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Audio: rbb|24 | 29.10.1959 | O-Ton von Evîn | Quelle: E. Kasnatschejew

#musikistkeinhobby | Singer-Songwriterin Evîn

"Früher wollte ich sein wie die Deutschen"

Evîn wächst in Bochum auf, studiert dann an der Musikhochschule in Dresden und findet schließlich ihren Platz in Berlin. Ihre kurdischen Wurzeln lassen sie dennoch nie ganz los. Von Hendrik Schröder und Christoph Schrag

In der rbb|24-Reihe #musikistkeinhobby treffen Hendrik Schröder und Christoph Schrag jede Woche Musiker:innen aus der Region, die gerade auf dem Sprung nach oben sind - und ihre ganz besondere Message und Geschichte erzählen.

Ich bin Sängerin, Produzentin und Songwriterin. Seitdem ich fünf war, wollte ich Sängerin werden. Mein Soloprojekt mache ich jetzt seit zwei Jahren. Mein Vater ist Kurde aus der Türkei und meine Mutter ist Lasin aus dem Nordosten der Türkei. Das bleibt immer ein Teil von einem, ob man will oder nicht.

Meine Schwester hat früher viel Soul gehört, das hat mich beeinflusst, Bob Dylan und Beatles hat sie auch gehört und ich hab dann mit 13 schon angefangen, so kleine Songs zu schreiben. Und merke jetzt in der Rückschau: Ich habe da schon nicht über Liebe oder Herzschmerz geschrieben, sondern eher über gesellschaftliche Themen.

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Mir sind meine Wurzeln aber auch musikalisch total wichtig geworden, ich versuche das einzubinden, in die Soundästhetik oder über die Instrumente. Mein Vater hat immer viel gesungen nebenbei. Der war Elektrotechniker und konnte kein Instrument, aber er hat halt immer viel gesungen, einfach so. Das hat mich neugierig auf kurdischen Sound gemacht, wie kann das klingen? Wie kann man singen?

Die Töne zwischen den Tönen

So richtig wichtig wurden die Wurzeln für mich, als ich mit dem Produzieren angefangen habe. Als ich angefangen habe, orientalische Instrumente zu benutzen. Die haben einfach diese kleinen Töne zwischen den Tönen, damit kann man tolle Sachen machen. Und die klingen so sehnsuchtsvoll und die Percussion ist was besonderes.

Und da habe ich gemerkt, das ist ein Teil von mir und das ist mir wichtig. Mir sind auch Themen wichtig, die ich über die Musik ansprechen kann. Soziale Ungerechtigkeit, den Umgang mit Minderheiten. Über sowas singe ich. Und das kommt im Grunde auch durch meinen Vater. In meiner Kindheit und Jugend zu erleben, wie sehr meine Eltern mit dem Kopf noch in der Türkei waren, wie sie da immer noch auch aus der Diaspora gekämpft haben dafür, dass sich die Verhältnisse da ändern, das hat mich sehr geprägt,

Das beste aus zwei Kulturen

Meine Eltern sind in den 1980er Jahren geflüchtet. Und die Debatte um Rechte von Kurden und Aleviten in der Türkei hat sie nie losgelassen und immer berührt. Ich habe das früher von mir fern gehalten und wollte auch erst kein Türkisch lernen, ich wollte so sein, wie die Deutschen.

Erst später als Erwachsene habe ich gemerkt, dass das Quatsch war. Und dass das toll war, wie wir unsere Kultur mit der deutschen Kultur verbunden haben. Wir haben ja trotzdem hier gelebt und waren integriert. Ich bin auch gerne in der Türkei oder rede mit meinen Verwandten in Frankreich, das ist so bereichernd, die haben manchmal so andere Perspektiven.

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Musik als Therapie

Die Texte schreibe ich immer zuerst. Wie Gedichte. Und dann kommt erst die Musik dazu. Nicht ankommen können, nicht die Mitte finden können. Das zum Beispiel hat sich total in meiner Identität festgesetzt, weil ich das bei meinen Eltern einfach so erlebt habe. Und das sind für mich aber nie nur Gefühlsthemen, da geht es ja auch immer um mehr. Leute mit Migrationshintergrund sind fast immer irgendwie zwischen den Stühlen. Ich kann da nur schwer drüber reden, aber es fällt mir leicht darüber Texte zu schreiben und zu singen. An der Stelle merke ich dann auch: Musik ist meine Sprache und meine Therapie.

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Ich hab Jazzgesang studiert und Jazz offenbart einem, was es noch alles gibt. Ich bin dann zusammen mit einer befreundeten Musikerin viel getourt mit Songs, die wir orientalisch umarrangiert hatten. Wir sind da quasi auf Spurensuche gegangen. Das lief auch gut und war sehr erfolgreich.

Irgendwann dachte ich aber: Ich muss jetzt meine eigenen Songs schreiben und genau diesen Stil zu meinem eigenen Ding machen. Ich habe dann wahnsinnig viel ausprobiert an Instrumenten, an Sounds und so ist langsam mein eigener Stil entstanden. Als mein Vater dann im Januar dieses Jahres gestorben ist, dachte ich erst, jetzt kann ich überhaupt keine Musik mehr schreiben. Ich hatte Angst, dass ich ohne ihn den Kontakt zu dieser Welt verliere. Das war dann aber gar nicht so, dafür waren diese Einflüsse in mir schon viel zu stark.

Audio: rbb|24, 29.10.2022

Beitrag von Hendrik Schröder und Christoph Schrag

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