rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Quelle: imago/Bernd Friedel

Datenanalyse von Berliner Messstationen

In Berlin werden ständig NO₂-Grenzwerte überschritten

Berlin bekommt das Problem mit der Luftverschmutzung offenbar nicht in den Griff. Im Jahr 2016 wurden an mehreren Messstellen die EU-Grenzwerte für das Reizgas Stickstoffdioxid überschritten. Das ergab eine rbb|24-Analyse der Daten von verschiedenen Messstellen. Von Götz Gringmuth und Dominik Wurnig

Dicht reihen sich die Autos, Busse und LKW an der Kreuzung Silbersteinstraße/Karl-Marx-Straße in Neukölln. Die Stadtautobahn A100 ist nicht weit und dementsprechend herrscht fast immer viel Verkehr. Neben der Kreuzung steht eine unscheinbare Box auf dem Bürgersteig, kaum höher als ein Mensch, freundlich mit Blumen bemalt. Es ist eine von 16 BLUME-Messboxen, die an verschiedenen Standorten in Berlin verteilt sind. Sie messen, wie sauber oder dreckig an diesen Stellen die Berliner Luft ist.

Hier, neben der Hauptverkehrsader, ist die Luft besonders dreckig: Nirgendwo sonst in Berlin gab es eine höhere Belastung mit Stickstoffdioxiden. 51,8 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter wurden im Jahresschnitt gemessen, wie eine Berechnung von rbb|24 zeigt. Die Europäische Union erlaubt eigentlich nur 40 µg/m³.

Über dem erlaubten Grenzwert lagen auch der Hardenbergplatz in Charlottenburg, die Karl-Marx-Straße (in Höhe Rathaus Neukölln), der Mariendorfer Damm, die Schildhornstraße in Steglitz und die Frankfurter Allee in Friedrichshain (siehe Karte). Damit wurden an sechs von 16 Messboxen laut den vorläufigen Daten vom Umweltbundesamt der gesundheitsgefährdende Grenzwert überschritten. Die endgültigen Daten sollen laut Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erst in einigen Wochen vorliegen.

Gesundheitsgefährdendes Reizgas

"Stickstoffdioxid ist ein ätzendes Reizgas, es schädigt das Schleimhautgewebe im gesamten Atemtrakt und reizt die Augen," warnt das Umweltbundesamt auf seiner Homepage. Anders als Feinstaubpartikel, die zum Teil schon die Nase filtert, kann das Gas bis in die Bronchien eindringen.

Besonders Menschen mit Atemwegserkrankungen wie COPD oder Asthma leiden unter der NO2-Belastung. Eine höhere Konzentration des Reizgases führt nachweislich dazu, dass in solchen Gebieten vermehrt Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten und die Lebenserwartung niedriger ist.

Akut ist die Gefahr, wenn die Belastung über 200 µg/m³ beträgt. In desem Jahr ist das in Berlin nur zu vier Zeitpunkten vorgekommen. Der höchste Wert wurde am 7. September 2016 um 18 Uhr am Hardenbergplatz mit 268 µg/m³ gemessen.

Dieselmotoren müssen verschwinden

Eine hohe Stickstoffdioxidbelastung tritt in der Regel in der Nähe dicht befahrener Straßen auf. Denn die Emissionsquelle Nummer eins für Stickstoffverbindungen wie NO2 sind die Dieselmotoren. Benziner stoßen dank des Katalysators weit weniger von diesem Gas aus. Besonders hoch ist die Belastung außerdem in engen Straßenschluchten, wo Luft wenig zirkuliert.

Als Einzelner kann man kaum etwas unternehmen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Selbst Atemschutzmasken und Filter können die Stickstoffdioxidbelastung für den Menschen nicht reduzieren. Gesenkt werden kann die NO2-Belastung nur, wenn Dieselmotoren sauberer werden oder ganz von den Straßen verschwinden.

Sollte die Karte nicht dargestellt werden, klicken Sie bitte hier!

Stickstoffdioxid (NO2) tritt örtlich in der Nähe von Verkehrsadern auf. Deshalb ist die Belastung in der Stadt ungleich verteilt. Die detailierte Karte zeigt die Entwicklung der mittleren Tagesbelastung an den verschiedenen Messboxen über das Jahr.

Beitrag von Götz Gringmuth und Dominik Wurnig

Artikel im mobilen Angebot lesen