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So heizt Polen in der Energie-Krise

"Man muss im Moment alles verbrennen, außer Autoreifen"

Kohle als Heiz-Material steht in Polen noch immer hoch im Kurs. Wegen des Einfuhr-Embargos gegen Russland ist der Rohstoff aber knapp und teuer. Die PiS-Partei hat deshalb angeregt, mit allem zu heizen, was brennt.

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen sind die Heizkosten in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Im Nachbarland werden noch 70 Prozent der Energie aus Kohle gewonnen. Drei Millionen Haushalte - vor allem ältere und ärmere Menschen - sind auf Kohle angewiesen, so das polnische Umweltministerium.

Der Vorrat beim Kazimierz Sterczyński, Kohlehändler in der Grenzstadt Slubice, ist aktuell aber eher klein. "Dieses Jahr ist schwer für uns. Es gab Lieferengpässe wegen des Russland-Embargos und die Preise sind stark gestiegen."

Kohle-Händler in Frankfurts Nachbarstadt Slubice | Quelle: rbb

Alles verbrennen, außer Autoreifen?

Zahlten Kunden im Frühjahr noch rund 950 Zloty, umgerechnet gut 200 Euro, für die Tonne Steinkohle, waren es zuletzt um die 3.600 Zloty, also 780 Euro. Für viele Polen könnten die Preise ein Anreiz dafür sein, auf anderes Brennmaterial auszuweichen. Im wahrsten Sinne des Wortes angeheizt hat die Debatte der Vorsitzende der nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), Jarosław Kaczyński. Anfang September sagte er bei einem Treffen mit Wählern: "Man muss im Moment alles verbrennen, außer Autoreifen. Polen muss sich ja irgendwie aufwärmen."

Wegen der Energiekrise erlaubt die polnische Regierung seit Juni das Sammeln von Reisig und kleinen Hölzern als Brennstoff. Demnach darf ohne Strafe in den staatlichen Wäldern von Polen für den Eigenbedarf gesammelt werden.

Streit um Preiserhöhung

Vermieter in Kyritz lehnt Angebot von Energieversorger ab

Weil in Kyritz eine Wohnungsbaugesellschaft und der Energieversorger im Clinch um die Preise liegen, könnte 2.200 Mietern die Fernwärme abgestellt werden. Der Vermieter hat ein Angebot des Energieversorgers nun abgelehnt.

Sorge um polnische Luftqualität

Kritiker fürchten, dass die ohnehin bereits mangelhafte Luftqualität in einigen polnischen Städte weiter sinken könnte. Durch einen hohen Kohle-Anteil beim Heizen lagen schon im Januar 33 der 50 europäischen Städte mit der höchsten Luftverschmutzung in Polen, heißt es von der Aktivistenorganisation "Polish Smog Alert" [www.tagesschau.de].

Im Gegensatz zu anderen Städten hat die Luft im polnischen Krosno, 40 Kilometer östlich von Guben (Spree-Neiße), noch eine sehr gute Qualität. Das bestätigt auch eine Luftgüte-Messstation in der vergangenen Woche. Geht es nach dem Bürgermeister Marek Cebula, soll das in der Oderstadt auch so bleiben. "In Polen haben sich die Gesetze, womit geheizt werden darf, nicht verändert. Müll darf nur in speziellen Öfen verbrannt werden, nicht zu Hause."

Zwar verhängen die Ordnungsämter Strafen für das Verheizen nicht geeigneter Brennstoffe, die sind allerdings so gering, dass der Abschreckungseffekt wohl nur die Wenigsten abhalten dürfte.

Heizkosten in der Energiekrise

Kalt, kälter, Kirche?

Viele Kirchen stehen im Winter vor einem Dilemma: Hohe Energiekosten bezahlen oder ihre Besucher frieren lassen. In Beeskow wollen die Kirchen nun Gottesdienste in kleineren Räumen feiern – die aber wenig beheizt werden. Von T. Schönberg und J. F. Álvarez Moreno

Polen subventioniert Kohle-Kauf

Der polnische Staat hat ein milliarden-schweres Programm aufgelegt, um seine Bürger zu stützen. Auf Antrag gab es Heizkosten-Zuschüsse für den Kauf von Kohle von umgerechnet 650 Euro. Viele polnische Haushalte haben dies genutzt. In der 17.000-Einwohner-Stadt Krosno sind allein 1.400 Anträge eingegangen. Anwohnerin Ewa Antolak ist eine von ihnen und zeigt sich von den Maßnahmen überzeugt. "Wir haben den Kohlekosten-Zuschuss in Höhe von 3.000 Zloty (circa 640 Euro, Anmerk. d. Red.) bekommen. Und meine Mutter hat 1.000 Zloty (circa 210 Euro) bekommen, weil sie mit Holz heizt. Der Staat hat uns da hervorragend unterstützt."

Wer den Heizkostenzuschuss erhalten hat, kann in einem zweiten Schritt bald auch günstiger Kohle kaufen. Geplant sind Preise von etwa 436 Euro pro Tonne. Davon will auch Händler Kazimierz Sterczyński in Slubice profitieren. "Wir waren gerade beim Bürgermeister von Słubice. Er hat auch uns gefragt, ob wir uns am Weiterkauf der günstigeren Kohle beteiligen können."

Entwicklung der Kohle-Preise in Polen | Quelle: rbb

Trotz des Versuchs der polnischen Regierung, die Heizkosten für Gas, Holz, Kohle zu begrenzen, dürfte die Vielfalt der Brennstoffe in den Öfen in diesem Winter aber größer werden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 06.11.2022

Mit Material von Michael Nowak

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