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Video: rbb24 Abendschau | 28.07.2022 | Rainer Unruh | Quelle: dpa/Christian Behring

Brandgefahr und Bauvisionen

Warum ein Brand im Berliner Wald gleich doppelten Schaden anrichten würde

Sie sollen die Berliner Wohnungen der Zukunft bauen - und gleichzeitig den Flammen trotzen: Auch in Berlins Wäldern drohen Brände, auch wenn die Situation innerhalb der Landesgrenzen besser ist als jenseits davon. Und das Holz wird noch gebraucht. Von S. Schöbel

Plötzlich tauchte er am Waldboden auf: der schwarze Fleck. Am Fuße eines Baumes in einem Köpenicker Waldstück ist alles verkohlt, die verbrannten Reste einiger Äste liegen verstreut herum. Kein Vergleich zur Brandzerstörung im benachbarten Brandenburg – doch vielleicht hat man hier auch einfach nur Glück gehabt. Die beiden Berliner Förster Fabian Kantner und Peter Harbauer schauen sich um. "Kein offenes Feuer, Zufahrtswege nicht zuparken, und nicht mit heißem Katalysator oder Auspuff in den Wald fahren", betet Harbauer die Brandschutzregeln runter. Dass sie offenbar nicht jeder beachtet, liegt als verkohlter Fleck zu seinen Füßen.

Neuer Waldbrand-Sensor in Köpenick

Sieben kleinere Brände hat es in diesem Jahr in Berliner Wäldern bereits gegeben, teilt die Umweltverwaltung auf rbb-Nachfrage mit – so viel wie der Jahresdurchschnitt in den vergangenen 20 Jahren. Die meisten waren recht klein und konnten schnell gelöscht werden, verbrannt ist weniger als die Fläche eines Fußballfeldes. Damit ist die Lage in Berlin deutlich entspannter als in Brandenburg, wo die Feuer lodern. Allein im Landkreis Elbe-Elster brannte es zuletzt auf rund 600 Hektar Fläche.

Der Wald im Land Berlin ist sicherer, sagt Peter Harbauer. "Wir haben in Berlin andere Voraussetzungen: keine reinen Fichtenbestände. Und Kiefern-Monokulturwälder, sondern auch viel Laub dabei." Außerdem seien hier mehr Menschen unterwegs, die Brände entdecken und melden können. "Und die Feuerwehr ist näher dran." Insgesamt 44 Waldbrände hat die Feuerwehr in den vergangen zehn Jahren in Berlin gezählt. Man fühle sich gut aufgestellt und habe eine eigene Brandschutzbereitschaft mit 1.500 Freiwilligen, heißt es. Zudem profitiert man von den Erfahrungen der Brandenburger Nachbarn. Seit 1. März gibt es im Bereich der Müggelberge den ersten optischen Sensor zur Waldbrandfrüherkennung auf Berliner Landesgebiet, so die Umweltverwaltung. Der weiße Kamerakasten mit mehreren Objektiven wurde auf einem Turm installiert. "Der scannt das Gelände und kann Rauch entdecken", erklärt Förster Fabian Kantner. Mit Hilfe des neuen Berliner Sensors werden auch Bereiche des Forstamtes Köpenick erfasst. Demnächst soll ein weiterer Sensor im Grunewald installiert werden.

Kiefernholz: Kein Brand- sondern Baumaterial

Das Brandenburger Verbundsystem von optischen Sensoren, welche Rauchentwicklungen frühzeitig und mit hoher räumlicher Auflösung lokalisieren, erfassen zudem auch Teile von Berlin, heißt es auf Nachfrage des rbb von der Umweltverwaltung - bei guter Sicht, wohlgemerkt.

Um die Wälder in Berliner Landesbesitz, die sich in Brandenburg befinden, macht sich die Umweltverwaltung trotz der teils angespannten Lage bislang keine Sorgen. Es habe keine nennenswerten Brandereignisse dort gegeben, so die Umweltverwaltung. Auf die leichte Schulter kann Berlin den Brandschutz seiner Wälder jenseits der Landesgrenze dennoch nicht nehmen: Denn die sollen einen wichtigen Teil zu den Klimazielen beitragen, und zwar nicht nur als CO2-Fresser und Sauerstoffspender. Bauholz aus Kiefer und Fichte sollen das Bauen in Berlin in Zukunft nachhaltiger und klimafreundlicher machen. Das geplante Schumacher Quartier in Tegel soll dabei als eine Art Leuchtturmprojekt herhalten: Auf dem ehemaligen Flughafen sollen nicht nur rund 5.000 Wohnungen in Holzbauweise entstehen, sondern auch gleich das Bauen mit Holz insgesamt erforscht und revolutioniert werden.

Quelle: dpa/Lukas Schulze

Rund 20.000 Kubikmeter Holz können die Berliner Forsten im Jahr liefern, aus "ökozertifizierten und naturnah bewirtschafteten" Berliner Wäldern, so die Umweltverwaltung. Jedes Jahr wachsen rund 130.000 Kubikmeter Holz - rund 55.000 Kubikmeter davon aus Kieferbeständen. Vor allem die sollen aus den Wäldern entfernt und durch Laubbäume ersetzt werden. Rund 250 Hektar werden im Rahmen des Mischwaldprogramms jährlich bearbeitet, teilt die Umweltverwaltung auf rbb-Nachfrage mit. Die Idee: Kiefern weichen Laubbäumen und landen auf Berliner Baustellen statt im Ofen oder im Export. Eine Win-Win-Situation.

Netzwerk aus Löschwasserbrunnen

Nur abbrennen darf dann eben nichts: Jeder Baum, selbst die als Bauholz auserwählte Kiefer, muss vor den Flammen geschützt werden. Allein in Berlin betreiben die Forstbetriebe dafür mehr als 40 Löschwasserbrunnen. "Weitere zehn Löschwasserbrunnen werden nach Abstimmung mit der Berliner Feuerwehr neu gebaut", so die Umweltverwaltung.

Einen dieser Brunnen – ein unscheinbares, gebogenes Metallrohr am Waldboden - stupst Förster Peter Harbauer sanft mit dem Fuß an. Ein Rettungssystem, das man im besten Fall nie brauchen wird - wenn sich alle an die bekannten Regeln halten. "Jeder einzelne kann dazu beitragen, die Berliner Wälder zu schützen", so der Förster.

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.07.2022, 19:30 Uhr

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