rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Audio: rbb24 Inforadio | 26.11.2022 | Torsten Sydow | Quelle: dpa/Annette Riedl

Brandenburger SPD in Cottbus

Parteitag ohne große Reibungspunkte

Auf dem Brandenburger SPD-Parteitag standen am Samstag keine Wahlen auf der Tagesordnung. Mit inhaltlichen Debatten wollten sich die Genossinnen und Genossen in Cottbus auf schwierige Zeiten vorbereiten. Viele Kontroversen gab es dabei nicht. Von Thomas Bittner

Der 26. November ist für die Brandenburger Sozialdemokraten ein besonders emotionales Datum. Nicht wegen des Parteitags an diesem Samstag, sondern weil an diesem Tag vor 21 Jahren die Sozialikone der Ost-SPD, Regine Hildebrandt, gestorben ist. "Unvergessen" ist sie, so steht es in großen Lettern neben einem Pappaufsteller der ehemaligen Brandenburger Sozialministerin im Eingangsbereich der Messehalle.

Die Delegierten fotografieren sich mit ihrem Porträt, kleben Schilder mit "Ansporn" und "Vorbild" an die Gedenkwand. Aber das Feuer, mit dem die Ministerin in den 1990ern ganze Hallen begeisterte, kommt nicht auf.

SPD-Landesparteitag in Cottbus

Im Zeichen der Krisen

Die SPD trifft sich am Samstag zu ihrem Landesparteitag in Cottbus. Nach den vielen Krisen der jüngsten Zeit geht es der Partei vor allem um eine Botschaft: Die Genossen können Antworten liefern. Symbolischen Charakter hat der Tagungsort. Von Markus Woller

Woidke lobt Bundesregierung unter SPD-Regie

Dietmar Woidke, der Landesvorsitzende und Ministerpräsident, hat hier, zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl, nichts zu befürchten. Er lobt den neugewählten SPD-Oberbürgermeister von Cottbus, Tobias Schick, der mit seinem "Wahnsinnswahlkampf" und dem Sieg in der Stichwahl den Stempel von "Cottbus als Nazistadt" korrigiert hat. In Cottbus wolle man zeigen, wie es geht: erst Perspektiven mit neuen Industriearbeitsplätzen schaffen, bevor Jobs durch den Kohleausstieg verloren gehen.

Nicht nur der Lausitz, sondern auch dem PCK im uckermärkischen Schwedt verspricht Woidke eine Transformation dank Milliardensummen, die der Bund bereitstellt. Es gebe derzeit kein Bundesland, das wirtschaftlich erfolgreicher wäre, das mehr Zuzug hätte, als Brandenburg. "Jeder will dahin", zitiert Woidke die jüngste Marketingkampagne des Landes.

In der Krise sei man mit Entlastungspaketen nah bei den Menschen. "Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit" sei im ersten Jahr der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung "etwas Revolutionäres" geschehen. Noch nie habe es so viel Entlastung für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen gegeben. Woidke erinnert an das Kindergeld, den Mindestlohn, an mehr Wohngeld und das Bürgergeld.

Auftaktrede beim SPD-Landesparteitag

Künftiger Cottbuser Oberbürgermeister will mehr Geld für soziale Bereiche

Scholz: Öl-Verhandlungen mit Polen "weit fortgeschritten"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der auch als brandenburgischer Bundestagsabgeordneter Gast des Parteitags ist, kommt im Freizeit-Pullover-Look am Nachmittag dazu. Er verteidigt noch einmal die Unterstützung für das PCK in Schwedt. Es ist ja durchaus nicht selbstverständlich, dass eine Bundesregierung einen ganz konkreten Unternehmensstandort sichere. Aber alle könnten sich darauf verlassen, dass in Schwedt noch länger Öl verarbeitet werden könne, und dass Schwedt ein Zukunftsstandort werden könne, für Treibstoffe aus erneuerbaren Energien.

