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rbb-Podcast "Feld, Wald & Krise" - Folge 9

Vergammeln ist wichtig - Geld fürs Nichtstun

Die Entscheidung, ob ein Baum gefällt wird, sollte vom ökologischen Zustand des Waldes abhängen, nicht vom Verkaufserlös. Das fordert der Eberswalder Forstwissenschaftler Pierre Ibisch. Er schlägt ein Vergütungssystem vor, das Ökosystemleistungen honoriert.

Bislang war Holzverkauf fast die einzige Einkommensquelle von Waldbesitzern. Doch Brandenburgs wichtigste Baumarten – Kiefer, Buche, Eiche – sind geschwächt von indirekten oder direkten Folgen des Klimawandels: Von Dürren, Sturmschäden, Waldbränden oder Schadinsekten. Neue, widerstandsfähigere Baumarten werden noch lange brauchen, bis sie gewinnbringend geerntet werden können.

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Wissenschaft und Politik diskutieren daher über sinnvolle Wege, um Waldbesitzer für die Stärkung von Ökosystemdienstleistungen zu honorieren: Für Kohlenstoffspeicherung und Artenschutz, für Luftreinhaltung und Landschaftskühlung, für Wasserspeicherung und Erholung.

Bisherige Förderprogramme werden dieser Komplexität nicht gerecht, beklagen Wissenschaftler und Waldbesitzer gleichermaßen.

Satellitengestützes Prämiensystem

Der Forstwissenschaftler Prof. Pierre Ibisch von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde hat gemeinsam mit anderen Forschenden ein Konzept vorgeschlagen, das die Ökosystemleistungen von Wäldern honoriert.

[Externer Inhalt: Konzept zur Förderung von Waldökosystemen in Deutschland, pdf]

Demnach sollen vier Leistungen von Wäldern prämiert werden: Kühlung, Vitalität, Biomasse und Strukturvielfalt. Diese vier Parameter seien durch Satellitenbeobachtung sehr gut zu erfassen. "Und das Konzept schließt die Holz-Bewirtschaftung nicht aus", sagt Pierre Ibisch, "nur ist der Waldbesitzer dann dafür zuständig, dass die anderen Leistungen nicht leiden. Vorausgesetzt, dass man mit diesen Leistungen genügend Geld verdienen kann. Und das muss jetzt gesellschaftlich ausgehandelt werden."

Prof. Pierre Ibisch, Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde | Quelle: dpa/Bernd Settnik

Regenerationsprämie für Flächenschäden

Einmalig könnten Waldbesitzer nach Ibischs Vorstellungen zudem eine sogenannte Regenerationsprämie in Anspruch nehmen. Damit soll der naturnahe, sukzessive Aufbau von großflächig geschädigten Wäldern gefördert werden. Entscheidend sei, dass die Prämie so hoch ist, dass Waldbesitzer "nicht gezwungen sind, minderwertiges Holz zu ernten und auf einen geschwächten Markt zu bringen".

Ibisch sieht die Gefahr, dass auf geschädigten Arealen Kahlschlagflächen entstehen, die sich in der Sonne erhitze, Klimagase freisetzen, deren Humusschicht und damit deren Wasserspeicherfähigkeit zerstört wird. Totholz sollte nicht entnommen werden:

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Feld, Wald und Krise – Landschaften im Wandel

Ein rbb-Podcast in Zusammenarbeit mit dem Forschungsnetzwerk "Querfeldein" (www.quer-feld-ein.blog) Welche Ideen entwickeln Wissenschaftler, um mehr Wasser in der Landschaft zu halten? Wie können Brandenburger Äcker der Dürre trotzen? Wie lässt sich auf vernässten Mooren Landwirtschaft betreiben? Wie vertragen sich Solar- und Agrarflächen miteinander? Was leisten Feld-Roboter auf den Äckern? Wie kann ein nachhaltiger Waldumbau gelingen? Im rbb-Podcast "Feld, Wald und Krise" fragen Andreas Jacob und Fred Pilarski nach der Zukunft von Kultur-, Natur- und Stadtlandschaften in den nächsten Jahrzehnten und suchen nach Antworten aus der Wissenschaft. "Feld, Wald und Krise" baut auf dem Podcast "Fruchtfolgen" auf. Die entsprechenden Episoden findet ihr weiter unten zum Nachhören.

Warum Vergammeln wichtig ist

"Vergammeln ist wichtig", sagt der Forstwissenschaftler. Weil dabei nicht nur Kohlendioxid in die Luft entweicht, sondern auch Humusboden entsteht, der Wasser speichert und Mikroorganismen ernährt. Kohlenstoff werde ausgewaschen und in tieferen Bodenschichten gespeichert – eine zusätzliche Klimaschutzwirkung. "Und wie kann man das erreichen? Indem Menschen dafür Geld verdienen, dass sie auch einmal nichts machen."

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