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Video: Super.Markt | 22.08.2022 | Bendrik Muhs | Quelle: imago images/Otto

Betreiber Tank & Rast

Warum Snacks an der Raststätte so extrem teuer sind

Nicht nur das Tanken an Raststätten ist teuer: Getränke und Snacks kosten dort ein Vielfaches von dem, was man im Supermarkt bezahlt. Das Raststättenunternehmen Tank & Rast diktiert die Preise - es betreibt 90 Prozent aller Rasthöfe.

Wer mit dem Auto durch Deutschland reist und für eine Pause die nächste Autobahnraststätte ansteuert, für den kann es teuer werden: Der Kauf von Getränken und Snacks im Shop einer Raststätte kostet nicht selten so viel wie der Wocheneinkauf eines kleinen Haushalts.

Denn: Das Raststättenunternehmen Tank & Rast kann preislich schalten und walten, wie es will - 90 Prozent aller Raststätten entlang der Autobahnen Deutschlands gehören zum Konzern, insgesamt sind es 410.

Fünf Mal teurer als im Supermarkt

An den Rasthöfen zahle man ein Vielfaches dessen, was man im Supermarkt bezahlt, sagt Gregor Kolbe vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Kunden und Kundinnen rechneten aber durchaus damit, die Autobahnpreise sind bekannt. Aber von der Autobahn abfahren, in einen nahegelegenen Ort, und dort zum Supermarkt, das sei für viele Reisende aus Zeitgründen keine Lösung.

Doch wie teuer wird es eigentlich? Im Testeinkauf kommt eine Tüte Gummibärchen, eine Tafel Schokolade und ein halber Liter Cola in den Beutel - Kostenpunkt an der A13: saftige 9,22 Euro. Nur zwei Kilometer weiter gibt es bei einem Discounter den gleichen Einkauf für nur 3,72 Euro – und das sogar mit der doppelten Menge Gummibärchen.

Nun gut, großer Gewinn sorgt doch sicher für tolle, saubere und moderne Raststätten und Parkplätze, mögen einige nun denken, aber das ist ein Trugschluss. Für die Pflege der Parkplätze kommen Steuerzahler auf, das kostet mehrere Millionen Euro im Jahr. "Hier ist es so, dass ein Monopol faktisch staatlich noch subventioniert wird", urteilt Victor Perli, Verkehrsexperte der Linken.

Tank & Rast - mit der Lizenz zur Abzocke? "Die Betriebe im Servicenetz von Tank & Rast bieten allen Reisenden einen umfassenden Service, an 365 Tagen im Jahr und in der Regel rund um die Uhr. (…) Ein reiner Preisvergleich von Autobahnraststätten mit Discountmärkten greift daher aus unserer Sicht zu kurz", teilt die Tank & Rast Gruppe GmbH & Co KG auf rbb-Anfrage mit.

War die Privatisierung ein Fehler?

Um zu sehen, dass es auch anders geht, muss man nur etwas in die Vergangenheit blicken. Wer in den Neunzigern entlang Brandenburger Autobahnen unterwegs war, hatte eine Auswahl an Würstchenbuden - einfach, aber preiswert und lecker. 1998 war Schluss damit – das Bundesverkehrsministerium verbot diese, schon damals zum Leidwesen der Verbraucher.

Quasi gleichzeitig wurde die bis dahin im Staatsbesitz befindliche Tank & Rast verkauft und privatisiert. Für den Bundestagsabgeordneten und Verkehrsexperten Victor Perli war das von Anfang an eine Entscheidung zu Lasten der Verbraucher. "Tank & Rast ist die Geschichte einer Privatisierung, die dazu führt, dass sich heute wenige sehr bereichern an dem Betrieb von Autobahnraststätten, die öffentliche Hand da viel Geld dafür reinsteckt, die Beschäftigten kaum mehr bekommen als den Mindestlohn, und die Kundinnen und Kunden sehr hohe Preise zahlen müssen, wenn sie tanken, wenn sie etwas essen möchten. Und das ist eine ganz schlimme Geschichte von Privatisierungsversagen."

Je weiter weg, je günstiger?

Die Alternative zu den Raststätten direkt an der Autobahn sind die Autohöfe. Auch sie müssen rund um die Uhr geöffnet sein und dürfen höchstens einen Kilometer von der Autobahn entfernt sein, aber großes Sparpotential wartet hier leider nicht. Mit 8,02 Euro liegt der Testeinkauf zwar unterhalb von Tank & Rast, ist aber immer noch mehr als doppelt so teuer wie beim Discounter.

Deutlicher wird der Unterschied beim Tanken: Der Liter Super kostet hier am Autohof aktuell knapp 1,80 Euro, direkt an der Autobahn über 2,00 Euro. Für manche Reisende dann doch ein Grund, um die Autobahn zu verlassen. Diese Preise sind allerdings etwas skurril, bedenkt man den Wettbewerbsnachteil der Autohöfe - denn sie sind nicht nur weiter weg, sie müssen auch ihre Parkplätze selbst in Schuss halten, während bei Tank & Rast zum Teil Steuerzahler dafür aufkommen müssen.

