setzen. Die Umwelt ist im Ar...und es wird nicht besser. Mein Vorschlag wäre, nicht nur 20-40 Menschen zu mobilisieren sondern mit Tausenden vor dem Sitz der Bundesregierung zu demonstrieren, tagelang, immer wieder, bis sich endlich etwas bewegt. Wenn sogar jetzt die Grünen dafür sind, AKWs und Kohle weiterhin zu nutzen, dann gute Nacht Marie. Diejenigen, die hier meckern, statt den Ernst der Lage zu erkennen, haben es immer noch nicht kapiert!

  13. 33.

    Mit Gewald alles Durch zu setzen hilft niemand, die Aktivisten sollten lieber Arbeiten gehen, als ständig Hausfriedensbruch zu begehen.

  14. 32.

    Es handelt sich um schweren Landfriedensbruch, aburteilen und ab un den Knast

  15. 31.

    Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und das in der Vergangenheit installierte Marktdesign sind relevante Ursachen für die Preisentwicklung. Wenn man sich dieses vor Augen führt, können die Sympathien nur steigen.

  16. 30.

    Bedaure, doch meiner Meinung nach reden Sie sich die Energiekrise SEHR schön.
    Kommt es im Winter zu mehrtägigen Blackouts, sind schlimmste Vor- und sogar Todesfälle quasi vorprogrammiert:
    Ohne Logistik und Telekommunikation, Heizungswärme, Trinkwasser und funktionierenden Einzelhandel erwartet uns das Chaos, und bedürftige, hilflose Menschen werden ganz besonders zu leiden haben.
    Kurzum: Nach kurzer Zeit wird die gesamte Versorgungskette an zahlreichen Stellen reißen.
    Der menschengemachte Klimawandel ist strittig.
    Unstrittig hingegen ist, dass die heute in Deutschland lebenden Menschen ausreichend (bezahlbare) Energie brauchen und der Ruin unseres Landes am Klima nichts ändern wird.
    Übersehen Sie also bitte nicht bei ihren Zukunftsszenarien das, was bereits geschieht und in absehbarer Zukunft wohl geschehen muss, weil niemand den regierenden Parteien eine einfache Frage stellt:
    Wo soll Deutschlands Energie herkommen, wenn Wind und Sonne bei Weitem nicht reichen?

  17. 29.

    Strompreise über Landesgrenzen hinweg zu vergleichen ist schwierig, weil die Steuer und Umlagenstruktur verschieden ist. In Frankreich zum Beispiel ist die Stromrechnung niedrig, dafür wird eine Menge Steuergeld in die Energieunternehmen gesteckt. Steuern kommen, wie Sie sicher wissen, auch aus dem Portemonnaie der Bürger.

  18. 28.

    Wieso? Das geht einfacher: Abstellen der Wasserversorgung, der Elektrizität und der Heizung!

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