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Audio: rbb24 Abendschau | 15.09.2022 | Leonie Schwarzer | Im Gespräch: Heiner von Marschall | Quelle: imago images/P. Meißner

Oktober bis Dezember

VBB gibt grünes Licht für 29-Euro-Ticket in Berlin

Nach langem politischen Ringen hat der VBB einem 29-Euro-Ticket für den Tarifbereich AB zugestimmt. Der Vorstoß kam vom Senat als Nachfolge für das Neun-Euro-Ticket. Brandenburg wird sich an dem Ticket allerdings nicht beteiligen.

Der Weg für ein 29-Euro-Ticket in Berlin ist frei. Am Donnerstag stimmte der Aufsichtsrat des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) der Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket zu. Die Entscheidung fiel laut Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) einstimmig.

Pläne des Berliner Senats ab Oktober

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Ticket gilt nur für AB, Kauf auch erst ab November oder Dezember möglich

Das 29-Euro-Ticket soll von Oktober bis Dezember im Tarifbereich AB gelten und die Zeit überbrücken, bis eine bundesweit geltende Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket steht. Der Plan sieht vor, dass Inhaber eines Abonnements für Berlin AB von der Vergünstigung profitieren. Wer ein AB-Abo neu abschließt, soll für die drei Monate ebenfalls die Vergünstigung bekommen - und zum 31. Dezember ein "Sonderkündigungsrecht" erhalten.

Die Möglichkeit, sich das 29-Euro-Ticket monatlich zu kaufen - so wie es beim Neun-Euro-Ticket möglich war - ist nicht vorgesehen. Jedoch können Kunden das Ticket auch erst ab November oder Dezember erwerben.

Das Abo-Modell ist aus Sicht des Senats notwendig geworden, weil andere Lösungen, etwa ein Sonderticket nur für Berlin, mit den Vorgaben des ÖPNV-Rettungsschirms kollidieren könnten. "Daher ist nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr nur eine Regelung umsetzbar, bei der das Angebot als Abonnementmodell umgesetzt wird", teilte der Senat dem Abgeordnetenhaus mit. Im schlimmsten Fall müsste Berlin sonst auf Bundesmittel verzichten, mit denen die Folgen der Corona-Pandemie abgefedert werden sollen.

Quelle: rbb

Nicht alle profitieren

Nicht profitieren werden allerdings die Abonnenten des ABC-Tickets und des BC-Tickets, da der Tarifbereich C in Brandenburg liegt. Nach rbb-Informationen besitzen aktuell rund 850.000 Menschen ein AB-Abo, inklusive der Schülerinnen und Schüler, die das Ticket kostenlos erhalten. Rund 70.000 Menschen haben ein ABC- oder ein BC-Abo.

Ebenfalls nicht auf 29 Euro gesenkt werden die VBB-Monatskarten für Azubis und das VBB-Abo 65plus, da hier "der rechnerisch auf den Tarifbereich Berlin AB entfallende Anteil bereits unter 29 Euro/Monat liegt". Auch Fahrgäste mit einem Sozialticket für 27,50 Euro werden leer ausgehen.

Giffey: Vorbild für Ticket-Debatte im Bund

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach nach der Sitzung des VBB-Aufsichtsrates hingegen von einem "guten Tag für die Mobilität in Berlin". Das 29-Euro-Ticket sei eine konkrete und schnelle Entlastung für viele Bürgerinnen und Bürger in der Energiekrise. Zudem habe man damit die Debatte über eine Anschlussregelung für das Neun-Euro-Ticket entscheidend vorangetrieben, so Giffey. "Berlin geht voran." Dabei dankte sie auch ihrem Parteigenossen Woidke, der "sehr unterstützt hat, dass das gelungen ist".

Jarasch dankte dem VBB und den Brandenburger Landräten, dass die Lösung für Berlin bewilligt wurde. "Ich glaube, wir können ganz schön hartnäckig sein", so Jarasch. Das 29-Euro-Ticket sei von den Menschen in Berlin gewünscht worden.