Am Rande des Parteitags sagt Scholz gegenüber Journalisten, dass die Verhandlungen mit Polen über alternative Öllieferungen "weit fortgeschritten" seien. Ein konkretes Datum, ab wann die PCK wegen des Embargos komplett auf russisches Rohöl verzichten kann, nennt er nicht.

Kritik an Fokus auf Schwedt und die Lausitz

Unterdessen debattieren die Delegierten ihre Leitanträge. Einstimmig bekennen sich die Genossinnen und Genossen zur Ukraine-Solidarität und signalisieren Zustimmung zum geplanten zusätzlichen Rettungsschirm, der kreditfinanziert das Land über die schwierigen Zeiten bringen soll. SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller sagt, in der Krise wolle man nicht zu den Angstmachern gehören, sondern Mutmacher sein.

Dem jungen Eberswalder Delegierten Steve Rennert geht die Harmonie auf dem Parteitag dann doch ein bisschen zu weit. Er kritisiert den Fokus auf die Lausitz und das PCK, fordert mehr Engagement auch für andere Regionen, man solle auch selbstkritisch beleuchten, was nicht so gut laufe, statt sich immer nur selbst zu loben.

Milliarden-Hilfspaket

Brandenburg investiert in erneuerbare Energien und Sozialeinrichtungen

Energiekrise, Inflation und überlastete soziale Hilfswerke verschärfen die Situation für viele Brandenburgerinnen und Brandenburger in diesem Winter. Das Land hat deshalb ein zwei Milliarden Euro schweres Hilfspaket verabschiedet.

Keine Seitenhiebe auf CDU und Grüne

Regierungschef Woidke ist in Cottbus nicht gefordert, er spult in freier Rede ein Statement ab, als würde er ein Grußwort halten. Kein Satz über die Performance der Landesregierung, nichts über die Koalitionspartner, keine Seitenhiebe auf Grüne oder CDU.

In der Cottbuser Messehalle wird der Eindruck erweckt, als würde die SPD im Bund und im Land allein regieren. Als würde es keine Kontroversen in der Potsdamer Kenia-Koalition geben. Als hätte es den Streit mit den Grünen um das Jagdgesetz oder das Ein- und Ausreisezentrum am BER oder die Kontroverse mit der CDU um das Bürgergeld nie gegeben.

Der Landtagswahlkampf liegt noch in weiter Ferne. Personaldebatten sollten das Parteitags-Idyll nicht stören. Selbst der Streit über eine mögliche Doppelspitze in der Landes-SPD wurde vor dem Samstag abgeräumt. Die Antragsteller hatten ihren Antrag nach internen Diskussionen zurückgezogen.

Ölraffinerie in Schwedt

Weg frei für Förderung des PCK-Umbaus

Der Bundeshaushalt für das kommende Jahr ist beschlossen. Damit wurde auch bestätigt, dass hunderte Millionen in die Uckermark fließen sollen. Mit dem Geld soll auch der Umbau der PCK-Raffinerie in Schwedt gefördert werden.

Woidke eilt nach fünf Stunden davon

Der Vorschlag der Jusos für eine Satzungsänderung, Ämter- und Mandatshäufung zu verhindern, scheitert nach kurzer Debatte an der Delegiertenmehrheit. Länger wird über ein soziales Pflichtjahr diskutiert, das vom Bundespräsidenten vorgeschlagen wurde.

Einstimmig spricht sich der Parteitag für die Stärkung der Freiwilligendienste und eine bessere Bezahlung von Freiwilligen aus, aber ein Pflichtjahr lehnen die Brandenburger Genossinnen ab. Die Bundestagsfraktion solle sich des Themas annehmen.

Nach nur fünf Stunden Parteitag eilt Ministerpräsident Woidke zum nächsten Termin aus der Halle. Olaf Scholz ist da schon längst wieder weg. Und auch die Delegierten werden bald in das Adventswochenende entlassen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.11.2022, 19:30 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 27.11.2022 um 20:10 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Beitrag von Thomas Bittner

Artikel im mobilen Angebot lesen