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Quelle: dpa/Patrick Pleul

Ölraffinerie in Schwedt

Wie Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg auf die Lage der PCK-Raffinerie blicken

Der Staatssekretär Michael Kellner hat erneut den Kurs der Bundesregierung bei der PCK-Raffinerie verteidigt. Bundestagsabgeordnete für die Uckermark kritisieren nun das Vorgehen – andere zeigen Verständnis dafür. Von Juan F. Álvarez Moreno

Die Brandenburger Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Uckermark – Barnim I sind gespalten in der Frage, ob die Bundesregierung ihre Versprechen zur Auslastung der PCK-Ölraffinerie in Schwedt (Uckermark) halten kann. Nachdem der Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) vergangene Woche im rbb-Interview behauptete, dass die Raffinerie im Januar eine Auslastung von 60 Prozent erreicht habe und wegen zusätzlicher Liefermengen aus Polen sogar 70 Prozent erreichen könnte, zweifeln unter anderem Abgeordnete von CDU, Linke und AfD an seinen Aussagen.

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr ein freiwilliges Ölembargo gegen Russland ab dem 1. Januar 2023 beschlossen. Der Import-Stopp betrifft die PCK-Raffinerie in Schwedt, da dort die russische Erdölleitung "Druschba" endet. Das PCK versorgt Brandenburg und Berlin mit Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl. Seit Jahresanfang fließt ausschließlich Rohöl über den Hafen Rostock und eine Pipeline zur Raffinerie. Öl über den Hafen Danzig soll dazu kommen.

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Wegen unterschiedlicher Angaben zur Auslastung der PCK-Raffinerie hat Ministerpräsident Woidke mehr Klarheit gefordert. Aus seiner Sicht ist die Versorgung unzureichend. Dem widerspricht Staatssekretär Michael Kellner.

Jens Koeppen (CDU): "Den Ankündigen kann man wenig Vertrauen schenken"

Der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen (CDU) misstraut den Versprechen und Informationen der Bundesregierung über die Auslastung der PCK-Raffinerie. "In den Antworten der Bundesregierung auf schriftliche Anfragen und auch im Ausschuss wird von Liefermengen um die 60 Prozent gesprochen. Tatsächlich waren es im Januar noch einige Punkte darunter", sagte Koeppen dem rbb. "Den Ankündigen kann man wenig Vertrauen und Glauben schenken." Mittel- und langfristig könne die Raffinerie mit dieser Auslastung weder technisch noch wirtschaftlich arbeiten. Eine Raffinerie dieser Größenordnung habe im Normalfall eine Auslastung von über 95 Prozent, so der Christdemokrat.

Der Christdemokrat sieht in der Verstaatlichung des PCK keine Lösung. Auch für eine komplette Umstellung auf Wasserstoff sei die Zeit noch nicht reif. "Die grünen Verantwortungsträger können die fehlenden technologischen und infrastrukturellen Voraussetzungen der Transformation nicht mit ihrer Ideologie wettmachen", sagte Koeppen.

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Stefan Zierke (SPD): "Die Uckermark wird Energieregion bleiben"

Der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Stefan Zierke vertritt auch die Uckermark und den Barnim im Bundestag. Doch er verteidigt den Kurs der Bundesregierung: "Die Bundesregierung, die Landesregierung und ich - im Rahmen meinen Bundestagsmandats - unternehmen alles für die Stabilität der PCK-Raffinerie und die Versorgungssicherheit vor Ort", sagte Zierke dem rbb.

Es sei ihm wichtig, den "gesellschaftlich und politisch gewollten Transformationsprozess" in Schwedt zu gestalten. Man wolle die "modernste und klimaschonendste Raffinerie in Europa haben", so der Sozialdemokrat. "Die Uckermark ist und wird weiterhin Energieregion bleiben und setzt dabei auch auf einen Energiemix aus regenerativen Energien und Wasserstoff. Der Verbund der wirtschaftlichen Partner vor Ort ist die Basis für eine erfolgreiche Zukunft."

