rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Audio: rbb24 Inforadio | 18.05.2022 | Thomas Rautenberg | Quelle: dpa/Fleig

Späte Schwangerschaften

Mutterwerden medizinisch möglich, aber psychisch problematisch

Die einen bekommen Kinder, obwohl sie noch keine haben wollen. Die anderen bemühen sich um Nachwuchs, aber es will nicht klappen. Frauen bekommen in Deutschland laut Statistik ihr erstes Kind immer später. Häufig geht es nicht ohne medizinische Hilfe. Von Thomas Rautenberg

Christina Fee Moebus ist 37 Jahre jung. Eigentlich kein Grund, sich über das Alter Gedanken zu machen - es sei denn, wenn der Kinderwunsch immer noch unerfüllt geblieben ist. Das wird schon, hat sie sich gesagt - damals, vor einigen Jahren. In ihren Zwanzigern wollte sie studieren, die Welt sehen, erzählt sie, sie wollte reisen, Praktika machen, auch erste Arbeitserfahrungen sammeln. Familie und Elternschaft sei kein großes Thema gewesen, erinnert sich Christina.

Doch dann gründeten die Freunde Familien und begannen damit einen neuen Lebensabschnitt. Auch für Christina wurde die Familienplanung ein ernsthaftes Thema. Aber genau zu dieser Zeit ging ihre feste Partnerschaft in die Brüche.

Eizellen "auf Eis legen"

Christina Fee Moebus ist eine rbb-Kollegin. Sie spricht offen über diese Zeit, die für sie völlig neue Fragen aufwarf. Ihre innere Zerrissenheit über das Mutterwerden, ihre Neugier, was man nun tun kann, hat sie auch in ihrem Podcast "Shop your baby" (ARD-Sender Bremen Vier) beschrieben. Am Ende stand ihre Entscheidung, eigene Eizellen für spätere, um nicht zu sagen für passendere Zeiten einzufrieren. Den ganzen Druck, den sie persönlich spürte, konnte sie so beiseiteschieben, sagt Christina. "Indem ich Eizellen 'auf Eis lege', kann ich auch dieses Thema zumindest gedanklich auf Eis legen."

#Wiegehtesuns? | Das erste Kind mit 38

"Ich finde es gut, dass ich spät Mutter geworden bin"

Brit Salmon hat lange nicht das Gefühl, dass sie ein Kind haben will. Mit Mitte 30 dann kommt der Kinderwunsch, mit 38 der erste Sohn und jetzt mit 42 soll der zweite auf die Welt kommen. Ein Gesprächsprotokoll

Altersdurchschnitt bei Erstgeburten steigt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben die Frauen im Jahre 2010 ihr erstes Kind durchschnittlich mit 29 Jahren bekommen. Heute, zwölf Jahre später, ist der Durchschnittswert auf 30,2 Jahre angestiegen. Vor allem Akademikerinnen, die lange studieren und sich danach erst im neuen Job behaupten müssen, schieben ihren Kinderwunsch immer wieder auf.

Mit Ende Dreißig kommen viele von ihnen dann in die Praxen der Reproduktionsmedizin, weil es auf natürlichem Wege mit dem Kinderkriegen nicht mehr funktioniert, bestätigt Professor Heribert Kentenich vom Fertility Center Berlin. Im Grunde seien 35 oder 37 Jahre für eine Frau kein Alter, sagt der Mediziner. Aber man müsse berücksichtigen, dass deren Fruchtbarkeit im Alter zwischen 25 und 27 Jahren optimal sei. "Mit dem 30. Lebensjahr nimmt die Fruchtbarkeit allerdings langsam ab und mit Ende Dreißig geht sie sogar deutlich herunter. Das muss man anerkennen und daraus ergibt sich, dass die Möglichkeiten einer Schwangerschaft, ob auf natürlichem Weg oder durch künstliche Befruchtung, limitiert ist."

Medizin hat ihre Grenzen

Nur 23 Prozent der Frauen, die eine Kinderwunschbehandlung beginnen, werden tatsächlich im ersten Versuch auch schwanger. Im Alter von über 40 Jahren sinkt diese Erfolgsquote auf nur noch fünf Prozent ab. Und selbst schwanger werden heißt noch lange nicht, dass man auch ein Kind bekommt. Mit jedem Lebensjahr steigen auch die Risiken über den gesamten Zeitraum der Schwangerschaft, sagt Professor Kentenich.

"Das macht auch jede Beratung so schwierig. Schließlich greift man in die Lebenssituation einer Frau, in deren partnerschaftliches oder nicht partnerschaftliches Umfeld ein", betont der Mediziner. "Was medizinisch kein Problem ist, kann für die Betroffenen am Ende aber sehr problematisch sein." Nur 30 Prozent aller künstlichen Befruchtungen sind am Ende auch erfolgreich. Moderne Medizin könne viel, aber nicht die Natur überlisten.

Frage der Kosten

Zumal die medizinische Assistenz bei einer künstlich erzeugten Schwangerschaft ihren Preis hat: Über 3.000 Euro kostet die Behandlung in einer Wunschkind-Praxis - pro Versuch. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt nur bei verheirateten Paaren - beide Ehepartner müssen mindestens 25 Jahre alt sein, die Frau darf höchstens 40 Jahre und der Mann höchstens 50 Jahre alt sein - die Hälfte der Kosten für maximal drei Behandlungen. Alles, was darüber hinausgeht, müssten die betroffenen Paaren komplett aus eigener Tasche zahlen.

Kein Königsweg

Auch Christina Fee Moebus hat sich nicht leichtgetan. Aber jetzt steht sie zu ihrer Entscheidung für Social Freezing, also das Einfrieren von Eizellen. Das musste sie selber zahlen - über die Höhe der Kosten wollte sie keine Angaben machen.

"Ich sage mal, die einen haben eine Zahnversicherung und ich habe jetzt eine Eizellen-Versicherung. Und warum schließen Menschen eine Versicherung ab? Sie wollen das Gefühl haben, dass sie ihr eigenes Leben mitbestimmen können." Ob zu diesem Leben künftig auch ein Kind gehören wird - das lässt Christina ganz bewusst offen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.05.2022, 12:10 Uhr

Beitrag von Thomas Rautenberg

Artikel im mobilen Angebot lesen