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Audio: Inforadio | 30.07.2021 | Interview mit Martin Terhardt | Quelle: dpa/Fabian Sommer

Scharfe Kritik an politischem Druck

Stiko plant vorerst keine neue Empfehlung für Kinderimpfungen

Sollten Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren gegen Corona geimpft werden? Während Politiker und Immunologen das fordern, bleibt die Stiko bei ihrer eingeschränkten Empfehlung. Stiko-Mitglied Martin Terhardt ist empört über den öffentlichen Druck.

Ungeachtet des massiven Drängens führender Politikerinnen und Politiker plant die Ständige Impfkommission (Stiko) vorerst keine neue Empfehlung zu Corona-Schutzimpfungen für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren. Solche Forderungen empörten ihn, sagte Kommissionsmitglied Martin Terhardt am Freitag dem rbb. Eine neue Stiko-Empfehlung dazu werde es erst in einigen Wochen geben.

Bisher sei die Datenlage noch nicht ausreichend, um eine Corona-Schutzimpfung für die 12- bis 16-Jährigen allgemein zu empfehlen, bekräftigte Terhardt die bisherige Haltung der Kommission. Diese rät zu Impfungen von Jugendlichen und älteren Kindern bislang nur in Risikofällen. Ansonsten solle individuell nach ärztlicher Beratung entschieden werden.

Interview| Kinderarzt aus Senftenberg

"Die Empfehlung der Stiko ist medizinisch fundiert, nicht politisch bedingt"

Zahlreiche Politiker wollen das Impfen von Kindern und Jugendlichen vorantreiben. Die Stiko hält jedoch daran fest, keine Empfehlung dafür auszusprechen - und hat damit auch Kinderärzte wie Mathias Genne aus Senftenberg auf ihrer Seite.

Covid für Kinder "relativ harmlos"

"Wir sind schon einiges gewöhnt in den letzten Wochen, dass die Politiker auf der Stiko herumschlagen, weil sie das Gefühl haben, sie würde nicht vernünftig oder nicht professionell arbeiten", sagte Terhardt im rbb-Inforadio. "Das erzürnt uns, das empört uns, das entwertet uns und das schadet dem Vertrauen der Ständigen Impfkommission, und das finde ich einen groben Fehler", kritisierte er.

Auch der Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, verteidigte die Position der Stiko im rbb. Die Kommission arbeite sehr gründlich und werte eine enorme Menge an Daten in sehr kurzer Zeit aus, sagte er am Freitag. Wenn sie ihre Einschätzung zu Kinder-Impfungen in Zukunft womöglich ändere, könne man sicher sein, dass die Impfung den Impflingen nicht mehr Schaden zufüge als die Krankheit selbst.

"Man muss einfach sagen, dass die Erkrankung Covid für Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen relativ harmlos ist", sagte Maske. "Wir sehen durch die Maßnahmen, die durch Covid ergriffen wurden, also die ganzen Lockdown-Maßnahmen, bei den Kindern und Jugendlichen mehr Schäden als durch die Erkrankung selbst."

Bisher keine Stiko-Empfehlung

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In gut einer Woche beginnt in Brandenburg das neue Schuljahr. Grundschüler sollen dann Masken tragen und es soll weiterhin kräftig gelüftet werden. Die Bildungsministerin sieht die Schulen gut aufgestellt - aber noch Handlungsbedarf beim Impfen.

Schäuble fordert Impfempfehlung von der Stiko

In den vergangenen Wochen hatten sich wiederholt führende Politikerinnen und Politiker - neben den Landeschefs Müller und Woidke zuletzt auch die Brandenburger Bildungsministerin Ernst - trotz der zurückhaltenden Linie der Stiko für die Impfung von älteren Kindern und Jugendlichen ausgesprochen. Kürzlich hatte die Europäische Arzneimittelagentur EMA die Impfstoffe erst von Biontech/Pfizer und anschließend auch von Moderna für diese Altersgruppe ausdrücklich zugelassen. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte die Hoffnung auf eine hohe Impfbereitschaft bei Jugendlichen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) forderte die Stiko in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Freitag ausdrücklich auf, ihre Impfempfehlung entsprechend zu ändern und den EU-Empfehlungen zu folgen. Inzwischen sprach auch die Sächsische Impfkommission eine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren aus, da der Nutzen das Risiko überwiege.

Sendung: Inforadio, Interview mit Stiko-Mitglied Martin Terhardt, 30.07.2021, 12:25 Uhr

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