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Quelle: imago images

Der Absacker

Auf Fliesen und Dielen, die die Welt bedeuten

Zwar ist viel Normalität wieder eingekehrt, das kulturelle Leben leidet aber unter Corona nach wie vor. Haluka Maier-Borst macht sich Gedanken um sein eigenes Kulturkonzept – für zu Hause und die Szene, die es gerade nicht leicht hat.

Es war gestern ein trauriger Spaziergang am Rande des Mauerparks. Raus aus dem Grünen lief ich an der Max-Schmeling-Halle vorbei. Und wie so viele Orte für Großveranstaltungen wirkt sie zurzeit grotesk aus der Zeit gefallen. Ja, was war das für eine Zeit? Was waren das für Menschen, die sich zu Tausenden versammelten, um Sportler und Musiker zu erleben? Es kommt mir vor, als wäre das eine andere Epoche gewesen und nicht ein paar Monate her.

Zurzeit bleibt mir und anderen nur nach Alternativen im Kleinen zu suchen. Ich hatte das Glück letzte Woche, dass ich beim Joggen an einer probenden Brass-Band vorbeilief und mit anderen ein kleines Spontankonzert im Park genießen konnte. Und dann wäre da noch mein dankenswert tolerantes Umfeld. Die Nachbarn ertragen meine amateurhaften DJ-Versuche. Und meine Mitbewohnerin und ich ertragen mit einem Lächeln das spontane Singen des jeweils anderen in Küche, Bad oder eigenem Zimmer.

1. Was vom Tag bleibt

Während ich also mit häuslichen Alternativen ein bisschen fehlende Events ersetzen kann, ist die Realität für die Betreiber von Konzerthallen und anderen Veranstaltungsorten düster. Private Theater wissen nach wie vor nicht, wie es weitergehen soll. Sie quälen sich über die Runden. Und natürlich macht sich auch die Berliner Club-Szene Gedanken. Eine Idee, wie es trotz Corona wieder ein bisschen Feierei geben soll, gibt es nun aus Wien. Feiern mit Maske, für sich tanzed und mit Anmeldung. Das klingt kein bisschen nach Berliner Lockerheit. Aber womöglich wäre das vorerst die einzige Möglichkeit.

2. Abschalten.

Wie gesagt, mein Zeitgefühl leidet unter Corona und auch Freunde erzählen mir, wie merkwürdig für sie die Zeit vergeht. Eine gute und visuell schöne Erklärung für dieses sondersame Gefühl habe ich bei Reuters [reuters.com] gefunden. Probieren Sie doch mal einige der Experimente auf der Seite aus. Und wenn Sie wollen, lernen Sie dabei ein bisschen, wie das überhaupt bei uns Menschen mit dem Zeitgefühl funktioniert.

Wer ich bin

Großstadtchaos statt Alpenpanorama, Brandenburger Seen statt britisches Meer. Haluka Maier-Borst war schon an ein paar Orten und hat immer die falsch-richtige Wahl getroffen. Für Berlin. Jetzt sitzt er im Wedding und gönnt sich hin und wieder einen Absacker mit seinen Kolleginnen und Kollegen – und damit eine kleine Pause von der Nachrichtenlage. Vorerst allerdings nur digital aus dem Homeoffice.

3. Und, wie geht's?

Regina hatte als Antwort zu unserem Absacker über das Yaam geschrieben, wie sie sich an die Kulturszene von früher erinnert und das passt vielleicht ganz gut zur heutigen Kolumne. Regina schreibt von Konzerten in einem provisorischen Tipi vor dem Haus der Kulturen, das anscheinend lange vor dem heutigen Tipi da stand. Das war nun lange bevor ich nach Berlin kam und entsprechend kann ich Regina nur vertrauen, dass es wirklich so kuschlig war, wie sie es beschreibt.

Ach ja das Haus der Kulturen der Welt mit den "Heimatklängen". Das meinte nicht Bayrische Hackbrettmusik, sondern Musik aus vielen Heimaten der Welt.

Da hat in einem winzigen Zelt davor einmal Rio Reiser gespielt, und auf der kleinen Bühne draußen eine kubanische Band ohne Instrumente. Weil sie ihre erlernten Instrumente vokal darstellten, nannte man das dann: Vocal Sampling. Und Santana hat meiner damals 10-Jährigen eine Rose zugeworfen, nachdem sie zu schüchtern war, auf die Bühne zu kommen.

Welche Geschichten haben Sie zu erzählen über unvergessliche Konzerte? Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Konzerthallen wieder auf machen? Schreiben Sie uns an absacker@rbb-online.de

4. Ein weites Feld...

Da vorerst weder Clubs noch Konzertsäle auf machen, versuche ich gerade auf anderem Wege das kulturelle Leben wenigstens ein bisschen zu unterstützen. Ich mache Ausflüge in Club-Biergärten und kaufe Merchandise von mir am Herzen liegenden Künstlern. Das wirkliche kulturelle Leben kann das freilich dennoch nicht ersetzen.

Eine Sache aus der Corona-Zeit darf aber gerne danach auch bleiben: das digitale Trinken. Denn gestern brauchte ich nach einem Tag zum Vergessen unbedingt einen Schwatz mit einem guten Freund mit ein paar alkoholischen Lösungen. Das Problem: die gelegentlichen Schauer und die Unlust bei selbigen Nass von A nach B zu kommen. Prompt haben wir uns jeder selbst versorgt und per Videoschalte den Frust von der Seele geredet.

Es stößt digital an

Haluka Maier-Borst

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