Bei der Sitzung am Donnerstag war das Ergebnis klarer als zuvor auf Berliner Seite erwartet: "Der Aufsichtsrat hat tatsächlich beschlossen - einstimmig mit allen anwesenden Mitgliedern, auch mit den Landräten, die da waren", sagte Jarasch. "Jetzt wird aber im Nachgang das Votum nochmal schriftlich eingeholt auch bei denen, die heute nicht teilnehmen konnten", so die Senatorin. "Die Mehrheiten sind aber mit dem heutigen Beschluss gesichert."

Die VBB-Aufsichtsratschefin, die Berliner Verkehrs-Staatssekretärin Meike Niedbal (parteilos), warb am Donnerstag im rbb24 Inforadio für eine bundesweite Lösung ab Januar: "Wir setzen nach wie vor darauf, dass wir im Bund zu einer einheitlichen Lösung kommen werden, wo wir dann auch keine (Tarif-) Grenzen mehr haben werden", sagte sie. "Wir machen uns auch dafür stark, weil wir in der Zeit des Neun-Euro-Tickets gesehen haben, dass es deutliche verkehrliche Effekte gab."

Scharfe Kritik aus Brandenburg

Zuvor hatte der Landrat von Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt (SPD), seine Blockade aufgegeben. Noch am Mittwoch hatte Schmidt ein Veto gegen die Dringlichkeitssitzung des Aufsichtsrates eingelegt. Ihm seien die Unterlagen zu spät zugestellt worden, er habe nicht genug Zeit zur Vorbereitung gehabt. Das Veto zog Schmidt später zurück.

Kritik aus Brandenburg gab es aber bis zum Schluss: Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jan Redmann, warf dem Senat vor, das Nachbarland nicht in seine Überlegungen einbezogen zu haben. Die Pläne der Berliner Koalition aus SPD, Grünen und Linken seien Geldverschwendung und ein vorgezogenes Wahlkampfgeschenk, sagte Redmann dem rbb24 Inforadio. Zuvor hatte auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Berliner Insellösung zunächst abgelehnt.

Formaler Beschluss steht noch aus

Giffey hatte noch am Dienstag gesagt, dass eine Entscheidung am Donnerstag fallen müsse, damit die Verkehrsbetriebe genug Zeit für die Vorbereitung hätten. Der VBB-Aufsichtsrat traf sich nun per Videokonferenz zu einer kurzfristig anberaumten Sitzung. Es müsse allerdings noch ein formeller Beschluss folgen, teilte der Verkehrsverbund mit. Das schriftliche Verfahren werde "umgehend eingeleitet". Man werde "mit Hochdruck" an der Umsetzung des Tickets arbeiten.

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Kosten in Millionenhöhe für Berlin

Zur Finanzierung des Berliner 29-Euro-Tickets wurden im Landeshaushalt rund 105 Millionen Euro bereitgestellt - allerdings erst im Hauptausschuss, eine Bewiligung über einen Nachtragshaushalt steht noch aus. Das Geld reiche aber aus, so Jarasch, um "mögliche Mindereinnahmen der Brandenburger durch unsere Berliner Aktion" zu finanzieren. laut Jarasch könnte es unter anderem passieren, dass Brandenburger VBB-Kunden ihr ABC-Abo kündigen, um das vergünstigte Berliner AB-Ticket zu bekommen.

Das 29-Euro-Ticket soll eine Übergangslösung sein, bis ein deutschlandweites Nahverkehrsticket beschlossen wird. Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) plädierte mehrfach dafür, beim Nachfolger des Neun-Euro-Tickets zweigleisig zu fahren: ein 29-Euro-Ticket für Berlin und ein 69-Euro-Ticket, das bundesweit gilt. Die Ampelkoalition im Bund will für ein bundesweites Nahverkehrsticket 1,5 Milliarden Euro bereitstellen, verlangt aber, dass die Bundesländer sich mindestens in gleicher Höhe finanziell beteiligen. Ziel ist ein Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.09.2022, 19:30 Uhr

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