Christian Görke (Linke): "Energieversorgung gehört in staatliche Hoheit"

Christian Görke, Bundestagsabgeordneter der Linken aus dem Nordost Brandenburgs, bringt eine Verstaatlichung der Ölraffinerie ins Spiel. "Ich bin grundsätzlich der Auffassung, dass die Energieversorgung und Energiekonzerne nach den Erfahrungen der letzte Wochen und Monate, auch der Energiekrise, in staatliche Hoheit gehören", sagte Görke. Das sei bei dem Gasversorger Uniper bereits der Fall gewesen. Das PCK sei auch Teil der kritischen Infrastruktur und wichtig für die Energieversorgung Ostdeutschlands. Deswegen sei es folgelogisch, dass der Bund in das PCK einsteigt.

Görke sei mit den bisherigen Ankündigungen des Staatsekretärs Kellner nicht zufrieden. Die versprochene Auslastung der Raffinerie sei nicht erreich worden "Ich erwarte eigentlich, dass die Bundesregierung liefert", so der Linken-Politiker. Laut seinen Informationen erwartet Polen möglicherweise Vertragsstrafen für bis zu zehn Millionen Tönen Öl. Er gehe davon aus, dass auch Deutschland Strafen zahlen müsste.

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Friedhelm Boginski (FDP): "Sicherstellung der Arbeitsplätze hat höchste Priorität"

"Russland ist kein verlässlicher Partner, auf den wir bei der Energieversorgung setzen können", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete und ehemaliger Bürgermeister von Eberswalde, Friedhelm Boginski, dem rbb. Man müsse den Kurs der vergangenen Jahre korrigieren. Er sei zuversichtlich, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verlässliche Partner finden werde. "Die aktuelle Auslastung liegt noch nicht auf dem Niveau, wo sie künftig liegen muss", gab Boginski zu. Die FDP ist Teil der Regierungskoalition im Bund.

Die Sicherstellung der Arbeitsplätze habe für Boginski höchste Priorität. "Gerade in Hinblick auf die Umstellung auf die Produktion CO2 neutraler Energieträger wäre die Sicherheit vieler Arbeitsplätze in der Region für einen langen Zeitraum gesichert", sagte der FDP-Politiker. Zahlreiche Firmen würden auf dem PCK-Gelände bereits daran arbeiten und sich für die Energiewende rüsten. Ihm sei zudem wichtig, dass das PCK nicht verstaatlich werde.

Hannes Gnauck (AfD): "Im Idealfall ist der Status Quo wiederherzustellen"

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck aus Prenzlau (Uckermark) beschreibt die Aussagen von Kellner, wonach eine Auslastung von 70 Prozent erreicht worden sei, als "völlig illusorisch". Die Auslastung der Raffinerie liege maximal zwischen 50 und 56 Prozent. Die Energiepolitik der Bundesregierung sei fragwürdig. Der Oppositionspolitiker kritisiert auch das freiwillige Ölembargo gegen Russland, "was sich außen- und energiepolitisch einmal mehr als Irrsinn entpuppt hat“, sagte Gnauck dem rbb.

Gnauck kritisierte auch die Möglichkeit, dass der polnische Energiekonzern PKN Orlen Anteile der PCK-Raffinerie übernehmen könnte, wie mehrfach berichtet wurde: "Unter den gegebenen Umständen und dem dilettantischen Vorgehen der Bundesregierung, könnte Polen die Raffinerie für einen Spottpreis erlangen", sagte Gnauck. Der Staat müsse ohne Bevormundung die Energieversorgung gewährleisten, deswegen könnte man im Ernstfall über eine Verstaatlichung der Raffinerie diskutieren. Doch ihm sei eine Gesellschafterstruktur wie vor dem Ukraine-Krieg lieber: "Im Idealfall ist der Status Quo wiederherzustellen."

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.02.2023

Beitrag von Juan F. Álvarez Moreno

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