rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Audio: rbb | 09.02.2021 | Amelie Ernst | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Landesarmutskonferenz in Brandenburg

"Eine Armutswelle nach Corona zeichnet sich ab"

Brandenburgs Landesarmutskonferenz befürchtet wegen der Corona-Pandemie immer mehr finanzielle Probleme für Menschen mit geringem Einkommen und Familien. Schon zuvor sei jedes vierte Kind von Armut betroffen gewesen - die Zahl werde tendenziell steigen.

Eine bessere Abfederung der Corona-Auswirkungen für sozial schwache Menschen und Familien hat die Landesarmutskonferenz Brandenburg gefordert. Der Sprecher des Gremiums, Andreas Kaczynski, forderte am Dienstag in einer Videokonferenz, wer ein geringes Einkommen habe, müsste deutlich entlastet werden.

In der Konferenz befürchtet man wegen der Corona-Pandemie insbesonders immer mehr finanzielle Probleme bei Familien. Schon vor Corona sei jedes vierte Kind in Brandenburg von Armut betroffen gewesen, hieß es. Wegen der Lage am Arbeitsmarkt und der verbreiteten Kurzarbeit werde mit einem Anstieg gerechnet. "Eine Armutswelle nach Corona zeichnet sich ab", sagte Franziska Löffler von der Arbeiterwohlfahrt Potsdam.

Mehr zum Thema

Kinder aus armen Familien

Wenn Home-Schooling zu knurrenden Mägen führt

Hartz-IV-Leistungen und Kurzarbeitergeld im Fokus

Viele Familien kämen derzeit mit Mietzahlungen in Verzug, es drohe eine wachsende Verschuldung, sagte Kaczynski. Der Kündigungsschutz müsse deshalb wieder verlängert und eine Stundung von Mietzahlungen möglich gemacht werden, damit Familien nicht in Obdachlosigkeit rutschen. Kindern aus armen Familien müsse zudem auch während der Schulschließungen ein gesundes Mittagessen ermöglicht werden, hieß es weiter.

Die Hartz-IV-Leistungen müssten erhöht werden, um zusätzliche finanzielle Belastungen etwa für Corona-Hygiene auszugleichen, so der Sprecher der Konferenz weiter, 100 Euro seien hier der "Mindestbetrag".

Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg, Sonja Staack, plädierte auch dafür, das Kurzarbeitergeld für Geringverdiener aufzustocken. "Lohnersatzleistungen gleichen nie ganz aus, was man im normalen Lohn erhalten hätte", erklärte Staack. In der Kurzarbeit erhielten Arbeitnehmer nur 67 Prozent ihres Nettolohns. "Wer vorher schon jeden Euro umdrehen musste, kann von 67 Prozent nicht leben."

Pandemie könnte sich auch auf komunale Haushalte auswirken

Birgit Uhlworm von der Selbsthilfegruppe Alleinerziehender "SHIA" forderte das Land auf, jedes Kind mit Computern auszustatten. "Die digitalen Endgeräte und das nötige Zubehör sollten über das Bildungs- und Teilhabepaket oder über Schulsozialfonds finanziert werden", sagte Uhlworm. Wenig bedacht werde auch die Ausstattung von Schulen mit technischem Personal. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht über eine verlorene Generation sprechen", so Kaczynski. Nach dem Lockdown müssten alle Kinder und Jugendliche die nötige Förderung erhalten.

Die Landesarmutskonferenz warnte auch vor den Folgen der Pandemie für die öffentlichen Haushalte. Viele Arbeitsfelder der gemeinnützigen Verbände seien durch freiwillige Leistungen der Kommunen finanziert. Es sei zu befürchten, dass sie nach dem Lockdown zurückgefahren werden, sagte Inga-Karina Ackermann vom Landesverband Brandenburg des Arbeitslosenverbands Deutschland.

50.000 Brandenburger leben von Arbeitslosengeld II

In Brandenburg beziehen laut Landesarmutskonferenz rund 50.000 Menschen Arbeitslosengeld II. Knapp 20.000 Menschen seien zudem im Januar in Kurzarbeit gewesen, heißt es. Von den rund 340.000 Familien im Bundesland seien rund 88.000 Elternteile alleinerziehend. Davon seien mit 41 Prozent etwas weniger als die Hälfte von Armut betroffen sei.

Die rund 26.000 Haushalte mit drei oder mehr Kindern seien die Gruppe mit der höchsten Armutsgefährdung nach den Alleinerziehenden.

Sendung: Brandenburg aktuell, 09.02.2021, 16 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen