#musikistkeinhobby | Singersongwriterin Celina Bostic - "Ich glaube daran, dass es auch für eine Mutter Mitte 40 Platz in der Musikszene gibt"
Die Charlottenburger Sängerin Celina Bostic war Backgroundsängerin für Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg. Dann feierte sie solo Erfolge. Bis ihre erste Schwangerschaft nicht nur ihren Körper veränderte, sondern auch den Blick auf ihre Kunst. Von Hendrik Schröder und Christoph Schrag
In der neuen rbb|24-Reihe #musikistkeinhobby treffen Hendrik Schröder und Christoph Schrag jede Woche Musiker:innen aus der Region, die gerade auf dem Sprung nach oben sind - und ihre ganz besondere Message und Geschichte erzählen.
Ich singe in Bands seit Anfang der 2000er Jahre. Damals hat mich ein Bassist, mit dem ich auf der Schule war, gefragt, ob ich in seiner Band singen will. Die waren alle älter und kannten schon Leute im Musikbusiness und dann habe ich dadurch auch die ersten Jobs als Backgroundsängerin bekommen und konnte erstaunlicherweise relativ schnell sehr gut davon leben und dachte, ich mach das jetzt erst mal.
Dann hat Farin Urlaub angerufen
Ich war Sängerin bei Farin Urlaub ganz lange, bei Herbert Grönemeyer, bei Max Herre, bei Udo Lindenberg. Das war echt groß. Ich habe da Stadiontouren gespielt mit Grönemeyer und mit Lindenberg. Ich hatte da echt Glück. Das fing eigentlich so an, dass Max Herre mich mit meiner Band gesehen hat und dann gefragt, ob ich mit ihm auf Tour gehen würde.
Dann hat Farin Urlaub angerufen und mich gefragt, ob ich auch in seine Band will. Da war ich Anfang 20 und dachte…"boah, krass". Das war echt ein schönes Leben. Ständig fliegt oder fährt man irgendwohin, steht auf der Bühne und kann gut davon leben. Zwischen 20 und 30 hab ich eigentlich nichts anderes gemacht und das war total gut.
Ich wollte mehr
Aber irgendwann geht es da auch nicht weiter. Ich dachte irgendwann, ich muss mich jetzt mal auf meine eigene Musik konzentrieren und dann hab ich da einen Schlussstrich gezogen und habe mich nur noch auf meine Solokarriere konzentriert. Das war natürlich ein Risiko, aber ich hatte ein ganz gutes finanzielles Polster und konnte mein erstes Album davon produzieren.
Ich hab dann auch mein eigenes Label gegründet und solche Sachen. Und dadurch, dass ich so viele Leute kenne, konnte ich auch öfter mal bei großen Acts als Vorgruppe spielen. Ich spiele auch meistens ohne Band, nur ich mit der Gitarre und der Loopstation. Da meinten dann viele: Ja komm, für eine Person haben wir noch Platz im Tourbus. Das lief eigentlich total super. So bis 2015. Dann kam ein großer Bruch, als ich 2016 das erste Mal Mutter geworden bin.
Eine neue Ernsthaftigkeit
Da war ich irgendwann echt fertig. Im sechsten Monat schwanger, alle Auftritte noch selber buchen, danach selbst das Merchandise schleppen, auftreten. Da war ich eigentlich froh um die Pause und hab gesagt: Ich bin jetzt erst mal Mama.
Mir ging es dann leider sehr schlecht gesundheitlich nach der Geburt, ich hatte einen Beckenbodenriss und konnte erst mal überhaupt nicht mehr singen. Dann kam das zweite Kind und danach war mein Rückweg in das Musikgeschäft sehr krisenbehaftet. Ich habe als schwarze Frau natürlich Erfahrung mit Diskriminierung, aber als dann die Flüchtlingskrise war und ich gemerkt habe, wie fürchterliche manche Leute mit Geflüchteten reden oder über sie, da habe ich gedacht: Das möchte ich für meine Kinder nicht so.
Ich möchte darüber reden, ich will das auch in meiner Kunst thematisieren. Ich war aber bisher immer die gute Laune Sängerin. Und habe echt eine Sinnkrise bekommen und dachte, ich werde Sozialarbeiterin oder so. Weil ich dachte, ich kann all das, was mich gerade beschäftigt, überhaupt nicht in meiner Musik unterbringen.
Aber irgendwann habe ich dann doch wieder Texte und Songs geschrieben, zusammen mit Keno Langbein von der Band Moop Mama. Und hab gesehen: Ok, ich kann auch ernste und politische Songs schreiben. Mein Track "nie wieder leise" war dann der Startschuss, da habe ich gesehen, dass ich auch gesellschaftskritische Texte schreiben kann und nicht nur fröhliche.
Celina Bostic - Nie wieder leise auf Youtube
Der After Baby Body
In meiner neuen Single singe ich über den after Baby Body. Meine persönliche Geschichte, wie sich mein Körper nach der Geburt verändert hat und ich plötzlich in einem anderen Körper war. Ich war da überhaupt nicht drauf vorbereitet, dass der Körper so krass auf eine Geburt reagiert. Ich hab das bei mir auch erlebt, dass Leute das abtun nach dem Motto: Na, ihr wolltet ja auch ein Kind. Hauptsache dem Kind geht es gut. Ich finde das aber wichtig darüber zu reden, dass es dafür auch einen Raum gibt.
Ehrlich gesagt ist es super schwer nach zwei Schwangerschaften und Unterbrechungen als Indie-Künstlerin in der Musikwelt wieder einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Ich weiß nicht, ob da jetzt die Musikindustrie dran schuld ist oder das ein gesamtgesellschaftliches Problem ist. Aber es wird einem als Mutter schon eine Rolle zugeschrieben, die nicht unbedingt mit der einer Indie-Musikerin zusammenpasst.
Ich habe jetzt echt eine Weile von meinem Ersparten gelebt, sonst wäre das überhaupt nicht lustig gewesen. Aber ich muss jetzt unbedingt touren in diesem Jahr, sonst wird es echt schwierig. Aber ich glaube nach wie vor fest daran, dass es auch für eine Mutter Mitte 40 einen Platz in der Musikszene gibt, sonst würde ich das alles auch nicht machen.