Aktuelle Studie - Zahl der ostdeutschen Beschäftigten mit Branchen-Tarifvertrag sinkt weiter

Fr 21.05.21 | 08:26 Uhr
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Symbolbild: Gastronomie und Hotellerie (Quelle: dpa/Ennio Leanza)
Audio: Antenne Brandenburg | 20.05.2021 | Stefan Körzell vom DGB | Bild: dpa/Ennio Leanza

Nur noch eine Minderheit der Arbeitnehmer in Deutschland wird nach Tarif bezahlt - mit sinkender Tendenz. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom Mittwoch [www.iab.de]. Im Osten Deutschlands arbeiten demnach noch 32 Prozent der Beschäftigten in einem Unternehmen mit einem Branchentarifvertrag. Im Jahr 2019 waren es noch zwei Prozent mehr.

Unternehmen wollen Flexibilität

Bei den Branchen mit Tarifvertrag liegen in Brandenburg das Baugewerbe und die öffentlichen Verwaltungen vorne. Ohne Tarifvertrag sind Arbeitnehmer hingegen oftmals in der Landwirtschaft, im Groß- und Einzelhandel und auch im Gastgewerbe. Dort zahlt nur jedes zehnte Unternehmen nach Tarif.

Olaf Lücke, der Geschäftsführer des Brandenburger Hotel- und Gaststättenverbands, sagte dem rbb am Donnerstag, dass gerade kleine Unternehmen Tarifverträge ablehnten, weil sie Flexibilität wollten. "Unternehmen wollen sich nicht vorschreiben lassen, wann sie wie viel Urlaubsgeld zu zahlen haben", so Lücke. "Das wollen sie danach entscheiden, wie die wirtschaftliche Situation ist. Ein vielgehörtes Argument ist, dass sie sich nicht in ein starres Korsett pressen lassen möchten." Ein Tarifvertrag weise aus der Sicht vieler Betrieb zu viele langfristige Verpflichtungen auf.

DGB fordert Regulierung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht die Situation mit großer Sorge. So sagte ein Sprecher am Donnerstag auf Anfrage, dass Unternehmen, die aus Tariflöhnen aussteigen, für potentielle Arbeitnehmer an Attraktivität verlieren. Langfristig könnte dies angesichts des Fachkräftemangels Konsequenzen nach sich ziehen.

Stefan Körzell vom DGB-Bundesvorstand sieht die Politik in der Pflicht, regulierend einzugreifen. "Die öffentliche Hand vergibt im Jahr Aufträge im Wert von 400 bis 500 Milliarden Euro. Wenn diese Aufträge, wie etwa im Bau, beim Schulessen oder Fahrdienste, zukünftig nur noch an Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen - und da gehört Tarifbindung dazu - vergeben werden, hätte das eine mächtige Wirkung." Laut Körzell könnte damit der derzeitige Trend umgekehrt werden und Betriebe wieder zu Tarifen animieren.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.05.2021, 16:10 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Das was ich hier lese, das kann ich nur als Quatsch bezeichnen.
    Beispielsweise ist Bochumer Bund keine Gewerkschaft, ein Bewerber kann mit einer Frage nach Mitgliedschaft beliebig umgehen, die Gründung eines Betriebsrates kann kein Arbeitgeber verbieten, und der Mindestlohn und Arbeitsrecht gilt auch für Polen. Hierzulande gibt es keine Sonderrechte.

  2. 13.