Anstieg der Spritpreise erwartet

Mit dem August endet der dreimonatige Tankrabatt

Trotz Energiekrise tankten Autofahrer in vergangenen drei Monaten vergleichsweise günstig: Die Bundesregierung hatte die Kraftstoffsteuer runtergefahren und gewährte einen Tankrabatt. Mit dem 31. August ist Schluss damit.

Ein unhaltbarer Zustand, sagt Gregor Kolbe vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin: "Die Instandhaltung der Rasthöfe, also die Zufahrten, Parkplätze für Lkw und Pkw kostet viele, viele Millionen, teilweise 100 Millionen Euro im Jahr. Das, was an Konzessionsabgaben zurückkommt von Tank & Rast an den Staat dafür, dass sie dort ihr Geschäft betreiben dürfen, ist nur ein Bruchteil davon. Also finanzieren wir als Verbraucher ja sowieso schon die Infrastruktur. Dass wir dann jetzt doppelt noch durch die hohen Preisen an den Rasthöfen draufzahlen müssen, entbehrt halt jeder Logik."

Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums weist auf Nachfrage darauf hin, dass kein Zusammenhang "zwischen Instandhaltungskosten und Einnahmen durch die Konzessionsabgabe" bestehe. Demnach ist der Bund zuständig für die Instandhaltung der Parkplätze, Fahrtwege und Grünanlagen, die Betreiber der Raststätten kümmern sich um ihre Restaurants, Hotels und Tankstellen.

Die Höhe der Abgabe für diese Nutzung ist in der BAB-Konzessionsabgabenverordnung [gesetze-im-internet.de] geregelt. Danach müssen die Betreiber zum Beispiel rund 23 Cent pro 100 Liter verkauften Benzins abgeben. Bei Diesel sind es rund 18 Cent. Bei allen anderen Geschäften muss laut Verordnung etwa ein Prozent des Umsatzes an den Bund abgeführt werden. Je mehr an den Raststätten verkauft wird, umso besser ist es also für die Staatskasse.

Ende des Tankrabatts

Spritpreise klettern über Nacht in Richtung Allzeithoch

Dass das Tanken wieder teurer würde, war allen Autofahrern bewusst. Wie schnell die Preise nach dem Ende des Tankrabatts aber wieder steigen, hat Verbraucherschützer überrascht. Erste Rufe nach einer Kontrolle durch das Bundeskartellamt werden laut.

Gut geplant wird Geld gespart

Neben Raststätten und Autohöfen gibt es ja aber auch noch die klassischen Rastplätze - meist ohne Schnickschnack, aber mit etwas Glück und Planung findet man einen mit gemütlichen Bänken und Aussicht ins Grüne. Der Tenor mehrerer Gespräche mit dort Rastenden ist klar: Jeder kann Rast machen, wo er oder sie möchte, aber dass die Preise an Raststätten deftig sind, darüber sind sich alle einig. Der eigene Proviant ist immer noch die günstigste Methode. Belegte Stulle oder Schrippe halten in einer Kühlbox auch eine längere Fahrt durch, Getränke können gleich ein paar mehr mit, schließlich muss man nichts schleppen - außer von Wohnung oder Haus bis zum Auto.

"Politik darf nicht länger blind sein"

Aber auch wenn es diese Möglichkeit gibt, muss man fragen, ob das, was das Unternehmen Tank & Rast als staatlich subventionierter Quasi-Monopolist mit den Verbrauchern macht, nicht vielleicht doch den Regeln des fairen Wettbewerbs widerspricht.

Gregor Kobel sieht Bedarf, die Monopolstellung stärker zu überprüfen: "Autobahnen sind eine öffentliche Infrastruktur, die sind wichtig für viele, und sie gehören in öffentliche Hand. Eine Reprivatisierung, also eine Rückabwicklung der Privatisierung wäre der extremste Schritt. Wichtiger wäre jetzt, dass die Monopolkommission genau draufguckt: Wie ist das Finanzierungsmodell? Wie ist da die Preispolitik an den Rasthöfen? Und gegebenenfalls gegensteuert. Die Rückabwicklung der Privatisierung wäre der letzte Schritt, der dann unumgänglich wäre, wenn alle anderen Maßnahmen nicht mehr greifen, aber die Politik darf nicht länger blind sein in diesem Feld."

Aber bei diversen anderen Krisen haben Raststätten und deren Preisgestaltung aktuell – vielleicht auch verständlicherweise - keine Priorität.

Stellungnahme von Tank & Rast

Sendung: Super.Markt, 22.08.2022, 20:15 Uhr

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