Streit um Preiserhöhung - Vermieter in Kyritz lehnt Angebot von Energieversorger ab

Mo 07.11.22 | 17:25 Uhr
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Wohnhaus in Kyritz.(Quelle:rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 07.11.2022 | Diana Azzam | Bild: rbb

Weil in Kyritz eine Wohnungsbaugesellschaft und der Energieversorger im Clinch um die Preise liegen, könnte 2.200 Mietern die Fernwärme abgestellt werden. Der Vermieter hat ein Angebot des Energieversorgers nun abgelehnt.

Im Streit um die Erhöhung von Kosten hat der Aufsichtsrat der Kyritzer Wohnbaugesellschaft (KWG) sich dazu entschieden, ein Angebot des Energieanbieters Energicos nicht anzunehmen. Das sagte Bürgermeisterin Nora Görke (parteilos) am Montag dem rbb: "Wir lassen uns nicht erpressen". Derzeit gehe man nicht davon aus, dass Energicos ernst mache und die Wärme am Montag abstelle.

Energicos hatte der KWG nach rbb-Informationen zuvor ein Angebot vorgelegt. Sollte sie zeitnah die Hälfte der offenen Abschlagszahlungen überweisen, werde Fernwärme und Warmwasserversorgung nicht abgestellt. Inzwischen hat der Energieanbieter dem rbb mitgeteilt, dass zumindest am Montag die Fernwärme nicht abgestellt werde. Am Nachmittag hatten Anwohner dem rbb noch bestätigt, dass die Heizungen weiterhin warm seien.

Energicos: Sechsstelliger Betrag ist noch offen

Der Fernwärmeversorger Energicos aus Kleinmachnow hatte am Freitag die Mieter darüber informiert, dass am Montag die Fernwärme abgestellt werden solle, weil die Wohnungsbaugesellschaft den Zahlungsverpflichtungen nicht nachkomme. Die Versorgungseinstellung sei von Energicos bereits am 18. Oktober 2022 angedroht worden, teilte Thomas Rose, Geschäftsbereichsleiter Marketing von Energicos, dem rbb auf Nachfrage mit. Mehr als 2.200 Bewohner wären betroffen.

Energicos habe aufgrund der Gaspreisentwicklung die Abschläge zum 1. April 2022 anheben müssen, so Rose. Seitdem habe die KWG nur etwa 40 Prozent der fälligen Abschläge gezahlt. Wie hoch die Abschläge konkret sind, gab Energicos nicht bekannt, es sei aber eine sechsstellige Zahl, die von der KWG laut Rose noch zu zahlen sei.

Rose warf der KWG in seiner Stellungnahme vor, die erhöhten Kosten nicht bereits seit April 2022 auf die Mieter umgelegt zu haben und nun nicht in der Lage zu sein, die Abschlagszahlungen zu leisten.

Wohnungsbaugesellschaft kündigt einstweilige Verfügung an

Laut KWG-Chefin Schuster verlangt Energicos jetzt 38 Cent pro Kilowattstunde. Das sei mehr als vier Mal so viel wie vor zwei Jahren und deutlich mehr als bei anderen Versorgen. "Die Energicos fordert in unseren Augen überdimensional hohe Abschlagszahlungen auf die Fernwärme", sagte Schuster. "Wir sagen im Interesse unserer Mieter: Solche Preise zahlen wir nicht." Sollte Energicos tatsächlich die Fernwärme abstellen, werde die Wohnungsbaugesellschaft wie angekündigt eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragen.

Bürgermeisterin Görke sagte dem rbb am Montag, es handele sich bei den Forderungen um "einen dreisten Erpressungsversuch". Die Wohnungsbaugesellschaft verhandele seit Monaten mit dem Energieversorger und sei bislang zu keiner Einigung gekommen. "Die Wohnungsbaugesellschaft kümmert sich um die Portemonnaies ihrer Mieter. Die will nämlich diese überhöhten Forderungen nicht zahlen - im Interesse ihrer Mieter", so Görke. Sie gehe weiterhin nicht davon aus, dass die Fernwärme abgestellt werde.

Der Mieterbund rät Mietern sich zu organisieren

Sollte Energicos die Heizungen abstellen, hätten die Mieter Ansprüche gegenüber ihrem Vermieter, nicht aber gegenüber dem Energieversorger, sagte Matthias Blunert, Mitglied des Landesvorstandes des Mieterbunds Brandenburg. Mit dem hätten sie schließlich keinen Vertrag abgeschlossen. Gegenüber dem Vermieter hätten sie Anspruch auf Schadensersatz und Mietminderung, so Blunert. Das allein bringe einem aber nichts, wenn einem "der Hintern kalt werde", so das Vorstandsmitglied. Er empfehle den Mietern sich im Ernstfall zusammenzuschließen und per Demonstration vor dem Rathaus die Kommunalpolitik aufzufordern, die "Daseinsversorung abzusichern".

Sendung: Antenne Brandenburg, 07.11.2022, 06:30 Uhr

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35 Kommentare

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  1. 35.

    Wer soll das anordnen? Weder Gerichte noch Behörden haben die rechtlichen Möglichkeiten. Wenn der Vermieter den Lieferanten boykottiert, haben die Mieter Pech. So ist nun mal die Rechtslage.

    Den Blödsinn hat der Vermieter gemacht. Ihm steht es nicht zu, die Kalkulation des Energielieferanten zu bewerten.

  2. 34.

    Was sind denn vernünftige Preise? Die Preise bestimmt der Markt und nicht der Energieversorger! Hier hat eindeutig die KWG versagt!! Wenn die Preise bereits im April erhöht wurden und die KWG dem zugestimmt hatte, dann muss sie sich das Geld von den Mietern holen, wenn sie es selbst nicht hat!
    Ist der Versorger nur Lieferant oder auch der Erzeugung der Fernwärme?? Will die KWG, das der Lieferant insolvent geht?

  3. 33.

    Typische Arbeitszahl einer Wärmepumpe liegt so zwischen zwei und vier, je nach Außentemperatur und Vorlauftemperatur, für eine kWh Strom bekommt man also zwischen zwei und vier kWh Wärme. Macht dann also zwischen 10 und 20c pro kWh Wärme.

  4. 32.

    Fernwärme ist in diesem Fall offenbar kein Nebenprodukt.
    Die KWG wird vermutlich 'nur' Fernwärme ohne Preisabsicherung bestellt haben, der Versorger hat genau so selbst bestellt und geliefert, jahrelang war dies günstiger als zusätzlich Preisabsicherung und nun, wo die Preise gestiegen sind, möchte die KWG medienwirksam nicht mehr zahlen, um von eigenen Fehlern abzulenken. Richtig, Frau Schuster? ;)

  5. 31.

    Sollte nicht genau in einem solchen Falle das
    "You never walk alone"-Versprechen greifen?
    Wäre ein Klacks, die Beheizung des Gebäudes zu vernünftigen Preisen sofort anzuordnen.
    Warum wird nicht sofort durchgegriffen und mal den Gas-Firmen Einhalt geboten?

  6. 30.

    >"Man spricht von Staatlich organisierter Abzocke..."
    Na na! Mal nicht alle Fernwärmeproduzenten über einen Kamm scheren. Nur weil unsereins bei den vielen Faktoren und Formeln nicht durchblickt bzw. durchblicken muss, sind alle Anbieter per se ja keine Gauner.
    Ich hatte bei unseren Stadtwerken hier noch nie den Verdacht, übern Tisch gezogen zu werden. Derzeit sogar ganz im Gegenteil als Beurteilung, wenn ich das von anderen Anbietern hier so lese.
    >"...denn Fernwärme ist ein Nebenprodukt."
    Dort in Kyritz leider nicht. Dort ist die Fernwärme das Hauptprodukt. Diese Anlage läuft nur für die Wärme bzw. Warmwasser.

  7. 29.

    Welche Handwerker sollen denn das Wärmepumpen-Märchen für 84 Millionen Einwohner umsetzen?
    Und wie lange soll die dauern?
    Wie soll Otto Normalverdiener das bezahlen?
    Was kostet eine solche Wärmepumpe in der Anschaffung, wenn ich mal fragen darf?

  8. 28.

    Das Problem ist das die Preisberechnung von Fernwärme total intransparent ist, zwar müssen Anbieter die Formel veröffentlichen aber die Werte die sich ansetzen sind nicht nachvollziehbar. Man spricht von Staatlich organisierter Abzocke, denn Fernwärme ist ein Nebenprodukt.

  9. 26.

    Blöd nur, daß im Winter, wenn die Wärmepumpe am nötigsten gebraucht wird, die Tage am kürzesten und die Sonneneinstrahlung am geringsten ist. Speicher sind auch keine Lösung, wenn der Speicher mangels Sonne nicht befüllt wird. Und über Material- und Handwerkermangel sowie Kosten haben wir da noch gar nicht gesprochen.

  10. 25.

    "Sei denn, der hat selber das Gas zu extra schlechten Konditionen eingekauft."
    Vermutlich wird es so etwas in der Art sein. Keine langfristigen Verträge abgeschlossen und damit von kurzfristigen Preissprüngen direkt betroffen.

  11. 24.

    Der Durchschnittspreis für Gas liegt zur Zeit bei Neukunden bei ca 21 Cent pro KWh, also bei ca 2€ pro Kubikmeter. Bestandskunden zahlen weniger. Heißt im Klartext. Abzocke des Anbieters.

  12. 23.

    Genauso falsch...Wärmepumpenstrom mit PV vom Dach und Speicher 0,00 Cent pro KWh.
    Die Investitionen haben sich die Gebäudeverwaltungen gespart. Vor allem Genossenschaften haben total gepennt.
    Das es auch anders geht zeigen immer mehr Eigenheimbesitzer und Energie autarke Kommunen.....

  13. 22.

    Dem Vermieter steht es nicht an, die Kosten der Versorgung zu beurteilen. Nun sitzen die Mieter im Kalten und werden dies auch länger tun

    Eine Einstellung der Versorgung bei Zahlungsausfall ist zulässig

  14. 21.

    Und trotzdem reichen diese beiden Dinge für eine stabile Versorgung nicht aus

    Übrigens können auch die Kosten für PV und WP auf die Mieter umgelegt werden.

    Nur leider sind Wärmepumpen weder ein Allheilmittel noch überall sinnvoll

  15. 20.

    Abzocke? Können Sie das bitte beweisen?

    Jetzt sitzen die Mieter im Kalten und haben Pech gehabt

  16. 19.

    >"Sofern die 38 Cent kein Mondpreis,"
    Zum Vergleich: Die Stadtwerke Neuruppin so 30 km weiter haben 7,5 Ct/kwh Fernwärme. Das wäre schon mal ein Unterschied zu 35 Ct/kwh. Selbst bei großzügiger Kalkulation sollte bei dem Anbieter dort in Kyritz nicht über 15 Cent gehen. Sei denn, der hat selber das Gas zu extra schlechten Konditionen eingekauft.

  17. 17.

    >"...die WBG hat ja null Interesse an solchen Modernisierungen, weil ja Heizkosten 1:1 an die Mieter weitergegeben werden..."
    Moderniesierungen kosten immer Geld und werden auf die Kaltmiete umgelegt.
    Dies ist eine kommunale Wohnungsgesellschaft! Sprich... die möchte im Interesse der Bürger / Mieter die Mieten möglichst gering halten. Und glauben Sie mir.... in Kyritz ist die Kaufkraft nicht so hoch, als dass dort Kaltmieten von 10 EUR günstig wären. Dem Intresse der Mieter entspricht übrigens auch die Reaktion der Stadt Kyritz, was die unverhältnismäßig hohen Vorauszahlungen angeht, weil die nämlich die Mieter dann zahlen müssten. Und die Mieter sind bei kommunalen Wohnnungsunternehmen keine Melkkuh wie bei Deutsche Wohnen AG und Co, sondern Bürger der jeweiligen Stadt! So schließt sich der Kreis dann wieder...

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