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Quelle: imago images/S.Gudath

Bestattung ohne Angehörige

Wenn Würde nicht viel kosten darf

Auf keinem anderen Friedhof in Berlin gibt es so viele Sozialbestattungen, wie auf dem Alten Domfriedhof St. Hedwig. Dessen Leiterin bemüht sich um einen würdevollen Abschied für alle Verstorbenen - auch wenn es dafür nicht viel Spielraum gibt.

Auf dem Alten Domfriedhof St. Hedwig in der Nähe des U-Bahnhofs Schwarzkopffstraße in Berlin-Mitte stehen manche bekannte Namen auf den alten Grabsteinen: Der Hotelier Lorenz Adlon liegt hier begraben, auch der Geschäftsmann James Cloppenburg, der das gleichnamige Modeimperium gegründet hat.

Friedhofsleiterin Kalugina: "Nicht alle waren arm und einsam"

Auf dem historischen Friedhof an der Liesenstraße werden aber auch viele ärmere Menschen begraben, in sogenannten ordnungsrechtlichen Bestattungen, die von Berliner Gesundheitsämtern bezahlt werden, etwa wenn es keine Angehörigen mehr gibt.

Die Leiterin des Alten Domfriedhofs und fünf weiterer Hedwigsfriedhöfe des Erzbistums Berlin, Galina Kalugina betont im Gespräch mit rbbl24, dass es sich hierbei nicht nur Menschen handelt, die arm und einsam gelebt haben. "Häufig sind es Personen, die keine Vorkehrungen getroffen haben und deren Geld auf der Bank erst nach einer Erbschaft zugänglich ist. Oder es sind Menschen, die zwar keine Angehörigen, dafür aber viele Freunde hatten, die dann auf dem Friedhof Abschied nehmen."

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Suche nach Angehörigen

Wenn Menschen sterben, die keine Vorkehrungen getroffen haben, suchen die Gesundheitsämter zunächst nach Angehörigen. Als bestattungspflichtig gelten Eltern, Geschwister, Ehepartner, Großeltern, Kinder oder Enkel - sie müssen auch die Kosten für eine Beerdigung tragen. An Friedhöfen fallen - je nach Wahl der Grabstätte - Kosten für Nutzungsrechte, allgemeine Friedhofskosten und Bestattungsgebühren an. Wenn niemand zu finden ist, der diese Kosten übernimmt, wählt das Bezirksamt einen Friedhof und ein Bestattungsunternehmen aus.

Im Jahr 2021 wurden in Berlin pro Tag sieben bis acht ordnungsrechtliche Bestattungen durchgeführt, insgesamt waren es 2.733, in 2020 insgesamt 2.614, wie Zahlen der Senatsverwaltung für Gesundheit zeigen.

Namensschilder an allen Gräbern

Eine Beerdigung mit Trauerfeier und Gebet gibt es in solchen Fällen nicht. "Der Spielraum, den wir haben ist klein, für viele klassischen Elemente einer Trauerfeier werden die Kosten nicht übernommen", sagt Kalugina. Trotzdem sieht man hinter den Mauern des Alten Domfriedhofs nach einer Beerdigung nicht, ob sie privat oder vom Amt bezahlt wurde.

Die gesetzlichen Mindeststandards garantieren aus der Sicht der Friedhofsleiterin nicht unbedingt eine würdevolle Beerdigung. "Es gibt Massenbestattungen, bei denen einfach viele Menschen gleichzeitig beerdigt wurden." Auch bestehe per Gesetz keine Pflicht, ein Namensschild anzubringen. "Bei uns werden alle Bestattungen einzeln durchgeführt, jeder Termin dauert eine Stunde. Namensschilder bekommen alle, weil es uns wichtig ist, die Würde jedes und jeder Verstorbenen zu achten", sagt Kalugina.

Interview | Berliner Friedhofsverwalter

"Man muss neue Formen der Beisetzung finden"

Klassische Sargbestattungen werden immer seltener, große Friedhöfe leeren sich, der Friedhofszwang in Berlin besteht aber weiterhin. Friedhöfe müssen sich neu erfinden, um den Bedürfnissen ihrer Kund:innen weiter gerecht zu werden, sagt Thomas Höhne.

Eine Frage der Einstellung

Obwohl der Friedhof mehr macht als das Gesetz vorschreibt, liegen die Kosten für Bestattungen auf den Hedwigsfriedhöfen laut Kalugina nicht höher als anderswo. "Dass wir mehr machen, hat vor allem etwas mit der inneren Einstellung zu tun."

Ein Urnenbegräbnis in einer Gemeinschaftsanlage kostet auf dem Alten Domfriedhof 365 Euro, dabei fallen 200 Euro Nutzungsgebühren an, 157 Euro kosten Gruftöffnung und das Tragen der Urne, 8 Euro kostet das Namensschild.

Dass auch die Kosten von 694 Euro für eine Sargbeerdigung übernommen werden können, wüssten aber nur wenige Menschen, sagt Kalugina. "Die meisten gehen davon aus, dass sie nach dem Tod eingeäschert werden, wenn sie kein Geld und keine Angehörigen haben. Dabei reicht oft ein Blatt Papier, auf dem dieser Wunsch festgehalten ist. Eigentlich genügt es schon, sich einmal ganz kurz mit dieser Frage auseinandersetzen."

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