rbb24
  1. rbb|24
  2. Wirtschaft
Audio: Interview mit Daniel Zimmermann | Radioeins | 01.06.2022 | Quelle: imago images/R. Oberhäuser

Interview | Daniel Zimmermann vom Mieterbund

"Ich denke, die Inflation ist eigentlich nicht der Grund für die Mieterhöhungen"

Der Immobilienkonzern Vonovia will die Mieten erhöhen - wegen der hohen Inflation, heißt es. Daniel Zimmermann vom Mieterbund vermutet andere Gründe. Gleichzeitig warnt er, dass Mieter auch auf anderem Weg hohe Kosten erreichen könnten.

Deutschlands größter Immobilienkonzern, Vonovia, kündigt deutliche Mieterhöhungen an. Das sei bei der anhaltend hohen Inflation unausweichlich, heißt es. Erhöhungen könnten in Berlin viele Mieterinnen und Mieter treffen, denn Vonovia besitzt hier nach eigenen Angaben rund 42.000 Wohnungen. Das Unternehmen könnte nicht der einzige Vermieter bleiben, der mit dieser Begründung etwaige Preissteigerungen weitergeben will.

Im Interview spricht Daniel Zimmermann vom Deutschen Mieterbund darüber, warum er auch andere Gründe für die Ankündigung der Vonovia vermutet - und wie es für Mieter und Vermieter abseits dieses Falls aussieht.

Zur Person

rbb: Die Vonovia ist eine Aktiengesellschaft mit einem für 2021 ausgewiesenen Gewinn von 1,6 Milliarden Euro. Muss ein Konzern wie dieser wirklich die Inflation an seine Mieterinnen und Mieter weitergeben, um selbst nicht in Schwierigkeiten zu kommen, wie der Konzern sagt?

Daniel Zimmermann: Ich denke, die Inflation ist eigentlich nicht der Grund. Ich sehe den Grund für diesen Vorstoß darin, dass das gesamte Geschäftsmodell im Moment in der Krise ist. Hohe Inflation und hohe oder steigende Kapitalmarktzinsen machen Investition in den Wohnimmobilienbereich unattraktiver. Und jetzt will man gucken, was man Investoren anbieten kann. Dass man sagt: Wir können mitziehen mit der Inflation und machen uns attraktiver.

Es gibt auch die normalen Vermieterinnen und Vermieter, die vielleicht ein oder zwei Wohnungen haben, die sie vermieten. Könnten die durch die Inflation in Schwierigkeiten kommen?

Ja, das kann im Einzelfall natürlich sein. Das hängt davon ab, welche Kosten am Haus entstehen, wie hoch die laufenden Kosten sind und ob die nicht schon auf die Mieter umgelegt wurden. Ein größerer Teil der Betriebskosten ist umlagefähig. Wenn zum Beispiel Instandhaltungskosten teurer werden, kann das einzelne Vermieter in Bedrängnis bringen. Das ist klar.

Dürfen Vermieterinnen und Vermieter dann die Inflation auf die Miete aufrechnen? Es gelten doch weiterhin die Kappungsgrenze und die Orientierung am Mietspiegel.

Genau, die Begründung steigende Inflation reicht nicht aus für eine Mieterhöhung. Außer man hat einen sogenannten Index-Mietvertrag, der sich genau an die Inflation anlehnt. Und das ist auch genau das, was jetzt Vonovia und Co. in nächster Zeit vermehrt machen werden. Die werden Index-Mietverträge abschließen und die Inflation direkt durchreichen.

Kann man sich dagegen wehren?

In bestehenden Mietverträgen sollte man sich auf jeden Fall beraten lassen, wenn eine Mieterhöhung kommt. Wenn der Vermieter bei neuen Verträgen auf einen Index-Mietvertrag besteht, dann hängt das natürlich ganz stark davon ab, wie angespannt der Wohnungsmarkt ist. Bin ich auf die Wohnung angewiesen oder nicht? Und da wird es sicherlich viele Mietern und Mieter geben, die nicht Nein sagen können und das dann abschließen müssen.

Steigende Energiekosten kann man über die Nebenkostenabrechnung auf die Miete umlegen. Worauf müssen sich die Mieterinnen und Mieter im kommenden Jahr einstellen?

Das hängt sehr stark davon ab, was für ein Heizsystem man hat. Vonovia beispielsweise sagt, man könne damit rechnen, dass das noch mal zwei, drei Monatsmieten sind, die da zusätzlich als Nachzahlung kommen. Man geht schon davon aus, dass sich die Zahlungen in einem sehr hohen Bereich bewegen, die sicherlich für viele Mieterinnen und Mieter nicht auf einmal zu bezahlen sind. Und das ist natürlich ein Problem, das auf viele Leute zukommt.

Wir raten als Mieterbund, sich auch jetzt schon Gedanken zu machen, ob man Geld zurücklegen kann. Das ist sicherlich für viele Menschen nicht möglich. Aber wer das kann, sollte das sicherheitshalber tun. Und es gilt immer wieder: Heiz- und Betriebskostenabrechnungen sollte man prüfen lassen. Oft sind da Kosten drin, die nicht gerechtfertigt sind. Man sollte schauen, ob die Höhe so korrekt ist.

Vonovia hat angekündigt, Investitionen zurückzufahren. Das kann man auf einem angespanntem Wohnungsmarkt nicht gebrauchen, oder?

Ich denke, die Ansage aus der Wohnungswirtschaft war klar: Jetzt wird Neubau auf Eis gelegt, zumindest zum Teil. Ich finde das auch entlarvend. Lange hat man gehört: Wir sind die Lösung, wir bauen - und jetzt ändert sich mal das Umfeld, und dann ist sofort Schluss. Ich glaube, für die Zukunft braucht es vor allen Dingen gemeinnützige Akteure, die auch dann bauen, wenn der Kapitalmarkt gerade mal nicht so rosig aussieht. Das wäre dann eine Perspektive auch für dauerhaft bezahlbaren Wohnraum.

Dieses Interview führten Frauke Oppenberg und Max Spallek für Radioeins. Dieser Text ist eine gekürzte und redigierte Version des Gesprächs, das sie oben im Beitrag als Audio hören können.

Sendung: Radioeins, 01.06.2022, 15:20 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen