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Audio: rbb24 Inforadio | 19.10.2022 | Karsten Zummack | Quelle: dpa/F.Sommer

Schwarzbuch 2022/2023

Bund der Steuerzahler fordert Aus für Berliner Flussbad-Projekt

Der Bund der Steuerzahler hat sein jährliches Schwarzbuch veröffentlicht. Wieder werden zahlreiche öffentliche Investitionen als "Verschwendung" angeprangert - auch in Berlin und Brandenburg.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat gefordert, alle Planungen für ein Flussbad im Spreekanal in Berlin-Mitte zu stoppen. "Für das sich hier ankündigende Millionengrab muss sofort die Reißleine gezogen werden", heißt es im sogenannten Schwarzbuch, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. Jährlich werden öffentliche Investitionen in Deutschland aufgelistet, bei denen nach Einschätzung des BdSt Geld verschwendet wurde.

PR-Auftrag in die eigene Tasche

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Das Flussbad-Projekt im Spreekanal in der Mitte Berlins ist umstritten. Zu kompliziert, technisch und rechtlich nicht machbar, zu teuer - so lauten die Einwände. Jetzt kommt auch noch eine Finanzaffäre hinzu. Von Torsten Mandalka

BdSt: Geld besser in Berliner Bäder investieren

Mit den geplanten 77 Millionen Euro für das Flussbad könne alternativ rund die Hälfte des Sanierungsrückstaus bei den Berliner Bädern beseitigt werden, so der Verband. Dies käme dem Schul- und Vereinsschwimmen zugute.

Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, sagte dem rbb, er hoffe, dass man den zuständigen Senator beim Wort nehmen könne und er das Vorhaben verwerfe.

Weitere Berliner Fälle im Schwarzbuch

Kraus kritisierte zudem das kostenlose WLAN-Angebot an verschiedenen Orten in Berlin. Das sei nicht mehr zeitgemäß; mittlerweile gebe es überall Handy-Empfang in der Stadt. "Aus einer im Jahr 2014 geplanten Anschubfinanzierung von 170.000 Euro für einen freien Wlan-Zugang in Berlin wurden mittlerweile Kosten von 3,2 Millionen Euro", heißt es im Schwarzbuch.

Umstrittene Förderung

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Verschwendung drohe auch beim geplanten Um- beziehungsweise Rückbau eines Gehwegs in Pankow, so Kraus. Demnach wurde der Gehweg erst für etwa 50.000 Euro "frisch saniert". Dieser soll gegen das Berliner Mobilitätsgesetz verstoßen.

Potsdamer Garnisonkirche im Schwarzbuch

Auch die Finanzierung für den Bau der Potsdamer Garnisonkirche wurde im Schwarzbuch kritisiert. Demnach habe der Bund die Bewilligung der Fördermittel nicht hinreichend geprüft, ob die Stiftung die nötigen Mittel aufbringen kann. Zudem sei fraglich, warum nicht eine günstigere Bauweise gewählt wurde. Beides führt laut BdSt letztlich zu höheren Ausgaben aus Steuermitteln.

Der neue Potsdamer Garnisonkirchturm wird seit 2017 gebaut. Weit mehr als 20 Millionen Euro der deutlich über 40 Millionen Euro liegenden Baukosten werden vom Bund finanziert.

Kritik an Schwarzbuch und BdSt

Der Bund der Steuerzahler ist ein Lobbyverband, der sich für die Senkung von Steuern sowie die Verringerung von Staatsverschuldung einsetzt. In den vergangenen Jahren mehrte sich die Kritik am Schwarzbuch des BdSt. So verwies der Bundesrechnungshof darauf, dass sich die Vorwürfe des Steuerzahlerbundes nicht immer durch Fakten erhärten ließen. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass der Verein eher wirtschaftsliberale Interessen als die Anliegen aller Steuerzahler vertrete.

Dabei wird eine Studie des Berliner Politikwissenschaftlers Rudolf Speth aus dem Jahr 2008 [lobbycontrol.de] angeführt. In der für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung angefertigten Studie stellt Speth fest, der Bund der Steuerzahler nehme zwar für sich in Anspruch, für alle Steuerzahler zu sprechen. Seine Mitgliederschaft bestehe aber überwiegend aus Kleingewerbetreibenden und Freiberuflern. Diesen Gruppen gelte das Hauptaugenmerk seiner politischen Forderungen. Die Studie hatte ergeben, dass etwa 60 Prozent der BdSt-Mitglieder Unternehmer und Unternehmen sind, weitere 15 Prozent Freiberufler. Diese Mitgliederstruktur schlage sich nach Speth auch in den politischen Forderungen des Steuerzahlerbundes nieder: Ein schlanker Staat und niedrige Steuersätze gelten als Allheilmittel.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.10.2022, 19:30 Uhr

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