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Quelle: dpa/J.Kalaene

Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts

Was darf das Parlament noch entscheiden – und was nicht?

Im Abgeordnetenhaus wurde erst einmal die Pausetaste gedrückt: Zwei Gesetzes- vorhaben wurden nach dem Wahlwiederholungs-Urteil vertagt, weil sich die Fraktionen uneinig sind, was das Parlament noch darf. Ein Gutachten soll nun weiterhelfen. Von Sylvia Wassermann

Das Urteil des Berliner Verfassungsgerichts hat es in sich, in vielen Punkten, auf sehr vielen Seiten. Und längst nicht jeder Satz, den die Richterinnen und Richter formuliert haben, ist eindeutig. Streit gibt es zwischen den Fraktionen im Abgeordnetenhaus um einen Punkt auf Seite 149. Dort heißt es: "Zur Sicherstellung der Kontinuität staatlichen Handelns ist das Abgeordnetenhaus bis zur Konstituierung des neuen Parlaments weiter berechtigt, seine Aufgaben wahrzunehmen."

Für den parlamentarischen Geschäftsführer der Linken, Steffen Zillich, heißt das: Das Parlament kann erst mal weitermachen und auch Gesetze beschließen.

Die Opposition sagt: Stopp!

Die Opposition gibt Kontra. Heiko Melzer von der CDU verweist auf einen Punkt ein paar Sätze weiter im Urteil:

"Das Abgeordnetenhaus hat bei Wahrnehmung seiner Aufgaben das gebotene Maß an Zurückhaltung zu wahren." Zurückhaltung, so der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, könnte auch heißen: Bitte keine neuen Gesetze beschließen.

Das sieht die AfD ähnlich. Laut Ronald Gläser sollten keine Gesetze mehr beschlossen werden, außer sie werden mit einer großen Mehrheit umgesetzt. Eine Einschränkung nach Mehrheitsfähigkeit lehnt CDU-Mann Melzer aber ab. Wenn es darum gehe, den Staat am Laufen zu halten, sei die CDU aber mit an Bord. Ansonsten sei die Koalition gut beraten, sich in Demut zurückzuhalten, wie es das Urteil verlange.

Die FDP würde eine Ausnahme machen, wenn ein Gesetzesvorhaben unausweichlich wäre. So etwas liege aktuell aber nicht vor.

Weil sich Koalition und Opposition uneinig sind, soll jetzt der wissenschaftliche Parlamentsdienst klären, wie das Urteil zu verstehen ist: Gesetze erlassen oder Gesetze lassen?

 

Vorerst keine Lehrerverbeamtung

In der Pipeline der noch nicht verabschiedeten Gesetze liegt auch die Verbeamtung der älteren angestellten Lehrerinnen und Lehrer bis 52. Die liegt vorerst auf Eis. Der FDP kommt das gelegen. Ihr ist die Lehrkräfte-Verbeamtung ohnehin ein Dorn im Auge, da sie teuer ist. Die CDU bedauert hingegen, dass die Koalition das Gesetz nicht schon längst auf den Weg gebracht hat. Die AfD denkt, da man schon so lange über die Verbeamtung spreche, komme es auf drei Monate bis zur Wiederholungswahl auch nicht an.

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Rot-Grün-Rot will weiter Gesetze beschließen

Aus den Reihen der rot-grün-roten Koalition wird auf andere Bundesländer wie Hamburg und Schleswig-Holstein verwiesen. Dort habe es in vergleichbaren Situationen keine Einschränkungen gegeben und es seien weiter Gesetze beschlossen worden. Darauf würde sich der Linke Steffen Zillich auch gerne für Berlin einigen: "Das Parlament ist voll handlungsfähig. Es kann Gesetze beschließen, kann auch Gremien wählen, kann selbstverständlich Anträge einbringen. Aber Zurückhaltung sollte es üben, indem es die Verfassung nicht ändert."

Wahlalter bleibt vorerst bei 18 Jahren

So eine Änderung der Verfassung wäre nötig, um das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, wie es sich die Koalition eigentlich vorgenommen hatte. Auch diese Gesetzesvorlage ist vorerst vom Tisch. Die FDP bedauert das. Sie hätte das Vorhaben gerne mit durchgesetzt. Aber Verfassungsänderungen – für die im Parlament eine Zweidrittelmehrheit notwendig wären – sind auch aus Sicht der Liberalen bis zur Wiederholungswahl ausgeschlossen.

Auch das Vergabegesetz oder die neue Bauordnung, in die unter anderem ökologische Aspekte aufgenommen werden sollten, sind auf die Wartebank geschoben. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Melzer hofft, dass der wissenschaftliche Parlamentsdienst bis zur nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses eine Empfehlung parat hat.

Sendung: rbb24-Abendschau, 18.11.2022, 19:30 Uhr

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