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Audio: Antenne Brandenburg | 19.11.2021 | Isabel Röder | Quelle: dpa/Reinhard Kaufhold

Schöneiche und Gosen-Neu Zittau

BER-Fluglärm belastet Brandenburger Gemeinden

Bisher wurden die beiden Start- und Landebahnen des Flughafens BER im monatlichen Wechsel genutzt. Doch Bürger aus Schöneiche und Gosen-Neu Zittau wollen nicht warten, bis der Lärm sie täglich belastet. Sie fordern, die Flugrouten zu überarbeiten. Von Isabel Röder

Wenn Hans-Joachim Schlaak aus Schöneiche bei Berlin morgens aufsteht, wirft er als erstes einen Blick auf die Windkarte. "Ich sehe, wenn der Wind aus Osten weht", sagt der Rentner. "Dann richte ich meine Tätigkeit so aus, dass ich an diesem Tag nicht im Garten bin."

Denn wenn die Flugzeuge auf der Nordbahn des BER starten und der Wind aus Osten weht, wird es in Schöneiche laut. Das sei in rund 40 Prozent der Tage der Fall, schätzt Schlaak. Rund 100 Mal am Tag überfliegen die Flieger auf der Müggelseeroute dann Schöneiche. Die Müggelseeroute führt die Flugzeuge nach Osten, dann drehen sie nach Norden ab und fliegen an Schöneiche und Neuenhagen vorbei.

Quelle: Isabel Röder/rbb

Schlaak ist Mitglied der Bürgerinitiative "Schöneicher Forum gegen Fluglärm". In seinem Garten hat er ein kalibriertes Mikrophon aufgestellt. Sechs Meter ragt es an einer Stange in die Höhe. Die Daten übermittelt die Station direkt an den Deutschen Fluglärmdienst, sie sind im Internet einzusehen.

So laut wie ein vorbeifahrender LKW

Eine der Karten mit Lärmkurven hat Schlaak ausgedruckt. "Hier sind sehr häufig Pegel über 60 dB zu sehen, der höchste Wert liegt bei 68 dB", erklärt Schlag, der sich auch während seines Berufslebens mit Schall beschäftigt hat. Ein vorbeifahrender LKW entspräche einem Lärmpegel von 70 dB. "Allerdings hören wir ein Flugzeug rund 30 Sekunden lang."

Besonders ärgere Schlaak der Fluglärm, weil die Müggelseeroute lange gar nicht vorgesehen gewesen sei. Er deutet rechts auf das Nachbargründstück. "Dieser Nachbar ist aus Müggelheim hergezogen, weil ihm versichert wurde, dass Schöneiche nicht betroffen sei."

Vielfach hat sich Schlaak bereits beim Lärmschutzbeauftragten des Flughafens BER beschwert. "Doch die Antwort ist immer die Gleiche. Man bekommt das Gefühl, es bringt nichts, sich zu beschweren", sagt er. Der Lärmschutzbeauftragte verweise auf Messungen, die der BER selbst mit einer mobilen Station im September in Schöneiche habe durchführen lassen. Doch diese Messwerte seien zu klein, sagt Schlaak. "Die Messungen wurden 1,3 Kilometer entfernt von dem Flugkorridor durchgeführt, den die Flugzeuge tatsächlich überfliegen." Warum der BER diesen Standort für die Messungen gewählt hat, könne Schlaak nicht nachvollziehen.

Bürgerinitiative will Müggelseeroute streichen lassen

Um die Lärmbelästigung zu mindern, hat sich die Schöneicher Bürgerinitiative an die Fluglärmkommission gewandt. In einem Schreiben möchte sie die Gründe wissen, die für den Erhalt der Müggelseeroute sprechen. Aus Sicht der Schöneicher könnten die Flieger von der Nordbahn auch in einem leichten Schlenker geradeaus nach Osten fliegen, wenn von der Südbahn die Hoffmann-Kurve geflogen werde. "So kommen sich die Flieger nicht in die Quere", sagt Schlaak.

Quelle: Isabel Röder/rbb

Thomas Schwedowski (SPD), Bürgermeister in Gosen-Neu Zittau, steht diesem Vorschlag kritisch gegenüber. Denn dann könnten die Flieger über seine Gemeinde hinwegfliegen. Und dabei leide Gosen bereits unter dem Landeanflug der Flugzeuge auf die Südbahn. "Problematisch ist, dass die Flughöhe von 700 Metern über den Ort zu gering ist", sagt Schwedowski. Er fordert, dass die Flugzeuge steiler starten, sodass sie schneller an Flughöhe gewinnen, und einen steileren Landeanflug fliegen.

Um die Beschwerden aus der Gemeinde mit Messungen zu unterstreichen, würde Schwedowski gerne eine vom BER anerkannte Messtation aufstellen. "Wir bezahlen diese auch", sagt der Bürgermeister, "aber der Flughafen möchte das partout nicht." Jetzt wartet Schwedowski auf die Messwerte, die bei der mobilen Messung des BER im Oktober in Gosen aufgezeichnet wurden.

Zeitpunkt für Überprüfung der Flugrouten ungewiss

Derweil hat sich die Gemeinde beim ersten Treffen der Fluglärmkommission seit Eröffnung des BER Anfang November beschwert. Doch das Anliegen sei lapidar zurückgewiesen worden, beklagt der Bürgermeister: "Nach dem Motto, die Flugrouten werden erst überprüft, wenn der Flughafen ein Jahr in Betrieb ist, im vollständigen Betrieb."

Wann das genau sein wird, ist bisher unklar. Im Dezember wolle der Flughafen die beiden Start- und Landebahnen parallel betreiben, bestätigte eine Sprecherin des BER auf Anfrage des rbb. Weiter teilte der Flughafen mit, dass er für die Bestimmung eines Überprüfungszeitraums im Austausch mit den Behörden stehe. Eine Überprüfung der Flugrouten halte er aber erst für sinnvoll, wenn der Flughafen höher ausgelastet sei. Denn der verminderte Flugbetrieb führe im Ergebnis bisher dazu, dass es keinerlei erweiterten Anspruch auf Schallschutz gebe.

Dass nicht bereits mit den gewonnenen Daten gearbeitet wird, können weder Schlaak von der Schöneicher Bürgerinitiative noch Gosens Bürgermeister Thomas Schwedowski verstehen. "Es geht doch darum, die Menschen zu entlasten", sagt Schlaak.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.11.2021, 14:40 Uhr

Beitrag von Isabel Röder

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