    Man könnte natürlich sagen, tretet in eine Gewerkschaft ein, sonst wäre der Arbeitnehmer der Dumme, der an seinem Unglück selbst die Schuld trägt. Es ist aber viel einfacher. Wenn der Arbeitgeber in keinem tarifschließenden Arbeitgeberverband ist, kann auch keine Gewerkschaft helfen. Das Dilemma ist bekannt aus der Pflege, die den Bochumer Bund gründete und infolge sogar von recht rechten Kreisen Drohungen bekam. Manch einer wird beim Einstellungsgespräch gefragt, ob er Mitglied in einer Gewerkschaft ist und nicht eingestellt, wenn er das bejaht. Tesla ist ein Paradebeispiel für das Ablehnen eines Betriebsrates und einer Gewerkschaft. Sonderrechte für einen Milliardär und Beschneiden der Arbeitnehmerrechte für Polen, die dort heute schon für 8 Euro arbeiten. Alles völlig legal, der Rohstoff Mensch wächst nach, ist beliebig austauschbar, also fällt er im Wert.

  3. 12.

    Das die Anzahl der Branchen-Tarifverträge immer weiter absinkt hat damit zu tun, dass immer mehr Arbeitgeber aus den Arbeitgeberverbänden austreten um die Tarifbindung zu umgehen.
    Den Gewerkschaften ist dieses Verhalten schon lange ein "Dorn im Auge", aber darauf haben sie keinen Einfluß.
    Die Politik, ja, die könnte etwas tun, etwa bei Mindestlohn, bei Vergabe von öffentlichen Aufträgen etc.
    Wer meint, dass die Gewerkschaften nun überflüssig geworden sind, dem sei gesagt, dass nur diese Organisation eine Legitimation zu Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern hat.

  4. 11.

    Weil se den Osten verarschen.....

  5. 9.

    Das Bild ist ganz schön veraltet, vielleicht sollten Sie sich mal mit der Realität beschäftigen - herzlich Willkommen in 2021!

  6. 8.

    Ja, die Gewerkschaften sind überholt. Die passen einfach nicht mehr in die heutige Zeit, aber das verstehen die älteren Semester nicht (mehr)...

  7. 6.

    Die Gewerkschaften sind eine Organisation aus dem 19.—20. Jahrhundert. Und über die AfD möchte ich gar nicht sprechen. , diese kaputte Partei,!

  8. 5.

    Vielleicht kann man nebenbei ehrenamtlich bei den Grünen sich engagieren,da gibt es immer Bonis

  9. 4.

    Ja das ist so. Man hat sogar den Eindruck, dass das linke Land Brb. als Arbeitgeber, diese Situation seit 31 Jahren, wie im Kapitalismus der 60iger Jahre, ausnutzt. Die zahlreichen verlorenen Prozesse, von nicht einmal Mindestbezahlung bei Polizei, Feuerwehr und Lehrern innerhalb einer schon immer tiefer angesetzten Besoldungsgruppe ohne Beförderungen zu anderen westl. BL, zeigen die Scheinheiligkeit. Wie sagte Herr Stolpe: "Bleiben Sie hier, es wird sich lohnen" - das wird man nicht nur bei den Renten sehen...

  10. 3.

    Aber so kann man doch viel mehr meckern und auf die da oben schimpfen, wenigstens braucht man dann nicht über sein Dasein nachdenken! Freiwillig geben die sogenannten Arbeitgeber sowieso nicht mehr, da muss man schon mal den Hintern heben und je mehr das machen um so besser wird das. Dann muss auch niemand auf irgendwelche Lokführer oder Metaller neidisch sein. Ob das der Brandenburger versteht?

  11. 2.

    So lange der Staat nicht dahinter steht, wird sich noch nicht einmal nach 31 Jahren etwas auf diesem Gebiet verändern und der Staat steht nicht dazu! Siehe Beamten- Besoldung, Rentenbezüge usw.! Aber der Wähler entscheidet über sein Schicksal selbst.

  12. 1.

    Wo nur wenige Menschen gewerkschaftlich organisiert sind, können die Unternehmer machen was sie wollen. Wundert das jemanden?

    Wenn man lieber AfD wählt als in die Gewerkschaft einzutreten und einen Betriebsrat zu wählen, braucht man sich aber auch nicht zu wundern, warum es einem so mies geht.

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