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Nach Anschlag in Berlin

Verdächtiger aus Berlin ist wieder auf freiem Fuß

Gegen den im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Berlin festgenommenen 40-Jährigen ist kein Haftbefehl beantragt worden: Laut Bundesanwaltschaft war er keine Kontaktperson von Anis Amri. Neue Erkenntnisse gibt es zum Fluchtweg des mutmaßlichen Attentäters.

Der Tunesier, der im Verdacht stand, ein möglicher Komplize des mutmaßlichen Attentäters vom Breitscheidplatz zu sein, ist wieder auf freiem Fuß. Wie die Bundesanwaltschaft am Donnerstag mitteilte, hat sie keinen Haftbefehl gegen den 40-Jährigen beantragt. Der Mann war am Mittwoch in Berlin festgenommen worden. Die Vermutung, er habe kurz vor dem Attentat Kurznachrichten mit Anis Amri ausgetauscht, habe sich jedoch nicht bestätigt, sagte Frauke Köhler, die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, auf einer Pressekonferenz in Karlsruhe. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass es sich "nicht um die mögliche Kontaktperson von Anis Amri handelt".

Ermittlungen zu Tatbeteiligten, Helfern und Mitwissern liefen jetzt "mit unveränderter Intensität" weiter, sagte Köhler am Ende des Statements. "Wir lassen nicht nach."

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Amri soll kurz vor dem Anschlag gechattet haben

WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" hatten zuvor berichtet, dass Amri noch aus dem Führerhaus heraus mit jemandem gechattet haben soll (externer Link auf tagesschau.de). Nur Minuten vor der Tat schrieb er demnach an einen Glaubensbruder: "Mein Bruder, alles in Ordnung, so Gott will. Ich bin jetzt im Auto, bete für mich mein Bruder, bete für mich." Dann verschickte Amri noch ein Selfie von sich im Führerhaus des Lkw. Wer der Empfänger dieser Nachrichten war, dazu machte die Bundesanwaltschaft am Donnerstag keine Angaben.

Sie bestätigte zudem, dass der Lkw durch eine Bremsautomatik gestoppt wurde. Das
Bremssystem habe das Fahrzeug nach 70 bis 80 Metern zum Stehen gebracht und Schlimmeres verhindert.

Wahrscheinlich über die Niederlande nach Mailand gereist

Neue Erkenntnisse gibt es laut Köhler über den Fluchtweg Amris. Den Ermittlungen zufolge soll der 24-Jährige, der ebenfalls aus Tunesien stammte, von Berlin in die Niederlande und von dort nach Mailand gereist sein. Bei seiner Leiche habe sich eine niederländische SIM-Karte gefunden. Solche Karten seien dort an den Tagen zuvor zu Werbezwecken kostenlos verteilt worden, sagte die Sprecherin.

Ein ebenfalls bei Amri gefundenes Bahnticket zeige, dass der Tunesier dann mit der Bahn über Frankreich weiter nach Mailand gefahren sei. Als er dort mit einem Auto in eine Polizeilkontrolle geriet, zog er spontan seine Pistole und schoss einen Polizisten an. Daraufhin eröffneten die Beamten das Feuer und töteten Amri.

Ermittler halten Bekenner-Video für "authentisch"

Wie Köhler weiter sagte, halten die Ermittler das Bekenner-Video der Terror-Organisation "Islamischer Staat" (IS) für echt. "Das Bekennervideo ist unseren Ermittlungen zufolge authentisch", sagte Köhler. Der IS hatte kurz nach der Tat die Urheberschaft des Anschlags für sich beansprucht und dazu das Video veröffentlicht. Darin ist ein Mann zu sehen, der Nichtgläubigen mit dem Tod droht. Den nun vorliegenden Erkenntnissen zufolge handelt es sich dabei um den terrorverdächtigen Anis Amri. Er steht offensichtlich auf der Kieler Brücke in Berlin-Moabit.

In Berlin und Mailand dasselbe Kaliber verwendet

Neue Erkenntnisse gibt es auch zur Munition, die an beiden Tatorten verwendet wurde. Demnach hat Amri in Mailand eine Waffe des Kalibers 22 verwendet, führte Köhler aus. Ob es sich um dieselbe Waffe handelt, mit der auch der polnische Lkw-Fahrer in Berlin erschossen wurde, müsse im Rahmen eines ballistischen Gutachtens erst noch ermittelt werden.

Anders als zuvor berichtet, habe die Leiche des Polen keine Stichverletzungen aufgewiesen. Vielmehr habe die Obduktion ergeben, dass Łukasz U. durch einen Schuss getötet wurde. Wann der Tod eingetreten ist, sei aber noch offen, sagte Köhler. Dem vorläufigen Obduktionsbericht zufolge bestehe jedenfalls eine zeitliche Nähe zum Anschlag. Der genaue Zeitpunkt könne aber erst mit Hilfe des abschließenden Obduktionsberichtes genannt werden. Die Gerichtsmedizin wolle diesen im Januar vorlegen, so Köhler.

Der 24-jährige Amri war den Ermittlungen zufolge am Montag vor Weihnachten mit einem gekaperten polnischen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin gefahren. Zwölf Menschen starben, 55 wurden verletzt. Nach offiziellen Angaben werden 20 Verletzte noch in Krankenhäusern behandelt, elf von ihnen auf der Intensivstation.

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