Brandgefahr und Bauvisionen - Warum ein Brand im Berliner Wald gleich doppelten Schaden anrichten würde

Fr 29.07.22 | 08:53 Uhr
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Blick auf dem Fernsehturm in Berlin Friedrichshain am 14.05.2020. (Quelle: dpa/Christian Behring)
Video: rbb24 Abendschau | 28.07.2022 | Rainer Unruh | Bild: dpa/Christian Behring

Sie sollen die Berliner Wohnungen der Zukunft bauen - und gleichzeitig den Flammen trotzen: Auch in Berlins Wäldern drohen Brände, auch wenn die Situation innerhalb der Landesgrenzen besser ist als jenseits davon. Und das Holz wird noch gebraucht. Von S. Schöbel

Plötzlich tauchte er am Waldboden auf: der schwarze Fleck. Am Fuße eines Baumes in einem Köpenicker Waldstück ist alles verkohlt, die verbrannten Reste einiger Äste liegen verstreut herum. Kein Vergleich zur Brandzerstörung im benachbarten Brandenburg – doch vielleicht hat man hier auch einfach nur Glück gehabt. Die beiden Berliner Förster Fabian Kantner und Peter Harbauer schauen sich um. "Kein offenes Feuer, Zufahrtswege nicht zuparken, und nicht mit heißem Katalysator oder Auspuff in den Wald fahren", betet Harbauer die Brandschutzregeln runter. Dass sie offenbar nicht jeder beachtet, liegt als verkohlter Fleck zu seinen Füßen.

Neuer Waldbrand-Sensor in Köpenick

Sieben kleinere Brände hat es in diesem Jahr in Berliner Wäldern bereits gegeben, teilt die Umweltverwaltung auf rbb-Nachfrage mit – so viel wie der Jahresdurchschnitt in den vergangenen 20 Jahren. Die meisten waren recht klein und konnten schnell gelöscht werden, verbrannt ist weniger als die Fläche eines Fußballfeldes. Damit ist die Lage in Berlin deutlich entspannter als in Brandenburg, wo die Feuer lodern. Allein im Landkreis Elbe-Elster brannte es zuletzt auf rund 600 Hektar Fläche.

Der Wald im Land Berlin ist sicherer, sagt Peter Harbauer. "Wir haben in Berlin andere Voraussetzungen: keine reinen Fichtenbestände. Und Kiefern-Monokulturwälder, sondern auch viel Laub dabei." Außerdem seien hier mehr Menschen unterwegs, die Brände entdecken und melden können. "Und die Feuerwehr ist näher dran." Insgesamt 44 Waldbrände hat die Feuerwehr in den vergangen zehn Jahren in Berlin gezählt. Man fühle sich gut aufgestellt und habe eine eigene Brandschutzbereitschaft mit 1.500 Freiwilligen, heißt es. Zudem profitiert man von den Erfahrungen der Brandenburger Nachbarn. Seit 1. März gibt es im Bereich der Müggelberge den ersten optischen Sensor zur Waldbrandfrüherkennung auf Berliner Landesgebiet, so die Umweltverwaltung. Der weiße Kamerakasten mit mehreren Objektiven wurde auf einem Turm installiert. "Der scannt das Gelände und kann Rauch entdecken", erklärt Förster Fabian Kantner. Mit Hilfe des neuen Berliner Sensors werden auch Bereiche des Forstamtes Köpenick erfasst. Demnächst soll ein weiterer Sensor im Grunewald installiert werden.

Kiefernholz: Kein Brand- sondern Baumaterial

Das Brandenburger Verbundsystem von optischen Sensoren, welche Rauchentwicklungen frühzeitig und mit hoher räumlicher Auflösung lokalisieren, erfassen zudem auch Teile von Berlin, heißt es auf Nachfrage des rbb von der Umweltverwaltung - bei guter Sicht, wohlgemerkt.

