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Video: Abendschau | 09.04.2021 | Max Kell | Gespräch mit Steffen Weber | Quelle: DPA/Kay Nietfeld

Berliner Krankenhäuser

Notfall- und Intensivmediziner warnen vor Überlastung

Auf den Intensivstationen der Berliner Krankenhäuser nimmt die Zahl der Corona-Patienten wieder zu. Die Betroffenen sind deutlich jünger als noch während der zweiten Welle. Zwar sind ihre Prognosen oftmals günstiger, aber die Liegezeiten wesentlich länger.

Notfallmediziner haben vor einer drohenden Überlastung der Berliner Intensivstationen in der dritten Pandemie-Welle gewarnt.

Es gebe im Moment bereits eine dramatische Belastung, sagte Prof. Steffen Weber-Carstens, medizinisch-wissenschaftlicher Leiter des Registers der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) am Freitag. "Wir haben in Berlin in den vergangenen drei Wochen wieder 100 beatmete Patienten mehr auf den Intensivstationen. Aktuell sind es 280." Allein in der Charité, die die schwersten Fälle behandelt, seien es 90. Ein Ende der Neuaufnahmen sei bei steigenden Infektionszahlen nicht absehbar.

30 Prozent der Covid-Patienten auf den Intensivstationen der Hauptstadt seien aktuell im Alter von 35 bis 59. "Und die nächsten zwei Drittel sind im Alter von 60 bis 79. Das ist eine dramatische Verjüngung", sagte Weber-Carstens.

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Seltener tödliche Verläufe, aber längere Liegezeiten

Viele Covid-Kranke brauchten Beatmung. Die Mediziner gingen davon aus, dass sie auch eine deutlich längere Liegedauer auf den Intensivstationen haben werden als früher. Denn es gebe nun mehr schwere Verläufe mit Multiorganversagen und Sekundärinfektionen. Das sei wahrscheinlich auf die nun dominierende Virus-Variante B 1.1.7. zurückzuführen. Sie gilt Virologen nicht nur als ansteckender, sondern auch als gefährlicher im Vergleich zum Urtyp, der vor einem Jahr vorherrschte. Nach Angaben der Divi stirbt bundesweit bei den unter 50-Jährigen jeder fünfte schwerkranke Covid-Intensivpatient. Bei den Älteren sei es im Schnitt jeder zweite.

"Wir müssen die Infektionsdynamik unter Kontrolle bringen", betonte Weber-Carstens. Sonst könne es passieren, dass die Reserve an Klinikbetten und Personal nicht mehr reiche. Deshalb werden bereits planbare Operationen abgesagt.

Dritte Welle könnte zweite toppen

Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle gab es nach Divi-Angaben in Berlin mehr als 450 Covid-Intensivpatienten - auch aus anderen Bundesländern. Seitdem seien die Zahlen nicht unter 170 gefallen, sagte Weber-Carstens. Die Divi befürchtet, dass die dritte Welle die zweite ohne einen sofortigen harten Lockdown toppt.

Weber-Carstens bestätigte das Bild der Divi zur Lage an den Berliner Krankenhäusern. Dem rbb sagte er: "Uns läuft die Zeit davon und ich glaube, dass es richtig wäre, für ein paar Wochen nochmal einen harten Lockdown zu machen, um die Infektionszahlen runter zu bekommen." Wenn das Infektionsgeschehen weit zurückgedrängt werde, könne man erneut überlegen, wie man kontrolliert lockern könne, sagte er der Abendschau. "Wir wären dann auch mit der Impfung schon sehr viel weiter."

Die Corona-Ampel der Senatsgesundheitsverwaltung stand mit Blick auf die Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten am Donnerstag mit 23,9 Prozent auf Tieforange. Ab 25 Prozent springt sie auf Rot.

Aus einer Grafik, die das Divi auf Twitter verbreitete, geht hervor, welche Auswirkungen ein Lockdown nach den Regeln vom Dezember auf die Belegung der Intensivbetten in Deutschland hätte - je nach Inzidenzzahl, bei der dieser eintreten würde. "Durch einen harten Lockdown hätten wir jeweils abbiegen und damit Leid und Tod verhindern können", heißt es in dem Tweet, "aber wir verpassen durch politisches Zögern jede der möglichen Ausfahrten!"

Sendung: Abendschau, 09.04.2021, 19:30 Uhr

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