rbb24
  1. rbb|24
  2. Kultur
Audio: rbb24 Inforadio | 21.02.2023 | Magdalena Bienert | Quelle: Picture Alliance/Daniel Scharinger)

Konzertkritik | Robbie Williams in Berlin

Mr. "Robbie fucking Williams" in Bestform

Seit 25 Jahren ist Robbie Williams als Solokünstler, ohne Boyband, unterwegs. "XXV – 25 years of Hits" ist also eine Werkschau mit der er aktuell in Europa unterwegs ist. Zwei Konzerte gönnt er sich in Berlin – Magdalena Bienert war am Montag dabei.

Wenn man glaubt das ganze Schaffen von Robbie Williams eigentlich zu kennen, wird man bereits mit der Vorgruppe überrascht! Es war kein Gerücht: Lufthaus ist ein Elektro-Duo, dessen drittes Mitglied Robbie Williams im letzten Jahr geworden ist und wummernden Beats seine Stimme leiht. Zwei Djs versuchen die ausverkaufte Halle in Stimmung zu bringen, es gelingt nur mäßig, denn Williams tritt als sein eigener Support nicht live auf, sondern kommt vom Band. Logo, er muss sich für seine große Show schonen, der Abend wird lang.

Aber um 21.10 Uhr beginnt Nebel über die Bühne zu wabern und zack, ist die ausverkaufte Halle mittendrin im Leben eines der großartigsten Entertainer. "My name ist Robbie fucking Williams", sagt ebenjener und zündet die Lunte für sein biografisches Musical "25 Years of Hits". Mit seinem neuen Album "XXV" schafft er es zum 14. Mal auf Platz eins der Albumcharts in England. Damit schubst er beinahe die Beatles mit 15 Nummer-eins-Alben vom Thron.

"Zwei auf einer Bank" an der Schaubühne

Irgendwie dumm, irgendwie verrückt

Die junge Regisseurin Amalia Starikow inszeniert zum ersten Mal an der Schaubühne – und zwar das 40 Jahre alte Beziehungsdrama "Zwei auf einer Bank" des russischen Autors Alexander Gelman. Das Ergebnis: Ein ungeheuer pessimistischer Befund. Von Barbara Behrendt

Let me entertain you!

Als zweiten Song wird die Parole des Abends ausgegeben: "Let me entertain you". Der Song von 1997 gibt die Marschrichtung vor. Williams kommt in goldener Hose und goldenem Pailletten-Muskelshirt, trägt seine grauen Haare als angepunkten Haarschnitt, die Seiten kurz, hinten länger - er sieht super aus, ist charmant, manchmal anzüglich aber vor allem: wahnsinnig witzig. Im Nachhinein übersetzt, lässt sich das schwer übertragen, aber wer sich an seine zahlreichen Couchbesuche bei "Wetten Dass…?!" erinnert, kennt seinen trockenen, britischen Humor. Und dann seine Mimik. Wenn er beispielsweise über Entertainment spricht und an die 90er zurück denkt, seine Take That Zeit, schüttelt es ihn. Das entspricht nicht seinem Geschmack von Unterhaltung. Er zeige Berlin jetzt mal, wie das heute ginge.

Und dann kommentiert der Sänger so ziemlich alles: die schlechten Plätze im Oberrang - "Ihr hattet wohl keine Lust mein Gesicht zu sehen!" - er lästert über die Fans aus Hamburg, die ihm kürzlich beim Bad in der Menge dreist in den Schritt gefasst hätten oder er blendet ein uraltes "Take That" Video ein, worin er liegend seinen nackten Hintern präsentiert: "I was 16!" ruft er gespielt empört und fügt grinsend hinzu, dass dieser Po heute natürlich nicht mehr so aussähe.

Konzertkritik | Max Raabe im Admiralspalast

Der Star sind alle

Mit "Kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich" schafften Max Raabe und sein Palastorchester den großen Durchbruch. Nun spielen sie tagelang hintereinander ausverkaufte Shows im Admiralspalast. Hendrik Schröder vom Auftaktkonzert.

Take That - Depressionen und Entzugskliniken - seit 23 Jahren trocken

Und während Robbie Williams zwischen jedem Lied plaudert, mit den Fans flirtet und Witze reißt, geraten seine sechs Tänzerinnen und die elfköpfige Band zur Nebensache. Die Bühne ist unspektakulär, die Musiker stehen auf Treppenmodulen, auf den Leinwänden laufen uninspirierte Visuals oder der Frontmann in Nahaufnahme.

Robbie Williams nimmt das Publikum im Eiltempo durch sein rasantes Leben mit. Zwar soll die Show seine 25 Jahre ohne Boyband erinnern, aber ganz ohne "Take That" geht es natürlich nicht. Nicht ohne Seitenhiebe, dass er ja nie singen durfte, und wie sie ihn schließlich während einer Tournee aus der Band geworfen hätten. Wie er ziemlich verloren, "lost" war, zu jung alles erreicht hatte. Was folgte, kennen wir: Depressionen und Entzugskliniken. Seine gute Freundin Geri Halliwell von den Spice Girls habe ihm da durch geholfen, erfahren wir, und: Der einstige Teeniestar ist seit 23 Jahren trocken, erzählt er stolz.

Kitschpop mit "Angels" an der Spitze

"Den Mann, den ihr heute seht, ist der glücklichste Mann aller Zeiten… Daddy is very, very happy", gemeinschaftliches Seufzen in der Halle. Und dann widmet er seiner Frau und seinen vier Kindern das schnulzige "Love of my life". Außer echten Dancefloor-Krachern, wie eben "Let me entertain you", oder "Rock DJ" sind in den 25 Jahren wirklich viele kitschige Songs herausgekommen mit "Angels" an der Spitze. Aber für eben diesen Kitschpop, gepaart mit dem großen Unterhaltungstalent wird Robbie Williams geliebt, sowohl von den drei Frauen neben mir, Anfang 50, in Sektlaune, als auch von den vielen Ehemännern, die mitgeschleppt und überzeugt wurden: Robbie Williams ist immer noch die charmant-freche Rampensau von vor einem Vierteljahrhundert. Nur, dass er inzwischen Teleprompter braucht, die unauffällig am Steg angebracht wurden. Naja, aber sicher nur als Back Up – ein Mr. Fucking Williams hat bestimmt nie draufgeschaut.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.02.2023, 6:55 Uhr

Beitrag von Magdalena Bienert

Artikel im mobilen Angebot lesen