Um die Wälder in Berliner Landesbesitz, die sich in Brandenburg befinden, macht sich die Umweltverwaltung trotz der teils angespannten Lage bislang keine Sorgen. Es habe keine nennenswerten Brandereignisse dort gegeben, so die Umweltverwaltung. Auf die leichte Schulter kann Berlin den Brandschutz seiner Wälder jenseits der Landesgrenze dennoch nicht nehmen: Denn die sollen einen wichtigen Teil zu den Klimazielen beitragen, und zwar nicht nur als CO2-Fresser und Sauerstoffspender. Bauholz aus Kiefer und Fichte sollen das Bauen in Berlin in Zukunft nachhaltiger und klimafreundlicher machen. Das geplante Schumacher Quartier in Tegel soll dabei als eine Art Leuchtturmprojekt herhalten: Auf dem ehemaligen Flughafen sollen nicht nur rund 5.000 Wohnungen in Holzbauweise entstehen, sondern auch gleich das Bauen mit Holz insgesamt erforscht und revolutioniert werden.

Archivbild: Zwei junge Frauen sitzen am 19.08.2015 auf dem Drachenberg in Berlin und genießen die Aussicht auf den Forst Grunewald. (Quelle: dpa/Lukas Schulze)

Rund 20.000 Kubikmeter Holz können die Berliner Forsten im Jahr liefern, aus "ökozertifizierten und naturnah bewirtschafteten" Berliner Wäldern, so die Umweltverwaltung. Jedes Jahr wachsen rund 130.000 Kubikmeter Holz - rund 55.000 Kubikmeter davon aus Kieferbeständen. Vor allem die sollen aus den Wäldern entfernt und durch Laubbäume ersetzt werden. Rund 250 Hektar werden im Rahmen des Mischwaldprogramms jährlich bearbeitet, teilt die Umweltverwaltung auf rbb-Nachfrage mit. Die Idee: Kiefern weichen Laubbäumen und landen auf Berliner Baustellen statt im Ofen oder im Export. Eine Win-Win-Situation.

Netzwerk aus Löschwasserbrunnen

Nur abbrennen darf dann eben nichts: Jeder Baum, selbst die als Bauholz auserwählte Kiefer, muss vor den Flammen geschützt werden. Allein in Berlin betreiben die Forstbetriebe dafür mehr als 40 Löschwasserbrunnen. "Weitere zehn Löschwasserbrunnen werden nach Abstimmung mit der Berliner Feuerwehr neu gebaut", so die Umweltverwaltung.

Einen dieser Brunnen – ein unscheinbares, gebogenes Metallrohr am Waldboden - stupst Förster Peter Harbauer sanft mit dem Fuß an. Ein Rettungssystem, das man im besten Fall nie brauchen wird - wenn sich alle an die bekannten Regeln halten. "Jeder einzelne kann dazu beitragen, die Berliner Wälder zu schützen", so der Förster.

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.07.2022, 19:30 Uhr

18 Kommentare

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  1. 18.

    Möller hat mit dem Dauerwaldvertrag nix zu tun wie auch andere vorher seine Vorschläge angewendet hatten. Im grossen Stil konnte Möller sich aber nicht durchsetzen. Auch in Berlin ist der kein Thema unter den Förster gewesen.
    https://forst-grunewald.de/?page_id=164

  2. 17.

    Zumindest auf der Seite der Berliner habe ich nichts gegenteiligen gefunden. So viel Wald liegt allerdings nicht Brandenburg.
    https://fbinter.stadt-berlin.de/fb/index.jsp?loginkey=showMap&mapId=wmsk_05_04forst2014@senstadt

  3. 16.

    Der Dauerwaldvertrag für Groß-Berlin darf bitte nicht mit forstwirtschaftlichen Begriff Dauerwald als Gegenteil von Altersklassenwald verwechselt werden.
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dauerwald

    Auch in Berlin gibt es noch solche Monokulturen, weil wie geschrieben irgendwas zu oft dazwischen kam, und sei es der fehlende Zugriff auf die Wälder in Brandenburg durch diejenigen, die sich auch während der deutschen Teilung dem Dauerwaldvertrag verpflichtet gefühlt haben und sich eben nicht auf möglichst hohen Ertrag konzentrierten.

