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Audio: Antenne Brandenburg | 20.05.2021 | Stefan Körzell vom DGB | Quelle: dpa/Ennio Leanza

Aktuelle Studie

Zahl der ostdeutschen Beschäftigten mit Branchen-Tarifvertrag sinkt weiter

Nur noch eine Minderheit der Arbeitnehmer in Deutschland wird nach Tarif bezahlt - mit sinkender Tendenz. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom Mittwoch [www.iab.de]. Im Osten Deutschlands arbeiten demnach noch 32 Prozent der Beschäftigten in einem Unternehmen mit einem Branchentarifvertrag. Im Jahr 2019 waren es noch zwei Prozent mehr.

Unternehmen wollen Flexibilität

Bei den Branchen mit Tarifvertrag liegen in Brandenburg das Baugewerbe und die öffentlichen Verwaltungen vorne. Ohne Tarifvertrag sind Arbeitnehmer hingegen oftmals in der Landwirtschaft, im Groß- und Einzelhandel und auch im Gastgewerbe. Dort zahlt nur jedes zehnte Unternehmen nach Tarif.

Olaf Lücke, der Geschäftsführer des Brandenburger Hotel- und Gaststättenverbands, sagte dem rbb am Donnerstag, dass gerade kleine Unternehmen Tarifverträge ablehnten, weil sie Flexibilität wollten. "Unternehmen wollen sich nicht vorschreiben lassen, wann sie wie viel Urlaubsgeld zu zahlen haben", so Lücke. "Das wollen sie danach entscheiden, wie die wirtschaftliche Situation ist. Ein vielgehörtes Argument ist, dass sie sich nicht in ein starres Korsett pressen lassen möchten." Ein Tarifvertrag weise aus der Sicht vieler Betrieb zu viele langfristige Verpflichtungen auf.

DGB fordert Regulierung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht die Situation mit großer Sorge. So sagte ein Sprecher am Donnerstag auf Anfrage, dass Unternehmen, die aus Tariflöhnen aussteigen, für potentielle Arbeitnehmer an Attraktivität verlieren. Langfristig könnte dies angesichts des Fachkräftemangels Konsequenzen nach sich ziehen.

Stefan Körzell vom DGB-Bundesvorstand sieht die Politik in der Pflicht, regulierend einzugreifen. "Die öffentliche Hand vergibt im Jahr Aufträge im Wert von 400 bis 500 Milliarden Euro. Wenn diese Aufträge, wie etwa im Bau, beim Schulessen oder Fahrdienste, zukünftig nur noch an Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen - und da gehört Tarifbindung dazu - vergeben werden, hätte das eine mächtige Wirkung." Laut Körzell könnte damit der derzeitige Trend umgekehrt werden und Betriebe wieder zu Tarifen animieren.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.05.2021, 16:10 Uhr

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