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Video: Abendschau | 01.11.2021 | D. Bednarek | Prof. Martin Kreis im Studio | Quelle: imago/Peters

Corona-Pandemie

Berliner Charité warnt vor Überlastung der Intensivstationen

Die Corona-Zahlen steigen - damit spitzt sich auch die Situation auf den Intensivstationen wieder zu. Die Charité schlägt Alarm. Die Wiedereinführung der Freihaltequote wird nun zum Thema.

Angesichts stark steigender Corona-Zahlen warnt die Berliner Charité vor einer Überlastung der Intensivstationen. Die Zahl der Patienten sei in den vergangenen Tagen merklich gestiegen, sagte Martin Kreis, Vorstand für die Krankenversorgung der Uniklinik.

Demnach sind aktuell etwa 90 Prozent der Covid-19-Patienten in der Charité nicht geimpft. Wenn sich dieser Trend fortsetze, drohe in den nächsten Wochen auch eine massive Einschränkung in der Versorgung anderer Patienten.

Verschärft werde das Problem auch, weil bundesweit weniger Intensivbetten zur Verfügung stünden als noch vor einem Jahr, so Kreis weiter. Hintergrund sei vor allem ein Rückgang beim Intensivpflegepersonal.

Die vorhandenen Intensivbetten seien derzeit vor allem mit Menschen belegt, die nicht am Coronavirus erkrankt seien. Dadurch stünden kaum freie Betten für die Covid-19-Versorgung zur Verfügung.

Intensivmediziner: Gesundheitssystem ausgelaugt

Die Patienten träfen auf ein völlig ausgelaugtes Gesundheitssystem, warnte der im Berliner Sankt-Gertrauden-Krankenhaus tätige Intensivmediziner Jörg Weimann am Montag im Inforadio.

Das Pflegepersonal habe in den vergangenen Monaten massiv unter den Arbeitsbedingungen und der Arbeitsbelastung gelitten. Viele hätten sich aus den Pflegeberufen verabschiedet. Ihre Stellen seien nur schwer nachzubesetzen. Anders als noch zu Beginn der Pandemie könne man deshalb die Bettenzahl nicht so einfach erhöhen, so der Chefarzt.

Weimann, der auch Chef des Landesverbands Berlin im Berufsverband Deutscher Anästhesisten ist, erklärte auch, dass die vierte Welle bereits begonnen habe. So viele Patienten wie bei der zweiten und dritten Welle erwartet er allerdings nicht.

Mehr Patienten auf Intensivstationen

Aktuell sind in Berlin 120 (Stand: 29.10.2021) Corona-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung. Das geht aus dem Corona-Lagebericht der Gesundheitsverwaltung [berlin.de] hervor. Die Zahl lag wochenlang zwischen 85 und 95.

In der Vorwoche war dann eine spürbare Steigerung der Belegungszahlen der Intensivstationen zu verzeichnen - binnen sieben Tagen ist die Zahl der Corona-Intensivpatienten um fast 30 Prozent gestiegen. Am 22.10. waren nach Angaben der Gesundheitsverwaltung 93 Corona-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung.

Freihaltequoten für Intensivbetten

Der Vorstandsvorsitzende der Charité, Heyo Kroemer, forderte deshalb eine Wiedereinführung der Freihaltequoten für Intensivbetten. Dies ermögliche es den Krankenhäusern, ausgewählte Behandlungen zu reduzieren und Verlegungen zwischen den Häusern planbar zu organisieren.

"Ohne die Wiedereinführung dieser Quoten wird die Versorgung der Covid-19-Erkrankten in den kommenden Wochen und Monaten nicht zu gewährleisten sein", so Kroemer.

FAQ zur Auffrischungsimpfung

Wem zum Booster geraten wird, wer ab wann als geboostert gilt und welche Einschränkungen dann wegfallen

Berlin und Brandenburg stecken inmitten einer sich auftürmenden Omikron-Welle. Längst wird allen Erwachsenen die Booster-Impfung empfohlen. Ab wann gilt diese, was ist rechtlich möglich und wissenschaftlich gesehen sinnvoll?

Kalayci unterstützt Forderung

Unterstützung dafür gibt es von Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). "Diese Forderung der Krankenhäuser finde ich berechtigt", sagte sie am Montag dem Sender ntv. Sie forderte den Bund auf, erneut das Vorhalten von Intensivbetten zu finanzieren.

Beim Thema Auffrischungsimpfungen sieht Kalayci Berlin auf dem richtigen Weg. "Wir sind bei den Auffrischimpfungen in Berlin sehr weit, weil wir jeden, der Anspruch hat, anschreiben", sagte die SPD-Politikerin im Interview. Beim Impfen sei das von Anfang an Praxis gewesen. "Das haben wir konsequent durchgezogen. Und deswegen haben wir in Berlin zum Beispiel bei den Auffrischimpfungen über 70 Prozent mehr als Bundesdurchschnitt."

Nonnemacher: Öffentliches Bewusstsein für Ernst der Lage

Die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hält derweil ein Bund-Länder-Treffen zum Thema Auffrischungsimpfungen nicht für notwendig. Zu diesem Thema sei bereits alles gesagt, erklärte die Grünen-Politikerin am Montagmorgen im rbb-Inforadio und verwies dabei auf mehrere Beschlüsse der Gesundheitsminister in der Vergangenheit.

Wichtiger sei vielmehr ein stärkeres, öffentliches Bewusstsein für den Ernst der Lage. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Pandemie sei vorbei. Man laufe aktuell in eine vierte Welle, so Nonnemacher. Das bedeute ein gesundheitliches Risiko vor allem für die besonders gefährdeten Gruppen.

Auch Müller gegen Bund-Länder-Treffen

Auch der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat Zweifel geäußert, dass ein Bund-Länder-Treffen zum Thema Corona-Auffrischungsimpfungen sinnvoll ist. Im ZDF sagte Müller, ihm sei nicht klar, was man dort besprechen wolle. Man sei längst dabei, die Booster-Impfungen durchzusetzen und habe die Ältesten schon eingeladen.

Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt ein Bund-Länder-Treffen zu Auffrischungsimpfungen vorgeschlagen. Aktuelle Daten aus Israel zeigten, dass das entscheidend sei, um die vierte Corona-Welle zu brechen, erklärte Spahn.

Die Corona-Zahlen steigen unterdessen weiter. Das Robert Koch-Institut gab die Sieben-Tage-Inzidenz am Montag für ganz Deutschland mit 154,8 an. In Berlin liegt der Wert aktuell bei 140,2. In Brandenburg steckten sich rechnerisch 128,3 von 100.000 Menschen in den letzten sieben Tagen nachweislich mit dem Coronavirus an.

Sendung: Abendschau, 01.11.2021, 19:30 Uhr

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