  4. 15.

    Wie Berlin zu all seinen Wäldern kam
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/40-000-fussballfelder-forst-wie-berlin-zu-all-seinen-waeldern-kam/25773918.html
    Wer weiss, wie die Stadt ohne die Idee des Herrn Möller heute aussehen würde. Vorstellen möchte ich mir das nicht.

  5. 14.

    Das mag stimmen für den tragenden Teil von Gebäuden. Bei Dachstuhl und Dachlatte, die möglichst wenig wiegen sollten und leicht bearbeitbar sind, sieht es sicher anders aus.
    Früher hat man das Holz genommen was natürlicherweise da war. Als das weg war, wurde begonnen die Nadelwälder anzulegen um möglichst schnell Nachschub zu bekommen.
    Wie erwähnt unsere Vorfahren haben sich etwas dabei gedacht und wenn es nur der Wunsch nach preiswertem Holz für verschiedene Anwendungen war, wovon wir heute auch profitieren.
    Ich möchte nur das momentane „Verteufeln“ der hiesigen Nadelbäume anmahnen. Mit den Entscheidungen von heute müssen die Generationen leben, die heute noch gar nicht geboren sind. Die Enkel meiner noch lange nicht geborenen Enkel.
    Die Mischung soll ja wohl das Rezept der Zukunft sein.

  6. 13.

    Der Dauerwaldgedanke wurde vor ca.130 Jahren in Eberswalde geboren(Alfred Möller) da war in Berlin noch nichts davon bekannt. Also ist das keine Berliner Errungenschaft. Das Holz was in Berlin geerntet wird, wird als naturnah angegeben. Mög sein, die letzten 20 oder 30 Jahre. Was war die Zeit davor. Ein Baum braucht bis zur Hiebsreife ca 100 Jahre, damit ist Nadelholz gemeint. Laubholz braucht noch länger. Berlin hat auch etliche Wälder in Brandenburg, sind Kiefernmonokulturen.

  7. 12.

    Zwei Dinge:
    Alte Bauwerke wurden immer mit stabilen, also hartem Holz, gebaut und stehen noch heute.
    Können etwa heutige Zimmerleute mit ihren modernen Geräten das wirklich nicht leisten?
    Russland kann gern das Billigholz neben vielen anderen Ländern liefern. Keine Angst, es gibt genug Alternativen.

  8. 11.

    Wieso muss denn über den Berliner Wald so grossspurig geschrieben werden, daß dieser sicherer ist als der Brandenburger. Das ruft doch die Feuerteufel erst wieder auf den Plan!

  9. 10.

    Also ich verstehe Horst so, dass eben zeitweise vorrangig kranke und schwache Bäume entnommen werden sollten, um die gesunden für den gesunden Mischwald zu erhalten.
    10 Jahre und ausschließlich kranke Bäume dürfte aber so einige Besitzer wirtschaftlich ruinieren.
    Ohne Kiefern oder Fichten wird der Wald per Definition aber auch kein Mischwald.
    Deshalb macht man das häufig auch so, dass im Schutz der gesunden Kiefern der neue Wald heranwächst. Zumindest in BB wo man das gut beobachten kann.
    Die Plantagen von denen immer wieder geredet wird, stammen aus Zeiten in denen man wider besseren Wissens nur auf schnellen monetären Ertrag geachtet hat. Wie bei so vielen Dingen, die der Mensch so macht.
    Da muss man BB auch verstehen. Viel mehr als Kohle, Sand und Fläche für Wald- und Landwirtschaft hat die Natur uns nicht gegeben um auch die Bedürfnisse der großen Städte zu bedienen.

  10. 9.

    Also ich verstehe Horst so, dass eben zeitweise vorrangig kranke und schwache Bäume entnommen werden sollten, um die gesunden für den gesunden Mischwald zu erhalten.
    10 Jahre und ausschließlich kranke Bäume dürfte aber so einige Besitzer wirtschaftlich ruinieren.
    Ohne Kiefern oder Fichten wird der Wald per Definition aber auch kein Mischwald.
    Deshalb macht man das häufig auch so, dass im Schutz der gesunden Kiefern der neue Wald heranwächst. Zumindest in BB wo man das gut beobachten kann.
    Die Plantagen von denen immer wieder geredet wird, stammen aus Zeiten in denen man wider besseren Wissens nur auf schnellen monetären Ertrag geachtet hat. Wie bei so vielen Dingen, die der Mensch so macht.
    Da muss man BB auch verstehen. Viel mehr als Kohle, Sand und Fläche für Wald- und Landwirtschaft hat die Natur uns nicht gegeben um auch die Bedürfnisse der großen Städte zu bedienen.

  11. 8.

    Da kann man nur hoffen, dass einige nicht wahllos mitmachen sondern eben auch wirtschaftliche Aspekte im Blick haben. Ansonsten verlieren wir ganz schnell die nächste „Unabhängigkeit“ an irgendwelche Länder, sofern wir noch unabhängig sind.
    Russland z.b. hat ja wohl noch reichlich Holz, sicher gern auch für den deutschen Markt gegen entsprechende Bedingungen.
    Irgendwer hat sich was bei den Kiefern und Fichten gedacht.
    Dachstuhl aus Eiche oder Buche dürfte jeden Zimmermann ärgern.
    Auch die einheimischen Laminathersteller stehen nicht auf kurzfasrigres Holz.
    Papier dürfte es ähnlich aussehen.
    Also einfaches verteufeln der billigen Nadelbäume bringt es auch nicht.

  12. 7.

    Gilt das auch für den Wald der Berlin gehört, aber in Brandenburg liegt? Oder ist Berlin dort auch nur einer von vielen?
    Wie hoch ist denn der Anteil Privatwald in Berlin?
    Das ist ja wohl eine der großen Hürden in BB. Die vielen Privateigentümer zu überzeugen das sie ihr Wirtschaftsmodell, zügiger als sie vielleicht wollen, umstellen sollen. Ob die bestehenden Fördertöpfe dahingehend effektiv funktionieren weiß ich nicht.

  13. 6.

    Hallo Horst,
    Frage: Wie soll dann der Waldumbau vorang gehen und neue Bäume gepflanzt werden? Es wird immer Holz gebraucht und was haben die Feuer in den Monokulturen in Brandenburg mit den Berliner Mischwäldern zu tun?

  14. 5.

    "Eine Win-Win-Situation."
    Und wenn die letzte Kiefer abgeholzt ist, wird man merken, das die Nachpflanzung aus Laubbäumen nicht soweit ist, als Nutzholz für den Bau zu dienen.

  15. 4.

    Ohne Ernten von reifen Baumplantagen ist weder Platz noch Geld für einen Umbau zu einem gesunden Mischwald da.

  16. 3.

    Die Entnahme der Kiefern gehört zum Konzept des Waldumbaus. Wenn die wie gerade wieder mal abbrennen, hat man nichts gewonnen, im Gegenteil. Berlin hat glücklicherweise schon vor rd. 100 Jahren mit dem Waldumbau begonnen, da man die ökologischen Probleme der Monokulturen erkannt hatte. Es kam jedoch immer irgendetwas dazwischen, so dass der nicht in dem Umfang vorangetrieben werden konnte wie sich das die Forstfachleute gewünscht haben. Die Situation vereinfacht aber im Gegensatz zu vielen anderen Forsten der Dauerwaldvertrag, da deshalb anders als sonst meist üblich die kommerzielle Nutzung nicht die oberste Priorität hat.

  17. 2.

    Einmal im Sommer an den Flughafensee fahren und es wird festgestellt, dass Appelle nichts nutzen. Dem Pubplikum ist der eigenen Grill dichter als Verantwortung

  18. 1.

    Angesichts der schweren Feuer im Berliner Umland sollte für die kommende Dekade ein Abholzungsstopp für gesunde Bäume verhängt werden. Eine wichtige Maßnahme um den Klimawandel nicht noch zu beschleunigen.

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